Atomfragen als Staatsgeheimnis

Frankreich hat mit einem Erlass Informationen über die Atomkraft unter das Militärgeheimnis gestellt

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Bis zu fünf Jahren Haft drohen nun denen, die Informationen über Atomanlagen oder Atomtransporte veröffentlichen. Damit soll angeblich einer terroristischen Gefahr vorgebeugt werden.

Vorläufiger Höhepunkt des Widerstands. Am 20. Oktober des vergangenen Jahres demonstrierten mehr als 10.000 Menschen gegen die französische Atompolitik

Der Beschluss wurde von der Regierung am Parlament vorbei schon am 24. Juli gefasst und zunächst unbemerkt am 8. August in der Sommerpause veröffentlicht. Erst am 3. September berichtete die Zeitung Le Monde darüber, dass nun die Informationen über Atomanlagen und Atomtransporte unter das "nationale Verteidigungsgeheimnis" fallen, um "terroristischen Gefahren" zu begegnen. Verstöße würden nach dem Strafgesetz mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft.

Für das französische Netzwerk für den Atomausstieg, in dem mehr als 650 Gruppen vereinigt sind, ist das ein Frontalangriff: "80 Prozent unserer Arbeit können wir nicht mehr machen", erklärte ihr Sprecher Jean-Yvon Landrac gegenüber Telepolis. Selbst über die Frage, wie viel Brennstoff ein AKW verbraucht, dürfe nun nicht mehr gesprochen werden. "Wenn die Atomkraft so gefährlich ist, muss man doch die Ursache beseitigen." Statt zu verbieten, über Schwachstellen der Anlagen oder Transportrouten zu sprechen, sollten die Anlagen und die Transporte abgeschafft werden, meint Landrac.

Offenbar geht es der Regierung in Paris darum, dem wachsenden Widerstand gegen die Atomkraft zu begegnen, um die neue Reaktorlinie möglichst widerstandslos durchsetzen zu können. Das Atomstromland will mit dem European Pressurized Reactor (EPR) die alten Reaktoren ersetzen. Der Terrorismus dient dabei als Vorwand. Der Erlass sei, so Landrac, ein Beispiel dafür, wie der 11.9. gegen die Demokratie eingesetzt wird.