Tolkien reloaded

Im Unterschied zum liberalen Aufklärungsmythos der "Harry Potter"-Filme ist "Der Herr der Ringe" düster, pseudoromantisch, weitaus kitschiger und gar nicht selten einfach reaktionär

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Des Königs neue Kleider: Klare positive Helden, die mit Muskelkraft, Mut und manchmal auch Verstand so richtig aufräumen, und alles Böse in einem apokalyptischen Finale vertilgen. Auch der dritte Teil von Peter Jacksons "Herr der Ringe"-Verfilmung liefert genau das, wonach sich offenbar in einer unübersichtlichen Gegenwart viele sehnen: Eindeutigkeit. Man muss diese Form Neuer Mythologie nicht mögen, um zu erkennen, dass sie elementar etwas mit Kino zu tun hat, und offenbar unbewusste Sehnsüchte des breiten Publikums befriedigt. Mit welchen Inhalten dies hier geschieht, ist eine andere Frage und ein gutes Thema für kulturwissenschaftliche Seminare.

Ein kleiner Wurm krümmt sich zwischen zwei Fingern, zwei Hobbits fischen gutgelaunt auf dem Teich, eine Idylle. Es ist klar: Wir Zuschauer sollen lachen. Zu dieser Idylle werden wir zurückkehren, dreieinhalb Stunden später, in die friedliche, blümchenbewachsene Landschaft des sonnigen Auenlandes. Vögel zwitschern, Schmetterlinge fliegen, pausbäckige Zwerge, pardon: Hobbits tollen über saftig grüne Wiesen, und wir wissen: Der Hobbit Sam wird in Zukunft nur noch von den Abenteuern in seinem Vorgarten berichten können, wird sich vielfach fortpflanzen, und am Abend in der Kneipe ein, zwei Bier zuviel trinken und wieder einmal erzählen, wie es war, damals im Krieg, wie auch wir das kennen von Vätern und Großvätern, spätestens nach dem dritten Bier jedenfalls. Das, so wollen uns diese Bilder sagen, ist der Sinn des Lebens, der eigentliche, wenn alle Kriege und Kämpfe überstanden sind, das Böse besiegt. Wenn der Film überstanden ist, könnte man auch sagen, alle drei Teile des gigantomanischen "Der Herr der Ringe"-Projekts zusammen, das Peter Jackson in den letzten sieben Jahren verfilmt und in die Kinos gebracht hat. Aber noch ist es nicht so weit, erst einmal muss man durch die letzten dreieinhalb Stunden.

Schnell schieben sich Wolken vor die paradiesische Kulisse, bedrohliche Bilder und Musik lassen Unheil ahnen, das Dämonische steht der Idylle bekanntlich am nächsten. Unter Wasser liegt ein Ring, und jetzt begreifen wir, dass uns dieser Anfang von "Die Rückkehr des Königs" erst einmal die Vorgeschichte von allem erzählt, Gollums Schicksal. Der Mord steht am Anfang aller Geschichte, unwillkürlich denkt man an die Vertreibung aus dem Paradies und an Kain und Abel - aber es ist hier eher ein Mythos im Mythos, denn Tolkien und Jackson erzählen nicht Geschichte, sondern Mythos als Geschichte.

Bäume werden zurückkehren

Schon wird die Landschaft graublau, die Programmmusik Harold Shores penetrant, und bereits während dem Film fällt einem auf - soviel Zeit ist hier zur Genüge - dass dieser Soundtrack kaum einmal auch nur für eine ganze Minute aussetzt. Manchmal allerdings kann man das vor lauter Krach auch gar nicht so genau sagen. Der "Sieg in Isengard" wird gefeiert, man hört jemand reden: "Der ganze Schmutz Saurons wird weggespült, Bäume werden zurückkehren." Wie schön denkt man, die Bäume...; und stellt sich kühlen Schatten und sonniges Auenland vor - da schreit schon ein anderer "Heil den siegreichen Taten ...Heil denen die ihr Blut gegeben haben, um ihr Land zu verteidigen." und man fragt sich, ob man das unbedingt genau so sagen muss, aber schließlich soll alles "Fantasy" sein, also will man ja nicht gar zu pingelig werden, gleich am Anfang.

