Stimme der Mehrheit?

Die ehrenwerten Kreise hinter Herrn Hohmann - Ergebnisse eines Streifzugs

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Viele kleine mittelständische Unternehmer, Kleingewerbetreibende, Handwerker usw. sind Mitglied der "starken Solidargemeinschaft", wie sich der Bund der Selbständigen (BDS) stolz nennt, zum Beispiel in NRW . Die Zeitschrift Der Selbständige für "mittelständische Unternehmer", die vom "Bund der Selbständigen" herausgegeben wird, wartet häufiger mit Interviews strammrechter Politiker auf wie Ronald B. Schill, der sich in der Zeitschrift in gewohnter Manier zur sog. "Ausländerkriminalität" und zum "Gutmenschentum" auslassen darf, und wie Martin Hohmann, der sich ebenda über "Doppelmoral, Heuchelei und Selbstgerechtigkeit" eines vermeintlichen "linksorientierten Establishments" beklagt.

Neben Beiträgen von Erika Steinbach, CDU-MdB und Präsidentin des Bund der Vertriebenen, und Bruno Bandulet ("Seriöse Investmentstrategien"), einst Referent in der CSU-Landesleitung und zuletzt für den "Bund Freier Bürger" (BFB) tätig, finden sich in "Der Selbständige" u.a. Werbung für Das Ostpreußenblatt sowie positive Rezensionen rechter "Sachbücher" wie von Prof. Hans-Helmuth Knütter über den "Verfassungsschutz".

Doch nur wenige der Mitglieder ahnen, dass sie mit ihrer Mitgliedschaft im BDS eine Scharniertruppe zwischen der CDU/CSU und der christlich-fundamentalistischen Rechten finanzieren, fördern oder tragen. Denn unter diesem BDS-Dach agiert eine weitere Querverbindung zur Braunzone zwischen CDU und Rechtsextremen, die am 8. November 1996 durch den Bund der Selbstständigen-(BDS)-Hauptgeschäftsführer Joachim Schäfer in Dortmund und noch einmal am 8. Mai 1997 in München gegründete Gruppe von rechten Publizisten, Wissenschaftlern und Unternehmern, die "überparteiliche" Vereinigung Stimme der Mehrheit.

Der Gruppe, deren Organ der Kompass ist, geht es nach eigenen Angaben um "die längst fällige geistig-moralische Erneuerung in Deutschland, um die Anerkennung und Förderung der Leistungswilligen in Wirtschaft und Gesellschaft und nicht zuletzt um die Vertretung der Interessen des eigenen Volkes". Ein Teil der Gründer definiert Volk allerdings sehr großdeutsch, die Österreicher gehören selbstverständlich auch dazu.

Zu den Gründungsmitgliedern zählt die Creme der Rechtskonservativen, darunter aber auch einige aus der CDU, FDP und rechten FDP-Abspaltungen bekannte Namen: Herbert Fleißner, Uwe Greve, Klaus J. Groth, Eberhard Hamer, Martin Hohmann, Klaus Hornung, Heiner Kappel, Heinz Hug, Hans-Helmuth Knütter, Hans-Jürgen Mahlitz, Wolfgang Reschke, Klaus Rainer Röhl, Achim Rohde, Norman von Scherpenberg, Erwin K. Scheuch, Ute Scheuch, Ronald Schroeder, Franz W. Seidler, Willi Peter Sick, Alexander von Stahl und Karlheinz Weißmann. Über 100 solcher rechten Meinungsagenten sind nun nach eigenen Angaben in der Arbeitsgemeinschaft.

