"Spirit" rollt - "Opportunity" im Landeanflug

Mars Exploration Rover-Mission (MER) nähert sich Höhepunkt - "Spirit" schießt erstes mikroskopisches Bild von der Oberfläche eines außerirdischen Planeten

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Der NASA-Roboter "Spirit" hat knapp zwei Wochen nach der Landung auf dem Mars seine erste Exkursion begonnen. Er rollte am Donnerstagmorgen von der Plattform, auf der er seit seiner Landung ausgeharrt hatte, und legte auf dem Marsboden drei Meter zurück. Inzwischen hat "Spirit" schon 4.000 Bilder zur Erde geschickt. Einige davon zeigen die verlassene Landeplattform, die der Rover zum Abschied aufgenommen hatte. Auch wenn "Spirit" derweil in Parkstellung ist und auf weitere Befehl von daheim wartet, läuft sein wissenschaftliches Programm bereits auf Hochtouren. So hat das Geländefahrzeug in Zusammenarbeit mit "Mars-Express" atmosphärische Analysen angestellt und gestern sogar das erste mikroskopische Bild von der Oberfläche eines fremden Planeten aufgenommen. Unterdessen nähert sich die MER-Mission ihrem Höhepunkt. Nächsten Samstag (nach US-Zeit) landet der zweite Rover auf dem Mars.

Sol 12: Spirit ist zum ersten Mal ausgefahren. Alle Bilder: Nasa

Spirit, der gute Geist der ersten erfolgreichen amerikanischen Marslandung des dritten Jahrtausends, ist noch nicht von allen guten Geistern verlassen worden. Während Beagle 2 beharrlich schweigt und mit ihm (wenn überhaupt) frühestens am 22. Januar die theoretisch nächste und praktisch erste Kontaktaufnahme möglich wäre, ist der Mars-Roboter "Spirit" mit dem Roten Planeten jetzt auf direkte Tuchfühlung gegangen.

Drei Meter in 78 Sekunden

Am Donnerstag rollte der kleine mobile Roboter mit seinen sechs Rädern insgesamt 78 Sekunden lang das erste Mal über den holprigen Marsboden. Dabei legte das Gefährt drei Meter zurück, entfernte sich dabei aber nur 80 Zentimeter vom Lander. Für die Projektingenieure und Forscher im Kontrollraum des Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA im kalifornischen Pasadena war dies zwei Wochen nach der Landung der NASA-Sonde ein weiterer Grund, die Sektkorken knallen zu lassen.

Noch ausgelassener könnte die Stimmung allerdings werden, wenn der zweite Rover nächsten Samstag (US-Zeit), der im Anflug auf den Mars befindliche baugleiche Marsroboter "Opportunity", wie vorgesehen auf der anderen Seite des Roten Planeten in der Meridiani-Planum-Ebene landet.

Ursprünglich sollte das Roll-out Manöver schon Anfang der Woche stattgefunden haben. Da aber eines der bei der Landung eingesetzten Luftkissen die Auffahrt zum Lander versperrt hatte, musste "Spirit" zunächst einmal um 180 Grad gedreht werden, bevor das Robotergefährt über die gegenüberliegende Rampe herabfahren konnte. Nunmehr steht dem kleinen Rover ein hartes wissenschaftliches Arbeitsprogramm bevor. "Spirit ist jetzt bereit, seine Forschungs- und Entdeckungsexpedition anzutreten. Wir haben jetzt sechs Räder im schmutzigen Marsboden", betont Charles Elachi, der Direktor des JPL. Ähnlich drückt dies Prof. Steven Squyres, der Projektleiter für die wissenschaftlichen Instrumente der beiden Mars Exploration Rover aus, der wöchentlich sehr emotional über den aktuellen Stand der Mission berichtet: "We've done it. Spirit is on Mars. We've got six wheels in the dirt now, and we're ready to roll."

"Spirits" wissenschaftliches Programm läuft auf Hochtouren

Auch wenn "Spirit" schon knappe drei Meter zurückgelegt hat, wird er noch so lange in Wartestellung verweilen, bis die NASA-Wissenschaftler anhand des Fotomaterials näheres über die chemischen und mineralogischen Verhältnisse der betreffenden Mars-Region in Erfahrung gebracht haben. Schließlich soll "Spirit" nur die interessanten Ziele ansteuern - und dazu zählen gleich mehrere kleinere Felsenformationen in der näheren Umgebung.

Reiseziel Sleepy Hollow

Sicher ist, dass der kleine Roboter den etwa 100 Meter entfernt gelegenen Krater Sleepy Hollow erkunden wird. Und danach soll er eventuell ins Gebirge rollen oder zumindest in Richtung auf die am Horizont erkennbaren Hügel, vorausgesetzt, seine Kräfte reichen für einen derartigen langen Marsch aus.

