Lizenzgebühren für jede einzelne Bohne

Mal wieder verklagt die Firma Monsanto einen Kunden

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Der Sojabohnen-Farmer hat das genmanipulierte Saatgut nicht gemäß dem unterzeichneten Vertrag auf einmal ausgebracht, sondern einen Teil ein Jahr lang aufgehoben. Das haben Bauern immer getan, in Zeiten der Lizenzgebühren für jede einzelne Bohne machen sie sich jetzt damit strafbar.

Bild: Greenpeace

Monsanto ist Spitze in Sachen genmanipulierte Pflanzen. Die Firma hält in diesem Bereich weltweit mehr als 90 Prozent Marktanteil. In der Selbstdarstellung liest sich das geradezu gemeinnützig klingend:

Monsanto ist ein international tätiges Unternehmen für Agrarprodukte... Das Unternehmen ist einer der Weltmarktführer in der Entwicklung und Herstellung von umweltverträglichen Pflanzenschutzmitteln und verbessertem Saatgut unter Einsatz moderner Biotechnologie... Um die Entwicklung einer nachhaltigen und umweltschonenden Landwirtschaft weiter zu fördern, engagiert sich Monsanto für den Aufbau und die Pflege einer aktiven und innovativen Partnerschaft mit Forschungseinrichtungen, den beteiligten Nahrungsmittelherstellern und den Verbrauchern. Besonderes Anliegen ist es dabei vor allem, mit allen beteiligten und interessierten Kreisen in einen vertieften Dialog über die Chancen und Risiken der Biotechnologie zu treten.

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In der Realität wird der vertiefte Dialog oft über Anwälte oder vor einem Gericht geführt. Monsanto ist bekannt dafür, seine Kunden und andere von Privatdetektiven beobachten zu lassen, um seine Rechte - oder was der Konzern dafür hält - zu schützen. Berühmt wurde der kanadische Rapsbauer Percy Schmeiser, auf dessen Feldern Monsanto seine patentgeschützten Pflanzen entdeckte und ihn verklagte, obwohl er versicherte, der entsprechende Raps habe sich durch Auskreuzung bei ihm angesiedelt, Wind und Bienen hätten dafür gesorgt. Eine durchaus plausible Erklärung, wie inzwischen wissenschaftlich bewiesen wurde (vgl. Der Sonnenblumengau). In Kanada beträgt der Anteil von genmodifiziertem Raps inzwischen 65 Prozent, um seine Felder herum gab es verschiedene derartige Anbauflächen. Gekauft hatte er nachweislich nie bei Monsanto.

Schon in Schmeisers Fall wurde heftig darüber debattiert, dass sich in Fällen von genpatentiertem Saatgut zwei scheinbar unvereinbare Rechtsansprüche gegenüberstehen. Traditionell haben Bauern mit dem Kauf ihres Saatgutes immer das Recht gehabt, aus ihrer Ernte wiederum neue Samen zu gewinnen. Dagegen steht aber heute das Patentrecht, das in Pflanzen eingefügte Gene schützt und damit jede weitere Verwendung von Nachkommen zur Aussaat verbietet. Entsprechende Verträge müssen die Pflanzenzüchter unterzeichnen. Dadurch sichert das Unternehmen sich jährlich anfallende Zahlungen für die Nutzung ihrer biotechnisch veränderten grünen Produkte (vgl. Greenpeace: Der Prozess Monsanto gegen Schmeiser).

Jetzt zerrte Monsanto in St. Louis den Sojabohnen-Farmer Homan McFarling vor den Kadi. Wegen Piraterie muss er sich vor dem Federal Court verantworten. Es geht um 780 000 Dollar, in unteren Instanzen hat McFarling bereits verloren und die Summe würde ihn in den Bankrott treiben. Nicht nur er vermutet, dass die Firma die Summe so hoch angesetzt hat, um andere Pflanzenzüchter abzuschrecken, das Gleiche wie er zu tun.

