Italien: Zwangsdatenspeicherung bis zu fünf Jahren

Neues Berlusconi-Dekret löst bei Datenschützern schwere Bedenken aus

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Just zu Weihnachten wurde in Italien ein Dekret zur verpflichtenden Speicherung von Telefonie- und Internetdaten zu bestimmten Zwecken der Strafverfolgung für mindestens 30 Monate und in besonderen Fällen sogar bis zu fünf Jahren erlassen. Die italienischen Datenschutzbeauftragten sehen darin einen schweren und europaweit einzigartigen Eingriff in die Privatsphäre der Bürger.

Das Dekret Nr. 354 vom 24. Dezember 2003 wurde laut einem Bericht der Bürgerrechtsorganisation Statewatch vom italienischen Ministerrat mit der dringenden Notwendigkeit einer Regelung der Speicherung von Verbindungsdaten begründet, um den Verlust von Daten für bestimmte Zwecke der Strafverfolgung zu verhindern.

Die "Dringlichkeit" ergab sich für die italienische Regierung offensichtlich aus dem bevorstehenden Inkrafttreten eines neuen "Privacy Codes" am 1. Januar 2004. Danach sollen bestimmte Verbindungsdaten 30 Monate lang und Daten mit Rechnungsdetails überhaupt nur für sechs Monate von den Serviceprovidern gespeichert werden dürfen. Außerdem wäre in der neuen Privacy-Regelung die Vernichtung älterer Datenbestände vorgesehen. Laut Statewatch würden nun aber Daten aus den Jahren 1999, 2000 und teilweise Daten aus dem Jahr 2001 weiterhin aufbewahrt. Zugriff auf die Daten bekämen Strafverfolgungsbehörden und Strafverteidiger laut Statewatch allerdings nur mit richterlicher Genehmigung.

Die italienischen Datenschutzbeauftragten gaben eine knappe, aber eindeutig ablehnende Stellungnahme zu dem Dekret heraus. Die Bestimmungen würden verbürgte Grundrechte wie etwa das Recht auf freie Meinungsäußerung gefährden. Die Behörde vertraue allerdings auf die genaue Prüfung des Dekrets durch das Parlament. Inwieweit das Parlament noch Möglichkeiten hat, die Bestimmungen zu Fall zu bringen, geht aus der Pressaussendung nicht hervor.

Der Generalsekretär der Datenschutzbeauftragten, Giovanni Buttarelli, ließ in einer Stellungnahme gegenüber "Il Sole 24 Ore" kein gutes Haar an dem Berlusconi-Dekret. Kein Land der Welt hätte derart scharfe Bestimmungen. Selbst nach dem 11. Septmber 2001 hätten Länder wie Deutschland, Frankreich, Spanien und Belgien eine Datenspeicherung von maximal einem Jahr eingeräumt, so Buttarelli. Er warf auch die Frage auf, wie der sorgfältige Umgang bei der Verwaltung solcher Datenmengen kontrolliert beziehungsweise überhaupt gewährleistet werden könnte.