Derweil hat "Spirit" sein wissenschaftliches Programm aufgenommen. Einerseits hat das beflissene Gefährt bislang schon 4.000 Bilder aufgenommen und zur Erde gefunkt und über Infrarot Messungen von Temperatur und Zusammensetzung des umliegenden Gesteins vorgenommen. Andererseits hat "Spirit" sogar mit der vermeintlichen Konkurrenz von Mars Odyssey und Mars Global Surveyor kooperiert: sprich mit "Mars-Express".

roboterarm von Spirit mit der Mikroskopkamera

Im Rahmen einer wissenschaftlich äußerst interessanten Zusammenarbeit zwischen der NASA und ESA nutzte der "Mars Express"-Orbiter die Gunst der Stunde und flog in rund 300 Kilometer Höhe über "Spirit" hinweg. Nicht ohne Grund, denn auf diese Weise konnten die Forscher hüben wie drüben des Atlantiks erstmals die Mars-Atmosphäre zur selben Zeit am selben Ort von der Marsoberfläche und von einer Marsumlaufbahn analysieren. "Das ist eine historische Gelegenheit", freute sich Ray Arvidson von der Washington University, der als Missionswissenschaftler für die Instrumente an Bord von "Spirit" und "Opportunity" verantwortlich ist. "Die Absicht besteht darin, Beobachtungen von oben und unten zur selben Zeit durchzuführen, um die Dynamik der Atmosphäre bestmöglich zu erforschen."

Bei der Observation fokussierte sich der Rover logischerweise primär auf die untere Atmosphärenschichten, wobei der Mars-Express-Orbiter sich - bedingt durch die Ausrichtung seiner Bordinstrumente - auf die Analyse der oberen Luftschichten beschränkte.

Erstes mikroskopisches Bild von der Oberfläche eines fremden Planeten

Fraglos spektakulär ist eines der ersten Bilder, das der Rover unmittelbar nach dem Verlassen des Landers machte und das erst gegen 11:00 Uhr (MEZ) beim Jet Propulsion Laboratory (JPL) eintraf. Auf diesem sind zum einen die beiden auf dem Marsboden rollenden Hinterräder des Rovers, zum anderen das in den Marsboden gedrückte Profil der Räder und im Hintergrund das nunmehr "funktionslose" Landegerät deutlich zu sehen.

Erstes mikroskopisches Bild vom Marsboden

Bei alledem hat "Spirit" gestern zum ersten Mal seinen Greifarm so positioniert, dass es zu einer leichten Berührung mit dem Marsboden kam (siehe Bild). Dabei nahm eines seiner vier Instrumente, der am Ende des Roverarms montierte Microscopic Imager, ein noch spektakuläreres Bild als das Rover-Foto vom Donnerstag auf. Eines, das die erste mikroskopische Aufnahme von der Oberfläche eines fremden Planeten und folglich das bis auf dem heutigen Tag in punkto Auflösung beste Bild des Marsbodens ist. "Wir benutzten zum ersten Mal den Greifarm und machten gleich das erste mikroskopische Bild von der Oberfläche eines fremden Planeten", freut sich Dr. Mark Adler, der JPL-Mission-Manager der "Spirit".

"Opportunity" landet auf Meridiani Planum

Momentan läuft auch bei dem zweiten im Bunde alles nach Plan, absolvierte doch "Opportunity" gestern ein weiteres Korrekturmanöver mit Bravour. Jim Erickson, seines Zeichens Missions-Manager am JPL, ist auf jeden Fall voller Optimismus: "We're on target for our date on the plains of Meridiani next Saturday with a healthy spacecraft."

Dem baugleichen Zwillingsbruder "Opportunity" (MER-B), der nach amerikanischer Zeit am nächsten Samstag (24. Januar) um 9:05 p.m. (PST) auf der anderen Seite des Mars in der Meridiani-Planum-Ebene rund zwei Grad südlich des Äquators aufsetzen soll, steht das gleiche Manöver wie "Spirit" bevor. Ebenso wie bei "Spirits" Landestelle hat die NASA auch in der Meridiani-Planum-Ebene zuvor große Mengen oxidierten Eisens detektiert, die auf eine frühere Existenz von Wasser hinweisen. Daher soll "Opportunity" in dieser Region drei Monate lang in einem Umkreis von bis zu 500 Meter Gesteinsproben sammeln und die Umgebung nach Wasser untersuchen, dabei bis April 2004 pro Marstag (etwas mehr als 24 Erdstunden) rund 40 Meter zurücklegen.

Wie "Spirit" besitzt auch "Opportunity" einen 1,40 Meter hohen Mast, an dem zwei Navigationskameras installiert sind, mit denen eine dreidimensionale Erfassung der Umgebung möglich ist. An der Spitze des in der Horizontalen operierenden sogenannten Titanium-Arms befinden sich gleich vier Messinstrumente: eine Kamera, die Nahaufnahmen des Bodens liefert, ein Mössbauer-Spektrometer, das Gestein auf Eisenpartikel untersucht, ein Röntgenspektrometer und eine Art Hammer, mit der die obersten Krusten von Felsen abgeschabt werden können und eine stabförmige Antenne, die die Kommunikation mit den Marssonden im Orbit bzw. mit der Erde gewährleisten soll.