Zum Umfeld der "Stimme der Mehrheit" gehört auch Frau MdB Erika Steinbach, die Präsidentin des BdV. Telepolis erhielt von der Anwaltskanzlei von Frau Steinbach ein Schreiben, weswegen der Artikel verändert werden musste:

In der Liste Mitgliedschaften und Kooperationspartner der Arbeitsgemeinschaft findet sich etwa auch die Staats- und Wirtschaftspolitische Gesellschaft e.V des rechten Ex-BW-Generals Reinhard Uhle-Wettler zu Hohmann, der in einem Offenen Brief zu Hohmann schrieb:

Die emotionsgeladenen Stellungnahmen der CDU-Spitze zur Rede von Martin Hohmann richten im Wählervolk schweren Schaden an. Jedermann kann sehen, wie schnell und rücksichtslos der Stab über einen unbescholtenen Abgeordneten durch seine eigenen Kollegen gebrochen wird.

Uhle-Wettler ist "Kooperationspartner" und fiel bereits Ende der neunziger Jahre etwa durch den Sammelband "Wagnis Wahrheit" (Arndt-Verlag) einschlägig auf. In ihm setzt sich der hohe Ex-Militär für den Holocaust-Leugner David Irving ein. Weiterhin kann man auf seiner Website lesen:

Der "umstrittene" weil unangepaßte Bundestagsabgeordnete Martin Hohmann soll wegen seiner angeblich antisemitischen Rede zum Tag der deutschen Einheit am 3.10.2003 in seinem Wahlkreis "abgeschossen" werden. Bis zum heutigen Tage ist keine Stimme von Rang wahrgenommen worden, die dem Betroffenen, langgedientes und sehr erfolgreiches Mitglied der CDU versucht, gerecht zu werden. Hohmann ist Reserveoffizier, was seine Kritiker zumeist nicht von sich behaupten können. Außerdem ist er bekennender Christ, was ebenfalls auf viele seiner Kritiker keineswegs zutrifft.

"Böswillige Beobachter finden wahrscheinlich noch in etlichen Reden von Christdemokraten inkriminierbare Wendungen"

Dazu gehören auch Bruno Bandulet mit dem "poltischen Hintergrunddienst" DeutschlandBrief, die Genius Gesellschaft für freiheitliches Denken des FPÖ-Veteranen Dr. Gerulf Stix in Wien oder der deutschnationale und FPÖ-nahe Freiheitliche Akademikerverband Salzburg des Dr. Gerhard Wirl, der Hohmann schreibt:

Nun wiederholt die CDU in der "Affäre Hohmann" den Fehler der bedingungslosen Unterwerfung (wie die FPÖ) und lässt sich von außen eine "Antisemitismus"-Debatte durch ein völlig aus dem inhaltlichen Zusammenhang gerissenes Zitat des CDU-Abgeordneten Martin Hohmann aufschwatzen. Sie kennt ganz offensichtlich die wahre Stimmung im Lande nicht, obwohl im Internet Hohmanns vollständige Rede doch "überall" nachgelesen werden kann. Es gehört schon ein gerütteltes Maß an Ignoranz dazu, Hohmanns Warnung vor einer - von wem auch immer kommenden - mörderischen Gottlosigkeit als "Antisemitismus" zu interpretieren.

Weiter findet man die "Gesellschaft für die Einheit Deutschlands e.V" des. rechten Vertriebenenfunktionärs und Ex-Generals, Ex-MAD-Chefs Gerd-Helmut Komossa (die als anerkannter politischer Bildungsträger aus Bundesmitteln gefördert wird), Deutschland direkt des Chefredakteurs des Ostpreußenblatts Hans-Jürgen Mahlitz(-Stecher) oder den "Neuen Club Salzburg" des Vorsitzenden de Freiheitlichen Akadamikerverbänds Salzburg", Dr. Wolfgang Caspart, der am 31. 10. auch Aufmunterndes an Hohmann geschrieben hat:

Es gibt daher keinen Grund, sich außer- oder gar innerparteilich unter Druck setzen zu lassen. Die Deutschen müssen stolz sein, einen Mann zu besitzen, der die verbrecherischen Auswirkungen des Atheismus - sei er von Christen, Juden oder wem auch immer produziert - so klar und richtig zu formulierten versteht. Gerade einer Partei mit dem "hohen C" tut eine so fundierte Klarstellung gut. Entgegen dem "guten Rat" von CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer, "sich dafür zu entschuldigen", bleiben Sie bitte bei dieser unmissverständlich christlichen Ausrichtung und verwenden Sie diesen Brief auch gerne in Ihrem Umfeld.