Mit der Zeit nervt die schwülstige Sprache aber doch ziemlich, dreieinhalb Stunden sind ja auch kein Pappenstil, und von Dialog-Blabla wie "Die Sterne sind verhüllt. Es rührt sich im Osten eine schreckliche Bosheit." - "Wenn die Leuchtfeuer Gondors entzündet sind..." - "Sie müssen entzündet werden..." - "Das werden sie." - "Folge dem Fluss" - "Dinge geraten ins Rollen, die nicht aufzuhalten sind." können einem irgendwann ganz schön die Ohren klingeln. "Du redest einfach zu viel." - ein erholsamer Satz, und dann guckt man lieber den Hobbits beim Kiffen am Lagerfeuer zu.

Gut und Böse, Schön und Hässlich

Es ist schon beim zweiten Teil erwähnt worden, aber gilt auch für "Die Rückkehr des Königs", dass "Der Herr der Ringe" am Anfang ganz schön arrogant daherkommt: Man muss sich auskennen. George Lucas hat seinen "Star Wars"-Folgen immerhin für alle Nichtanalphabeten einen schriftlichen Vorspanntext vorangestellt, Karl May hilft dem Uneingeweihten über innere Monologe oder Erzähler dabei, sich zurecht zu finden - hier gibt es nichts von alldem, das über die Plastikfiguren der Schokoladeneier hinausgeht. Dabei ist die Handlung auch im dritten Teil ein ziemliches Durcheinander, und wer nicht schon weiß, was es mit dem Ring auf sich hat, begreift es auch noch nicht, wenn der Nachspann vorbei ist. Ein Film, der sich ausschließlich an eine Gemeinde wendet, die sich abschottet für Neuankömmlinge. Sollen sie doch gefälligst erst mal die beiden anderen Folgen ansehen. Aber selbst dann bleibt dem, der sich in erster Linie für Kino interessiert, und keine Lust hat, zuerst eine mehr als tausendseitige Gebrauchsanweisung zu lesen, der Stoff fremd.

Keine Charaktere, keine Entwicklung, keine Differenziertheit, keine Abgründe - nur die simplen Antinomien von Gut und Böse, schön und hässlich, Licht und Dunkelheit, Höhe und Tiefe, Feuer und Wasser, kleinen Menschen und großer Natur, Freiheit und Schicksal - das ist in dieser Schlichtheit zu wenig für insgesamt über acht Stunden Film. Wüsste man nicht zumindest aus dem ersten Teil, wer Frodo ist, dass er den Ring zerstören will, hätte das Ganze überhaupt keinen Sinn. Denn gegenüber der Buchvorlage hat Jackson alle irgendwie als Person erkennbaren Bösewichter - bis auf Gollum, den Unverzichtbaren - mal so mir nichts, dir nichts aus seinem Film getilgt, nur eine gesichtslose hässliche Masse aus fiesen grobschlächtigen Kampfmaschinen übriggelassen, und zum Teil bekanntlich sogar alle schon abgedrehten Szenen mit Christopher Lee aus der Kinofassung wieder entfernt (wetten, dass sie auf irgendeiner DVD in den nächsten zwei Jahren dann wieder auftauchen?). Das ist schon deswegen schade, weil man Lee mit seinem Wallebart und den rollenden Augen gern noch einmal mit Gandalf kämpfen gesehen hatte - immerhin ist er doch zusammen mit Ian McKellen der mit Abstand beste Darsteller des Riesenensembles. Und die Ähnlichkeit der Filmfigur mit Osama Bin Laden hatte doch ihre unfreiwillige aktuelle Ironie.

Hollywood, Riefenstahl, Kurosawa

Das alles darf Jackson natürlich, weil ein Filmregisseur mit einer Vorlage alles tun darf. Aber dafür wie pingelig genau er sonst das Buch bebildert, sind derart grobe Eingriffe schon bemerkenswert. Aus dem dünnsten der drei Bände ist der längste Film geworden. Vielleicht einfach nur, weil mit der Zeit die Disziplin nachlässt, vielleicht auch, weil der Regisseur sich nicht noch mehr mit den Hardcore-Tolkinisten anlegen wollte, die ihm jede Streichung, jede Ungenauigkeit übel nehmen, weil es bei dieser Verfilmung offenbar um das Filmische am wenigsten geht.

