Amazon.de: Zukünftig mehr Mainstream

Auch beim Dotcom-König Amazon wird rationalisiert - die Kleinen sind die Verlierer

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Amazon war für viele Kleinverlage und Book-on-Demand-Anbieter die Chance, ihre Werke verkaufen zu können, indem sie das Buch auf einer eigenen Website beschrieben und dann einen Link zu Amazon setzten. Das ist nun doppelt unrentabel geworden.

Amazon ist neben Ebay einer der wenigen bis heute anhaltenden Dotcom-Erfolgsstorys. Besonders in Deutschland konnte Amazon.de dabei von der durch die Buchpreisbindung garantierten Marge gut leben und die durch den Verzicht auf ein Ladengeschäft erzielten Einsparungen an Kunden und Werbepartner durch zeitweise kostenlosen Versand von Büchern und mit bis zu 15% durchaus interessanten Provisionen für Werbepartner weitergeben.

Werbepartner waren neben großen Websites auch Privatleute und etliche Autoren, die ihre Bücher so vertrieben: Bücher von Kleinverlagen und Books-on-demand sind zwar auch im normalen Buchhandel bestellbar, jedoch nur in Ausnahmefällen in der Auslage im Geschäft zu finden - hier regiert meist schnell verkäufliche Massenware von Dieter Bohlen bis Hera Lind. Raritäten, die man auch im Laden erst bestellen und später dann auch abholen musste, wurden dagegen gerne per Internet bestellt.

Schon zum 1. April 2003 hat Amazon.de dieses System jedoch abgeschafft: Alle Bücher, die nicht im sogenannten Barsortiment sind, flogen aus dem eigenen Lager und wurden auch nicht mehr geordert. Sie sind zwar noch im Amazon-Katalog aufgeführt, werden jedoch zunächst als "nicht lieferbar" angezeigt und sind nur noch über "Amazon Marketplace" zu bekommen, dem neu eingerichteten, ursprünglich für Gebrauchtbücher gedachten Dienst.

Verlage und Autoren beliefern nun also nicht mehr Amazon, sondern direkt die Besteller und müssen die Bücher dazu auch regelmäßig selbst in Amazon Marketplace eintragen. Das spart Amazon Portokosten, da diese Bücher im Extremfall wirklich einzeln von den Verlagen angefordert und dann von Amazon weitergeschickt wurden. Doch erkennen die Käufer oft die Marketplace-Funktion nicht - die Verkäufe von auf diese Art angebotenen Books on demand ging teilweise auf ein Zehntel zurück, was auch daran gelegen haben mag, dass Marketplace-Artikel nicht provisioniert und deshalb auf vielen Websites prompt nicht mehr verlinkt wurden. Im Herbst 2003 wurde mit 2,5% auch für Marketplace eine Provision eingeführt, was sich jedoch kaum herumsprach: Was auf den Webseiten einmal rausgeflogen war, blieb weiter draußen, zumal das Angebot bis Ende des Jahres befristet war

Neujahrsüberraschung wird erst jetzt bekannt gegeben

Wer als Amazon-Partner in den letzten Tagen seine Provisionsabrechnung untersucht hat, wird sich jedoch über neu mit 7,5% auftauchende Positionen gewundert haben. Dafür waren die bislang für Bücher maximal möglichen 15% nicht mehr zu finden. Der Grund: Seit 1.1.2004 gelten neue Provisionssätze - am Abend des 8.1.2004 wurden die Partner davon auch informiert. Die bis zu 15% für Bücher sind nun Vergangenheit. Stattdessen gilt folgende neue Regel:

Standardprovision sind 5%, Direktlinks können zusätzliche 2,5% erbringen, Promotionlinks beispielsweise zu Feiertagen 1%. Links zu nur über Amazon Marketplace erhältlichen Büchern, die Amazon also zwar im Katalog, jedoch nicht im eigenen Lager hat, werden weiterhin mit 2,5% vergütet, wenn der Amazon-Werbepartner sich für das "gestaffelte Modell" entscheidet: Bei geringen Umsätzen werden hier jedoch nur 4 statt 5% ausgezahlt, die sich beim Verkauf mehrerer 1000 Artikel bis auf 6,25% steigern können. Dazu dürfen aber nicht nur Bücher, CDs, Videos und DVDs verkauft werden, sondern auch neue Rubriken wie Küchenartikel, Elektronik und Foto, Software oder Zeitschriftenabos.

Gut ist das für Webseiten, die sich mit Kochrezepten beschäftigen: Zum Buch kann nun gleich noch das passende Arbeitswerkzeug empfohlen werden. Allerdings ist bei diesen Artikeln die Provision "gedeckelt": Auch wenn eine 1000 Euro teure Kamera gekauft wird, mehr als 10 Euro werden nicht ausgezahlt. Und eigene Käufe werden auch weiterhin nicht provisioniert. Bis zum 26. Januar kann man sich noch für das gestaffelte Modell entscheiden, das ganz klar eher großen Webseiten etwas bringt und für kleine Webmaster eher schädlich ist.

Auf Amazon verweisende Bücherwebseiten werden sich über die neuen Konditionen ärgern, bei denen sie nur noch die Hälfte bekommen können, CD- und DVD-Shops dagegen freuen, da hier nun bis zu 50% mehr Provision möglich sind. Wer als Autor seine Bücher über Amazon-Marketplace selbst verkaufen will, wird ebenfalls keine Provision erhalten, wenn er nicht auf das gestaffelte System umstellt. Das wiederum ist nicht für Anbieter gedacht, die hauptsächlich ein oder wenige bestimmte Bücher verkaufen wollen und dann vielleicht noch Freunde und Verwandtschaft auf die Seite schicken. Für eigene Käufe gab es übrigens noch nie Rabatt, da dies die Buchpreisbindung unterlaufen würde.

Das neues Provisionssystem. Gut für Großverlage und Webportale

Im Endeffekt entwickelt es sich bei den Provisionen nun wie mit dem Sortiment: Für große Verlage und Webseiten ist das neue System ein Vorteil, die Kleinen kommen dafür schlechter weg als bisher. Betriebswirtschaftlich ist es für Amazon natürlich von Vorteil, mit wenigen großen statt vielen kleinen Partnern auf Verlags- und Internetseite zusammen zu arbeiten.

Die Vielfalt des Angebots wird so jedoch auf lange Zeit leiden und gerade kleine, mit Liebe gemachte Webseiten haben Surfer oft zu ihrem ersten Online-Buchkauf verleitet und Hemmungen abgebaut, während große Massenportale hier eher wenig Interesse auslösen. Da außerdem gerade für kleine Webseiten die potentielle Abmahngefahr durch die wegen der Amazon-Links nun als "geschäftsmäßig" eingestuften Website die paar Euro mögliche Provision mehr als aufwiegt, dürften viele Seiten reine Bücherlinks in 2004 wieder einstellen.