Mehrheit der Europäer sieht in Israel angeblich die größte Bedrohung für den Weltfrieden

Eurobarometer hatte nur einen Teil der Ergebnisse einer EU-weiten Umfrage veröffentlicht, das Wiesenthal Center fordert Ausschluss der EU aus dem Nahost-Friedensprozess

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Eurobarometer veröffentlichte am Montag der letzten Woche die ersten Ergebnisse einer EU-weiten Umfrage über die Haltung der Bürger zum Irakkrieg, zum gesamten Nahen Osten und zum Weltfrieden. Die Umfrage wurde vor der Geberkonferenz in Madrid durchgeführt, aber die Ergebnisse erst nachträglich bekannt gegeben. Aus gutem Grund möglicherweise, denn die meisten Europäer waren der Meinung, dass der Irak-Krieg ungerechtfertigt war und die USA den Wiederaufbau selbst finanzieren sollten. Doch anscheinend hatte man sicherheitshalber noch das Ergebnis einiger Fragen weg gelassen, um nicht zuviel Zorn auf einmal zu erregen (Die Mehrheit der Europäer ist der Meinung, dass die USA den Wiederaufbau im Irak finanzieren sollten).

Veröffentlicht wurden von der EU zunächst nur 10 der insgesamt 15 Fragen. Nach einem Bericht von El Pais vom 30.10. hatten 59 Prozent der befragten EU-Bürger gesagt, dass aus einer Liste von insgesamt 15 Ländern gegenwärtig Israel die größte Bedrohung für den Weltfrieden darstelle. Hinter Israel rangieren Nordkorea, Iran und Afghanistan. Am meisten zur Instabilität der Welt tragen für die Mehrzahl der Europäer hingegen die USA zusammen mit Afghanistan, Iran, Irak und Nordkorea bei. Das ergäbe also gewissermaßen die "Achse des Bösen" aus europäischer Sicht.

El Pais erhebt zumindest den Verdacht, dass man bei Eurobarometer diese Ergebnisse erst einmal zensiert haben könnte. Ein Sprecher der EU-Kommission stritt dies jedoch ab und erklärte, dass die Ergebnisse für diese Fragen noch nicht vorlagen. Man habe sich entschlossen, die Fragen zum Wiederaufbau zuerst im Zusammenhang mit der Geberkonferenz am Wochenende zuvor zu veröffentlichen. Am kommenden Montag werde aber die gesamte Umfrage veröffentlicht werden. Zu dem Ergebnis, dass Israel als größte Bedrohung wahrgenommen wird, wollte der Sprecher sich jedoch nicht äußern, da immer noch Berechnungen ausgeführt werden müssten.

Das Simon Wiesenthal Center ist über das Ergebnis der Umfrage entrüstet. Die Umfrage weise darauf hin, dass "die Europäer die gegen den Staat Israel gerichtete Diffamierungs- und Dämonisierungskampagne von führenden europäischen Politikern und Medien übernommen" haben. Dass Israel eine größere Bedrohung für den Weltfrieden als Nordkorea, Iran und Afghanistan darstelle, "entbehrt jeder Logik und ist", so Rabbi Marvin Hier, der Gründer und Leiter den Zentrums, "eine Ausgeburt rassistisches Fantasien, die nur zeigt, dass der Antisemitismus tief in der europäischen Gesellschaft eingebettet ist, mehr als in jeder anderen Periode nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs".

Das Wiesenthal Center fordert dazu auf, direkt bei Romano Prodi, dem Präsidenten der EU-Kommission, gegen die Umfrage und ihr Ergebnis zu protestieren (um eine Zensur, wie ursprünglich irrtümlich berichtet, geht es nicht). Sollten die Ergebnisse so sein wie berichtet, dann sollte Israel die "einzig mögliche Konsequenz ziehen, dass ein solches offensichtliches Vorurteil die EU und ihre Mitglieder ungeeignet macht für jede künftige Rolle im Nahost-Friedensprozess".