Zwischenwelten

Neue Forschungen zu den geheimnisvollen Braunen Zwergen

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Braune Zwerge waren bis vor knapp zehn Jahren noch reine Theorie. Erst im Jahr 1995 konnte eine dieser Zwischenwelten, die die Lücke zwischen Riesenplaneten und den kleinsten Sternen füllen sollten, tatsächlich beobachtet werden. Seitdem haben sich Braune Zwerge zu einem spannenden Forschungsgebiet der Astronomie entwickelt.

Zwei Artikel in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Science skizzieren den gegenwärtigen Kenntnisstand über die rätselhaften Objekte. Insgesamt sind mittlerweile etwa 300 bekannt. Die für die kurze Zeit seit dem ersten Nachweis doch recht beachtliche Zahl verdankt sich den in den letzten Jahren deutlich verbesserten Beobachtungstechniken, insbesondere im Infrarotbereich. Denn aufgrund ihrer niedrigen Temperaturen, die 2000 Kelvin nicht übersteigen, haben Braune Zwerge nur eine geringe Leuchtkraft. Im Bereich des sichtbaren Lichts strahlen sie praktisch überhaupt nicht. Hinzu kommt, wie Katharina Lodders von der Washington University in St. Louis schreibt, "dass ihre äußeren Atmosphären reichlich Moleküle wie Wasser, Kohlenmonoxid, Methan und Ammoniak enthalten, die das von innen ausgestrahlte Licht absorbieren."

Braune Zwerge sind zu klein, um die Verschmelzung von Wasserstoffkernen zu Helium zu bewirken. Dafür ist eine Zusammenballung von Masse in der Größenordnung vom 75-fachen der Jupitermasse erforderlich. Dann erst ist die Schwerkraft so gewaltig, dass sie die abstoßenden Kräfte der Atomkerne überwindet. Das 13-fache der Jupitermasse reicht immerhin noch aus, um mit dem schweren Wasserstoff Deuterium das nukleare Sternenfeuer zu entfachen. Die dabei freigesetzte Energie, so Lodders, sei allerdings nur "ein Lagerfeuer" im Vergleich zum Inferno der Wasserstoff-Fusion und sei nach weniger als 100 Millionen Jahren erschöpft:

Der Großteil der Energie, die von einem Braunen Zwerg während seiner Lebensdauer freigesetzt wird, stammt aus der Gravitationsenergie, die er während seiner Formation und Kontraktion gewonnen hat.

Bei den Theorien, die die Entstehung Brauner Zwerge erklären sollen, neigt sich die Waagschale, Ray Jayawardhana zufolge, zu der Annahme eines prinzipiell ähnlichen Prozesses wie bei gewöhnlichen Sternen: Demnach gingen sie aus der turbulenten Fragmentation und Kontraktion vom Molekülwolken hervor. Der Astronom von der University of Michigan, Ann Arbor, räumt aber ein, dass es noch zu früh sei, das alternative Entstehungsszenario ganz auszuschließen, wonach Braune Zwerge durch Gravitationskräfte aus neu entstandenen Mehrfachsternsystemen heraus katapultiert werden, bevor sie selbst genug Masse angesammelt haben, um "richtige Sterne" zu werden. Weitere Beobachtungen seien notwendig.

Die können nicht nur zur Aufklärung der Entstehung dieser exotischen Himmelskörper beitragen, sondern auch neue Erkenntnisse über unser eigenes Sonnensystem bringen. "Der vielleicht ungewöhnlichste Aspekt der Atmosphären von Braunen Zwergen", schreibt Lodders, "ist das Vorhandensein von Wolken." Die sind, ähnlich wie beim Jupiter, geschichtet. So bestehen die Jupiterwolken ganz außen aus Wasser, Ammoniumhydrogensulfid und Ammoniak. Darunter liegt eine Schicht aus Alkalihalogeniden und Sulfiden, gefolgt von Silikaten und Eisen. Ganz unten finden sich schließlich nur noch hitzebeständige, keramische Stoffe. Bei Braunen Zwergen fehlen jedoch eine oder mehrere dieser äußeren Schichten, je nach deren Größe und Temperatur. "Die Betrachtung immer heißerer Brauner Zwerge ist daher wie das Betrachten immer tieferer Regionen der Jupiteratmosphäre", meint Lodders.

Um auf diese Weise ein stufenloses, virtuelles Abtauchen in die Atmosphäre Jupiters zu ermöglichen, muss aber zunächst noch eine Beobachtungslücke geschlossen werden. Bislang sind keine Braunen Zwerge mit Temperaturen unter 800 Kelvin bekannt. Jupiters Temperatur liegt dagegen bei etwa 125 Kelvin. Sowohl Lodders als auch Jayawardhana sind allerdings zuversichtlich, dass das kürzlich in Betrieb genommene Spitzer Space Telescope die gewünschten Daten liefern wird.