Aber worum geht es genau? McFarling ist Zeit seines Lebens Farmer gewesen, spezialisiert auf den Anbau von Sojabohnen und etwas Mais. 1998 kaufte er 1 000 Säcke genetisch veränderte Saat der Marke Roundup Ready. Für 24 000 Dollar. Und er machte es, wie er es schon immer gemacht hatte: er säte aus und behielt dann einen Teil der Ernte als frisches Saatgut. Seiner eigenen Meinung nach tat er nichts Unrechtes, zumal er den Standardvertrag nicht genau gelesen hatte, vor allem nicht das klein gedruckte und dem Laien weitgehend unverständliche in der technischen Übereinkunft (technical agreement). Gegenüber der New York Times sagte er.

Jeder Bauer, der jemals etwas angebaut hat, sparte einen Teil seiner Samen, um sie wieder anzupflanzen. Es scheint mir nicht richtig, dass sie ein Patent auf etwas haben, dass man selbst wachsen lassen kann.

Aber Monsanto-Spürhunde sind überall, inzwischen haben Bauern bereits Millionen von Dollar für ähnliche Patenverletzungen bezahlt und die Firma kontaktierte ihn mit der Aufforderung, 135 000 Dollar Strafe zu zahlen. Nach eigenen Angaben des Konzerns gibt es pro Jahr mit etwa hundert von den belieferten 300 000 Sojabohnen-Farmern in den USA ähnlichen Ärger und die meisten dieser Streitigkeiten werden "schnell und informell erledigt". Die meisten "ertappten" Kunden gehen sofort auf die Forderungen ein, weil sie einen langwierigen und kostenintensiven Prozess gegen einen so übermächtigen Gegner fürchten.

Homan McFarling ließ sich nicht einschüchtern, hat aber die ersten Runden bereits verloren. Jetzt hofft er auf sein zweites Berufungsverfahren. Inzwischen sind die genetisch veränderten Sojabohnen übermächtig. Mehr als 80 Prozent des angebauten Sojas ist biotechnisch im Erbgut verbessert. Das ist auch der Grund, warum McFarling "Roundup Ready" kaufte. Er war mit dem konventionellen Saatgut durchaus zufrieden, aber es wurde immer schwieriger effektives Unkrautvernichtungsmittel dafür aufzutreiben. Zu "Roundup Ready" gehört ein speziell darauf abgestimmtes Herbizid, man kauft also ein Paket.

Farmer in den USA sind also zunehmend darauf angewiesen, mangels Alternative Monsanto-Produkte zu kaufen. Der Weltmarkt wartet noch auf seine komplette Eroberung. Mit der Hilfe der US-Regierung könnte das gelingen. Die Entwicklungsländer protestieren noch gegen diese Wohltat. Die Europäische Union ist de facto gerade eingeknickt (vgl. Das Gentech-Moratorium der EU läuft aus). Und das, obwohl eine neue britische Studie belegt, dass genmodifizierte Pflanzen ganz klar ein Risiko für die Umwelt sind (vgl. Farm scale evaluation results - important new evidence on gm crops).

Brasilien öffnet sich gerade offiziell dem Import, andere Staaten werden es ebenfalls tun, weil sie den Druck der Bush-Regierung fürchten. Passend dazu haben Monsanto und Bayer ihre jahrelangen Patentstreitigkeiten beigelegt, um den Kuchen künftig einvernehmlich untereinander aufzuteilen. Es gibt viel Geld zu verdienen und die Selbstdarstellungen der Konzerne als Umweltschützer und Helfer der Dritten Welt wirkend so zynisch, dass man es versteht, wenn Kritiker wie der frühere britische Umweltminister Michael Meacher in Interviews scharfe Töne anschlagen:

Aber zu glauben, dass sich mit genmanipulierten Pflanzen der Hunger besiegen ließe ist lächerlich. Es ist empörend, dass Monsanto seine bösartige kommerzielle Gier jetzt hinter der Maske des Wohltäters verstecken will. Der Welthunger ist denen doch vollkommen egal, sie wollen nur ihre Produkte in der Dritten Welt verkaufen... Die Menschen misstrauen den Wissenschaftlern, aber noch mehr den Politikern. Außerdem hassen sie Monsanto und George W. Bush und haben den Eindruck, dass die Amerikaner dem Rest der Welt den Anbau von genmanipulierten Pflanzen aufoktroyieren wollen.

Quelle