Dies ist zwar eine gute Nachricht für alle, die zu faul zum Lesen sind. Filmisch lässt es aber im dritten Teil in der Gesamtschau noch mehr zu wünschen übrig, als in den ersten beiden. Es gibt tatsächlich wunderbare Momente und Szenen in "Die Rückkehr des Königs". Die Landschaften sehen aus wie die auf Bildern niederländischer Barockmaler, die Kämpfe wie in Altdorfers "Alexanderschlacht", am Ende sind Szenen und Licht dem Franzosen Claude Lorrain nachempfunden. Bei den Schlachten lässt diesmal kaum Leni Riefenstahl, dafür das Monumentalkino des Hollywood-Stummfilms grüßen - in einigen Augenblicken gar der späte Kurosawa. Und was Jackson schon immer am besten vermochte, nämlich apokalyptische Bilder zu schaffen, gelingt ihm auch hier.

Wenn Denethor, der rasende Truchseß von Minas Tirith im Feuer stirbt, wenn Frodo, dann Sam mit der Riesenspinne kämpfen, ist das großes Kino, das an die Filme der 30er, 40er Jahre denken lässt, den "Dieb von Bagdad" vor allem. Auch einige andere Momente, etwa Legolas' Kampf auf dem Olifanten (einem Kampfmammut) ist wunderbar und bezwingend inszeniert. So wenig originell das ist - wie gesagt sieht das meiste so aus, wie man es irgendwo anders schon gesehen hat - so sehr hätte man sich den ganzen Film in solch präziser Pracht gewünscht.

Als Ganzes aber ist "Die Rückkehr des Königs" unglaublich redundant. Ohne Rhythmus, ohne Dramaturgie eiert der Film dahin, ein ödes Aneinandergereihe der immer gleichen Bilder, ein plumpes Hin und Her zwischen den Erzählsträngen. Immer wieder erlebt man Vorbereitungen zum Kampf, verquast wird die nun aber wirklich endgültige Entscheidungsschlacht angekündigt und dann doch noch aufgeschoben, weil irgendetwas zuvor zu tun ist, irgendwelche Bundesgenossen in verlaberten Appellen gewonnen werden müssen. Oder der Kampf findet statt, entpuppt sich dann aber, so monumental er war, doch nur wieder als ein weiteres Vorgefecht. "Der Herr der Ringe" könnte so wie er jetzt ist, auch als Zwölf-Teiler ins Fernsehen kommen, oder nach der extended DVD mit "noch nie gezeigten Szenen" sogar als Achtzehn-Teiler mit "weiteren, auch noch nie gezeigten Szenen." Und die Tatsache, dass das alles so bereits bei Tolkien steht, macht es auch nicht besser.

Winnetou und die sieben Zwerge

Nicht bei Tolkien steht viel über weibliche Figuren. Bekanntlich hat Jackson um die Elbin Arwen, gespielt von Liv Tyler eine ganze Liebesgeschichte abgedreht, die so nicht im Buch vorkommt - und dann wieder herausgeschnitten. Gleiches gilt für die von Cate Blanchett gespielte Galadriel. Beide zusammen haben nun keine fünf Minuten Leinwandzeit - unbegreiflich, wieso Jackson diese Darstellerinnen so verschenkt, ihnen in dreieinhalb Stunden nicht mehr Platz gönnt, und einem stattdessen stundenlange Schlachten und Computerlandschaften zumutet.

Warum? Weil Tolkien-Anhänger sich wie die Hobbits nicht für Frauen interessieren? Oder weil sie derartige Wortklauber und Faktenhuber sind, das sie eine solche Abweichung von der Vorlage allzu übel genommen hätten - und die "Deutsche Tolkien Gesellschaft e.V." dann gewiss zu einem Briefprotest animiert hätte, inklusive philologischer Fußnoten, dass das "so" in Tolkiens sexistischem Epos gar nicht geschrieben ist.