Das Christlich-Konservativen Deutschland-Forum (CKDF) des Andreas Schneider gehört ebenso dazu wie das Preußeninstitut, dem Rolf Sauerzapf angehört, ehem. Pfarrer beim BGS, Autor bei Criticon, Mitglied der Evangelischen Notgemeinschaft, des rechten Hilfskomitee Südliches Afrika, Deutsches Seminar, VDA - Deutschtum im Ausland-, Pan-Europa Union, der Dr. Titel wurde ihm in Pretoria/Südafrika zu Rassistenzeiten verliehen).

Wir haben aber jede innenpolitische Auseinandersetzung bereits zu Beginn verloren, wenn wir die Spielregeln des Gegners, seine Schiedsrichter und seine Berichterstattung akzeptieren. Es ist eine Art "asymmetrischer Kriegsführung", wenn wir der Linken gestatten, über die erlaubten und die nicht erlaubten Argumentations- und Erklärungsmuster zu bestimmen. Die Reaktion der CDU-Spitze ist deshalb so gefährlich, weil wir die Maßstäbe des Gegners ausdrücklich anerkennen und ihn damit bestimmen lassen, was antisemitisch oder ausländerfeindlich ist. Böswillige Beobachter finden wahrscheinlich noch in etlichen Reden von Christdemokraten inkriminierbare Wendungen. Verzichtet die CDU auf die Kritik an den Maßstäben, können diese beliebig ausgedehnt werden.

Andreas Schneider vom CKDF in einem Offenen Brief an die CDU/CSU

Verknüpft ist die "Stimme der Mehrheit" auch noch mit der rechtslastigen Deutschen Militärzeitschrift, die auch zur Bücherliste der Mitglieder gehört und in der Bundeswehr gelesen wird. Hier kann man dann auch das nötige Outfit für die Freizeit bestellen.

Wolfgang Reschke aus dem Kreis "Stimme der Mehrheit" ist der Unternehmer, der hinter dem Aton-Verlag steht. Hier wurde beispielsweise 2002 das Buch "Zukunftsmodell soziale Marktwirtschaft. Stimme der Mehrheit" verlegt: "Mit einem Vorwort von Roland Koch" und "Mit Beiträgen von Lienhard Schmidt, Klaus Hornung, Wilfried Böhm, Eberhard Hamer, Wolfram Ellinghaus, Roland Baader, Joachim Schäfer, Stefan Winckler, Hans-Jürgen Mahlitz, Hans-Helmuth Knütter, Sebastian Prinz, Ronald Schröder, Raimo Benger, Andreas Schneider, Karl Lincke, Arnd Klein-Zirbes, Norman van Scherpenberg."

"Zukunftsmodell soziale Marktwirtschaft. Stimme der Mehrheit" mit einem Vorwort von Roland Koch! Die Mehrheit seiner Mitautoren ist rechtsextrem. Ministerpräsident Koch, der jetzt Empörung heuchelt, ist also auch in diese Kreise verstrickt und glaubt nun offenbar, mit einem Bauernopfer Hohmann aus der Schusslinie zu kommen und doch nicht als ein Mentor von Rechten in und bei der CDU enttarnt zu werden. Reschkes Verlag firmiert offiziell als medizinischer und sozialer Fachverlag, der nebenbei Bücher von Rechten wie Kappel oder Schäfer (Sein Buch "Stigmatisiert - Der Terror der Gutmenschen" arbeite, so heißt es zustimmend bei konservativ.de, passend zu Hohmann "die zunehmend stärkere Beschränkung geistiger Freiräume durch die fanatisierten Sittenwächter der politischen Korrektheit heraus) verlegt und auf rechten Internetseiten beworben wird. Doch wen wundert das? Es ist schließlich der Hausverlag der BDS/Stimme der Mehrheit.

