Gestochen scharf aus 160 Millionen Kilometer Entfernung

'Spirit' funkt erstes farbiges Bild zur Erde, das in punkto Auflösung das bislang beste Mars-Farbfoto ist

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Nachdem am Sonntag die NASA der Öffentlichkeit eines der ersten Bilder von 'Spirit' präsentierte (vgl. Sturm der Begeisterung bei der NASA) und dann am Montag ein schwarz-weißes Panorama-Bild nachlegte, das mit 3-D-Technik in den ersten Stunden nach der Landung des Marsmobils am Wochenende aufgenommen wurde, veröffentlichte diese gestern das erste von 'Spirit' "geschossene" Farbbild. Für den User mit 3-D-Brillen-Durchblick wird 'Spirit' demnächst noch eine ganze Reihe von Farbfotos vom Roten Planeten gen Heimat schicken. Von der Prägnanz des Materials kann sich jeder selbst ein Bild machen, sofern er über eine funktionstüchtige Stereobrille verfügt.

Mit einer 3-D-Brille bzw. Stereobrille kommt das erste 3-D-Panoramabild besonders gut zur Geltung

Wer im Sommer des letzten Jahres zu später oder früher Stunde nach Südosten blickte, konnte ihn nicht übersehen. Heller als alle Sterne erstrahlte dort im Sternbild Wassermann der nach dem römischen Kriegsgott benannte vierte Planet unseres Sonnensystems.

Für immer ein Mysterium

In der Geschichte der Menschheit ging der Rote Planet bis dato selten so eng auf "Tuchfühlung" mit der Erde wie im Sommer 2003. Als Mars sich das letzte Mal der Erde bis auf gut 55.757.930 Kilometer näherte, steckte die Astronomie noch nicht einmal in ihren Kinderschuhen. Der letzte, der vor uns die Chance gehabt hatte, den Mars aus dieser Distanz ad oculos zu bewundern, war unser archaischer Verwandte Homo neanderthalensis, wobei es wohl für immer ein Mysterium bleiben wird, ob dieser überhaupt - den Blick dem Himmel zugewandt - den damals zumindest für eine Zeitlang größten "Lichtpunkt" am Nachthimmel bewusst wahrgenommen hat. Dies war vor zirka 60.000 Jahren.

Heute, gut 60.000 Jahre später, bringt sich der inzwischen schon auf 160 Millionen Kilometer von der Erde entrückte Rote Planet erneut auf höchst farbenfrohe Weise in Erinnerung. Dieses Mal aber nicht am Firmament, sondern via Internet. Denn dank der US-Raumsonde Spirit, die jetzt seit vier Tagen auf dem Mars weilt und fortan Tag für Tag spektakuläre Bilder zur Erde funkt, erreicht der Mars jetzt sogar den heimischen PC in 3-D-Qualität.

Unerreichte Qualität

Denn seit gestern wartet der US-Roboter mit einer Aufnahme von bislang "unerreichter Qualität und Auflösung" auf, wie NASA-Wissenschafter James Bell am Dienstag im kalifornischen Pasadena im Rahmen einer Pressekonferenz bei einer Präsentation verdeutlichte. Dabei stellte er ein Bild vor, dass aus zwölf Einzelbildern zusammengesetzt ist und das mit der sondeneigenen "Panoramic Camera" aufgenommen wurde. Das Foto ist qualitativ derart hochwertig, dass die NASA davon einzelne Ausschnitte vergrößern konnte. Sogar Gesteinsadern auf einzelnen Brocken und Steinchen auf der Oberfläche des Roten Planeten konnten sichtbar gemacht werden. Die Farben kämen der Wirklichkeit sehr nahe, so Bell. Danach sei der Mars eher bräunlich und übersät von bläulichen Steinen. Die Bilder seien "drei- oder viermal besser" als alle, die zuvor auf dem Mars aufgenommen wurden, freut sich Bell. Die Auflösung komme dem menschlichen Blick sehr nahe. Eine Bearbeitung werde die Qualität sogar noch weiter verbessern.

Das erste 'Spirit'-Farbbild vom Mars ist das "schärfste" aller Zeiten

Zwar werde es bis zu einer Woche dauern, bis die gespeicherten Dateien zur Erde übertragen sind, betonte Bell. Gleichwohl nutze der Roboter praktisch jede Gelegenheit, um Bilder zu schicken, von denen die meisten bereits als Voransichten begutachtet worden seien. Aus den einzelnen Motiven wollen die Experten die erste farbige Panorama-Ansicht vom Mars zusammenfügen. "Spirit" hat nach Angaben der NASA bereits eine vollständige farbige Panorama-Ansicht aufgenommen. Mehr als ein Zehntel davon wurde schon zur Erde übertragen.

"Quantenphysiker" George Bush

Momentan sendet der Marsroboter über eine Bordantenne die Bit und Bytes direkt zur Erde. Mitunter erfolgt der Datentransfer aber auch auf dem Umweg über die US-Marsorbiter "Mars Odyssey" oder Mars Global Surveyor, die deutlich größere Übertragungsraten zulassen. Schon am Montag präsentiertee die NASA der Öffentlichkeit ein schwarz-weißes Panorama-Bild, das mit 3-D-Technik in den ersten Stunden nach der Landung des Marsmobils am Wochenende aufgenommen wurde. Zu erkennen ist auf dem Foto eine Vertiefung im Vordergrund, in der Experten einen Meteoritenkrater erkennen. In der linken Bildhälfte sieht man übrigens die sehr niedrig stehende Sonne.

Wie die NASA bestätigte, übermittelte gestern auch US-Präsident George W. Bush dem Mars-Team in Pasadena seine telefonischen Glückwünsche. Präsident Bush schließe sich "der Begeisterung aller Amerikaner über die dramatischen Bilder" an, betonte sein Sprecher Scott McClellan in Washington. Derweil soll der JPL-Direktor Charles Elachi unter dem Gelächter der Journalisten in Pasadena gesagt haben, dass er zum Ende des Telefonats mit Bush "auch ein bisschen über die Quantenphysik diskutiert" habe.

Hier kann das Farb-Bild in bester Auflösung runtergeladen werden, hier das Schwarz-Weiß-Bild