Ausführlich im Bild ist dagegen Eliah Wood, naturgemäß, da er mit dem kleinwüchsigen Provinzler Frodo den wahren Helden der Geschichte spielt. Sieht man ihn allerdings gemeinsam mit dem Computerprodukt Gollum auf der Leinwand, fragt man sich, wer von beiden nun der Schauspieler ist. Hat Gollum Mimik und Witz, hat Wood nur immergleiche, latent tumbe Blicke aus wasserblauen Augen. Das soll ein Erlöser sein? Mit den anderen Helden steht es kaum besser: Die Hobbits bleiben eh' auf der Ebene drolliger Knirpse, die wie der Seppl im Kasperltheater für den mageren Spaßfaktor des Films sorgen müssen, und ansonsten nur für das Prinzip stehen, dass auch kleine Leute einmal ganz groß sein dürfen.

Aragorn dagegen hat vor allem Schaum vorm Mund, von Entwicklung und Tiefe ist nichts zu spüren. Der weiße Reiter Gandalf bekommt immerhin einen großen Auftritt, als er mit seinem Lichtstab die bösen Nazguls bekämpft. Der Lichtstab funktioniert etwa so, wie bei Winnetou die Silberbüchse, und man fragt sich als Nichteingeweihter, warum das Ding nicht schon fünf Minuten früher zum Einsatz kam, und warum nicht später noch ein paar Mal. Aber dann hätte es womöglich Buch und Film gar nicht gegeben. So kommt es zur Schlacht, jetzt aber wirklich zur entscheidenden.

"Man wird doch mal träumen dürfen..."

Da hat dann eine Frau allerdings zweimal einen großen Auftritt: Eowyn (Miranda Otto) tötet in der Schlacht nämlich den von Sauron entsandten "Hexenkönig", eine Art Darth Vader von Mittelerde: Man sieht sein Gesicht nicht, er redet mit ähnlich abgründiger Stimme, lässt sich allerdings dann doch vergleichsweise schnell besiegen - und entpuppt sich auch nicht als Frodos Vater oder so ähnlich. Viel bemerkenswerter ist aber die Szene am Vorabend, als Eowyn einen ganz jungen Kämpfer erst richtig scharf macht für die Schlacht. "Du solltest ihn nicht so ermutigen." sagt ihr ein Soldat, und als Mensch des Jahres 2003 versteht man ganz gut, was er meint. "Du solltest nicht an ihm zweifeln." antwortet sie - das waren noch Frauen!

So tritt die gute Seite mit einem regelrechten Volkssturm an, zu Frauen und Kindern gesellen sich sogar die Toten, totale Mobilmachung eben. "Tod! Tod! Tod!" rufen sie, und "Kämpft für uns und erlangt Eure Ehre wieder." Sprüche dieser Art verraten eine Todessehnsucht, die tatsächlich an die des Faschismus erinnert. Dieser Vorwurf wurde Tolkien schon immer gemacht, es gibt Gründe dafür, aber auch gute Gegenargumente. Aber dass er sich zumindest in Ton und Atmosphäre vom reaktionären Zeitgeist (der Roman wurde in den 1930er Jahren konzipiert, in den 1940ern geschrieben) hat anstecken lassen, ist noch in der Filmversion unübersehbar. Da diese martialische Grundstimmung und Todessehnsucht auch im dritten Teil-Film klar dominiert, drängt sich die Frage auf, was uns die Tatsache, dass über 20 Millionen allein in Deutschland in solche Filme gehen, eigentlich über unsere Gegenwart verrät. Tolkiens Werk selbst wollte schließlich zunächst nicht mehr sein als ein Märchen für seine Kinder. Der Erfolg dieses anspruchsvollen, aber auch hybriden Kinderbuchs und seiner martialischen, eklatant humorlosen, langatmigen und selbstverliebten Verfilmung unter einigermaßen Erwachsenen und die Unbedingtheit der Anhängerschaft ist die eigentlich interessante Frage.