"Christlich-konservatives Weltbild" spricht sich "dezidiert gegen Multikulti, Homo-Ehen und ähnliche Entartungen" aus

Die Hohmann in Schutz nehmenden Briefe von Reinhard Uhle-Wettler, Vorsitzender der Staats- und Wirtschaftspolitischen Gesellschaft e.V. Hamburg, und von dem Sozialpsychologen und Sozialphilosophen Dr. Wolfgang Caspart, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Freiheitlicher Akademikerverbände Österreichs, sind Muster für eine Fülle anderer Schreiben an Hohmann und die CDU/CSU. Die "Solidarität" wurde in der CDU-nahen "Stimme der Mehrheit" organisiert, eine Fülle von Mitgliedern und Kooperationspartnern versandte ähnliche Schreiben, auch General Günzel wurde von seinen Generalskameraden aus dieser Gruppe dazu motiviert.

Hohmann schrieb seine Rede vom Buch "Jüdischer Bolschewismus. Mythos und Realität" ab. Das Vorwort stammt von Ernst Nolte, der Autor Dr. Johannes Rogalla von Bieberstein, Jahrgang 1940, ist als Wissenschaftlicher Bibliothekar an der Universität Bielefeld tätig (s.a. Geschichtsrevisionisten und Antisemiten im intellektuellen Gewand). Bekannt wurde er durch seine Doktorarbeit "Die These von der Verschwörung 1776-1945. Philosophen, Freimaurer, Juden, Liberale und Sozialisten als Verschwörer gegen die Sozialordnung."

Von Bieberstein gehört der Wissenschaftlichen Kommission zur Erforschung der Freimaurerei sowie dem Beirat der Zeitschrift für Internationale Freimauererforschung an. An der Universität ist er allerdings Fachreferent für Frauenforschung. Die Querverbindung vom Verlag zur CDU-Rechten und ihrer Grau- oder besser Braunzone lässt sich auch mit der Verbindung zum Institut für Staatstheorie sehen. Hier war neben vielen anderen auch Martin Hohmann aktiv, Arnulf Baring, der ähnlich Hohmann für ein "neues Selbstwertgefühl" der Deutschen eintritt. Im Institutskollegium sitzt der Germanist Götz Kubitschek, der auch Geschäftsführer des Verlags Edition Antaios ist (zum Institut für Staatstheorie siehe Ein Institut zur ideologischen Aufrüstung der CDU, bei der Jungen Freiheit sieht man das freilich anders).

Zu diesem braunschwarzen Umfeld gehört ebenfalls das "betont christlich-konservative" Online-Magazin Ostrakismus, das von Andreas Schneider vom weiter oben erwähnten Christlich-Konservativen Deutschland-Forum herausgegeben wird. Hier findet man Viele aus der Szene wieder. Natürlich wird hier auch Hohmann verteidigt, wie beispielsweise von Michael Wagemann (CDU- und JU-Mitglied), der sich auch schon für die Wiedereinführung des Arbeitsdienstes für die Jugend aussprach:

Es ist mal wieder soweit. Das politisch korrekte Establishment hat ein neues Opfer gefunden. Nach Jürgen W. Möllemann, den man sogar (direkt oder indirekt ?) physisch vernichtete, hat es nun den CDU-Bundestagsabgeordneten, Major d. R., Martin Hohmann erwischt. Dieser gehört zu den wenigen Abgeordneten in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, die noch ein christlich-konservatives Weltbild vertreten und sich dezidiert gegen Multikulti, Homo-Ehen und ähnliche Entartungen einsetzen. Besonders erfreulich ist das Engagement Hohmanns für das christliche Familienverständnis, welches er aktiv vorlebt.