"Solidarbeitrag zur Terrorbekämpfung der USA"

In Mexiko nehmen die Proteste gegen US-Polizisten auf Flughäfen zu. Die Regierung Fox hält am Programm fest und will künftig Personendaten von Ausländern erfassen

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Seit Montag ist es soweit: Visumspflichtige Reisende in die Vereinigten Staaten müssen sich in den internationalen Flughäfen des Landes erkennungsdienstlich behandeln lassen. Die Maßnahme des Ministeriums für Heimatschutz soll die Gefahr vor politisch motivierten Anschlägen zurückdrängen. An 115 Flughäfen und 14 Seehäfen werden künftig Fingerabdrücke und computererkennbare Fotos von allen Einreisenden aufgenommen, um sie mit einer zentralen Datenbank abzugleichen. Ausgenommen sind bislang nur Angehörige von 28 Staaten - darunter alle Länder der Europäischen Union - sofern sie sich unter 90 Tagen in den USA aufhalten. Heimatschutzminister Tom Ridge will das System bis Oktober dieses Jahres komplett ausbauen lassen (Wie du mir, so ich dir).

Weitgehend unbemerkt von der internationalen Öffentlichkeit wird an den internationalen Flughäfen des südlich angrenzenden Mexikos ein Kontrollsystem nach US-Vorbild errichtet. Die dortige Bevölkerung ist mit dem "Sicherheitsprogramm" alles andere als einverstanden. Vor allem die dauerhafte Präsenz von US-Polizisten auf mehreren Flughäfen des Landes sorgt für Unmut. Am gestrigen Dienstag wurde bekannt, dass hochrangige Vertreter der konservativen Regierung von Vicente Fox vor dem Parlament des Landes aussagen müssen. Vor Abgeordneten und Mitgliedern der Menschenrechtskommission sollen sie erklären, warum US-Polizisten bei der Kontrolle von Fluggästen aus Mexiko in die USA einbezogen werden.

In Anbetracht des Protestes versuchen Regierungsvertreter abzuwiegeln. Das US-Personal dürfe weder Fluggäste kontrollieren, noch sei es ihnen erlaubt, Flüge abzusagen. Die Kontrollen seien bereits am 24. Dezember eingeführt worden und stellten einen "Solidarbeitrag zur Terrorbekämpfung der USA" dar, sagte ein Regierungssprecher Anfang der Woche. Der starken Ablehnung in der mexikanischen Bevölkerung zum Trotz soll die Präsenz von US-Polizisten "auf unbestimmte Zeit" aufrechterhalten werden, so der Sprecher weiter.

Bei dem gemeinsamen Programm handelt es sich um ein Novum im internationalen Flugverkehr. Aufmerksamkeit hatte das "Sicherheitsprogramm" in der vergangenen Woche erregt, als mehrere Flüge der Fluggesellschaft "AeroMéxico" nach Intervention von US-Sicherheitskräften abgesagt wurden. Ein Flug von Mexiko-Stadt war auf dem Weg nach Los Angeles zurückgerufen worden, die Fluggäste wurden ein zweites Mal kontrolliert. Mexikanischen Tageszeitungen zufolge sollen seit Beginn des Sicherheitsprogramms vor zwei Wochen "mindestens fünf Flüge" storniert worden sein, mehrere Passagierflugzeuge seien von US-Kampfjets bis zur Landung begleitet worden. Auf die Brisanz des Programms deutet auch hin, dass auf Anforderung der US-Behörden ausgewählte Flüge von bewaffnetem Sicherheitspersonal begleitet werden sollen.

Aufmerksamkeit erregte zudem ein neu eingerichtetes System zur Datenerfassung ausländischer Bürger, die nach Mexiko einreisen. Wie in den USA sollen dabei unter anderem Fingerabdrücke, Fotos und Unterschriften der Reisenden erfasst und archiviert werden. Nicht bekannt wurde, was mit den Daten weiter geschehen soll. Kritiker befürchten, dass die Personeninformationen an US-Institutionen übermittelt werden. Das SIOM-System zur Erfassung von Personendaten (Sistema Integral de Operación Migratoria) wird zunächst an den Flughäfen von Guadalajara, Los Cabos, Cancún, Tijuana und Mexiko-Stadt eingerichtet. Über ein Intranet laufen die Daten mit denen der 172 Büros der Migrationsbehörde INM zusammen. Das SIOM-System soll bis Mitte des Jahres auf 16 internationalen Flughäfen eingerichtet werden und binnen zwei Jahren von 95 Prozent der Einreisebehörden verwandt werden.