Die beliebte Entschuldigung, "man wird doch mal träumen dürfen...", zieht hier nicht. Denn kollektives Träumen ist Kino immer. Wovon geträumt wird, das ändert sich. Und hier muss man noch mal auf die Idylle vom Anfang zurückkommen, die am Ende vom Film wiederhergestellt wird: Im Gegensatz zum Buch, in dem das Böse sich eben nicht aus der Welt vertreiben lässt, das Auenland kein unberührtes Paradies bleibt, hat Jackson auch hier, wie in jedem anderen x-beliebigen Hollywood-Kitsch das Ende geschönt. Der Sinn des Lebens wird gezeigt als arg dumpfer Bodenständigkeits-Kitsch eines satten Kleinbürgerdaseins. Ausgestattet mit den Insignien einer Vergangenheit, in der es Technik und die Kompliziertheit heutiger Verhältnisse nur in Ansätzen gab. Vielleicht nicht gleich Mittelalter, aber jedenfalls Biedermeier. Und wenn am Ende ein König zurückkehrt, und ein "neues Reich" installiert wird, dann ist das vielleicht nicht gleich Imperialismus. Modern und demokratisch aber ist es auch nicht.

Sowenig wie Mittelerde tatsächlich ein multikulturelles Universum darstellt, wie manche das gern behaupten. Die Gegner des von Aragorn errichteten Empire sind keine Menschen. Aber sie haben ein Gesicht. Es ist hässlich und dunkel. Oder, in des Autors eigenen Worten:

Denn so teilen wir nach unserer Überlieferung die Menschen ein: die hohen Völker oder Menschen des Westens, und dies waren die Númenorer; die mittleren oder Menschen des Zwielichts, wie die Rohirrim und ihre Stammverwandten. Und die wilden oder Dunkelmenschen.

Wie bei Goebbels klingt es, wenn er vom "noble, northern spirit" schreibt, "a supreme contribution to Europe." Um solche Sätze für Rassismus zu halten, muss es vom Autor nicht so gemeint sein. Bei Peter Jackson haben die Gegner der Guten durchweg ein fratzenhaftes Gesicht, sind narben- und schwärenübersäht. Entscheidend, sie sind keine Menschen sondern Monster, und darum wird dem Zuschauer nie irgendeine Form der Anteilnahme nahegelegt, wie dies noch der dümmste Kriegsfilm tut. Der Krieg den Gandalf, Aragorn und Co gegen Mordor führen, ist auch ein Vernichtungskrieg, der die gleiche Auslöschung will, wie der Gegner. Wie das Buch ist dies ein Film, der eine Welt mit verschiedenen Lebewesen beschreibt, und einige dieser Lebewesen als lebensunwert, und damit ihre Vernichtung rechtfertigt - ernstgenommen jedenfalls. Und ernstnehmen, das hämmern einem ja gerade die Tolkinisten etwa von der Deutschen Tolkien-Gesellschaft e.V. gern mit philologischem Bierernst ein, soll man ihren Tolkien doch. Aber nur, wo's nicht unangenehm wird. Dort nämlich ist alles plötzlich nur noch "ein tolles Abenteuer" und "große Unterhaltung"

So liefert der Film genau das, wonach sich offenbar in einer unübersichtlichen Gegenwart viele sehnen: Eindeutigkeit. Klare positive Helden, die mit Muskelkraft, Mut und manchmal auch Verstand so richtig aufräumen, und alles Böse in einem apokalyptischen Finale vertilgen. Nur Frodo merkt man am Ende etwas Melancholie an: er hat das Böse in sich selbst gesehen, und wird ganz so glücklich und naiv nie mehr sein können. Aber darüber geht der Film rasch hinweg. Man muss solche Form Neuer Mythologie nicht mögen, um zu erkennen, dass dies elementar etwas mit Kino zu tun hat, offenbar unbewusste Sehnsüchte des breiten Publikums befriedigt, Eskapismus bietet. Die Inhalte mit denen dies geschieht sind aber alles andere als sympathisch - im Unterschied zum liberalen Aufklärungsmythos der "Harry Potter"-Filme ist "Der Herr der Dinge" düster, pseudoromantisch, weitaus kitschiger und gar nicht so selten einfach reaktionär. Dass das Buch ebenso bekannt und fast so oft aufgelegt sein soll, wie die Bibel, hat es das zweifellos nicht verdient. Bleibt nur zu wünschen, dass die meisten Kinogänger den Film und das ganze Drumherum einfach nicht so ernst nehmen.