"Lass uns Sex haben!"

Die Nerven liegen blank: Übergriffe auf Reuters-Journalisten im Irak durch US-Militärs

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Sie seien brutal behandelt worden, erniedrigt und eingeschüchtert. Man habe ihnen Tüten über den Kopf gestülpt und damit gedroht, dass sie nach Guantanamo Bay geschickt werden. "Lass uns Sex haben!" sollen die Soldaten den festgenommenen irakischen Reuters-Journalisten ins Ohr geflüstert haben. "Was passiert dann erst mit den gewöhnlichen Irakis?", fragt sich einer der Opfer.

Wie der Guardian in der heutigen Ausgabe berichtet, hat die Nachrichten-Agentur Reuters, bei der die zwei irakischen Kameramänner und der Fahrer beschäftigt sind, eine "formelle Beschwerde" beim Pentagon eingelegt.

Die Journalisten hatten Anfang Januar in Falludscha am Ort eines Helikopterabsturzes, bei dem ein US-Soldat ums Leben kam, gefilmt und waren erst von US-Soldaten beschossen und danach festgenommen worden. Das US-Militär hatte in einer ersten Stellungnahme behauptet, dass die Reuters-Journalisten als "feindliche Personen (enemy personnel)" betrachtet wurden, die Schüsse auf US-Truppen abgefeuert hätten, weswegen man sie auch 72 Stunden lang festgehalten habe - unter beschämenden Bedingungen und mit fragwürdigen Verhörmethoden: so habe man einem der Gefangenen einen Schuh in den Mund gesteckt. Die Journalisten mussten stundenlang mit erhobenen Armen stehen.

Sie wurden brutal behandelt, ihnen wurde drei Tage lang fürchterliche Angst bereitet, sie wurden erniedrigt. Das war harter Stoff. Mentaler und physischer Missbrauch.

Bislang, so der Guardian, habe sich das US-Militär noch nicht entschuldigt. Nach Aussagen des verantwortlichen Generals der 82ten Airborne Division, deren Soldaten die Journalisten festgenommen haben, habe er beschworene Beweise, dass die Soldaten unter Beschuss gewesen seien. Der General konzedierte jedoch, dass die Soldaten manchmal "Schnappschuß-Urteilen" unterlägen.

Die Journalisten beteuerten, dass sie alle schusssichere Westen mit dem deutlich erkennbaren Aufdruck "Presse" getragen hätten.

Während der Sprecher von Reuters dem Guardian gegenüber bestätigte, dass letzten Freitag eine offizielle Beschwerde an das Pentagon verschickt wurde, legte die amerikanische Presse-Sprecherin der Koalitionstruppen den Telefon-Hörer auf, als sie von der britischen Zeitung nach einem Kommentar gefragt wurde.

Auch wenn es gute Gründe gibt, weshalb die Nerven der US-Soldaten gerade bei Einsätzen im sunnitischen Dreieck blank liegen, umso mehr, wenn sie dort postiert sind, wo gerade einer der ihren durch einen Anschlag aus dem Hinterhalt ums Leben kam - es bleibt zu hoffen, dass entgegen der bisherigen Politik der US-Militärbehörden und deren Deckmantel-Usancen dieser Fall tatsächlich von den US-Militärbehörden genauer untersucht wird.