Erster Nachweis von Sauerstoff und Kohlenstoff bei Exoplaneten

Beim Exoplanetem Osiris fanden Astronomen Sauerstoff und Kohlenstoff, aber Leben ist dort sehr unwahrscheinlich

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Ein internationales Forscherteam hat erstmalig Sauerstoff und Kohlenstoff in der Atmosphäre eines extrasolaren Planeten nachgewiesen. Wie die Astronomen in dem e-Print Archiv "Arxiv.org" berichten, besitzt der seit 1999 bekannte Exoplanet HD 209458b im Sternbild Pegasus eine ausgedehnte Gashülle, die von seinem Stern aufgeheizt wird. Dadurch reißen Wasserstoff-Atome Sauerstoff- und Kohlenstoff-Atome mit ins Weltall und machen sie so für die Astronomen sichtbar. Leben ist nach Ansicht der Forscher auf Osiris jedoch nicht möglich, da seine Oberflächentemperatur durchschnittlich 1000 Grad Celsius beträgt. Immerhin gibt es dank Osiris nunmehr eine neue Exoplaneten-Klasse: die "Chthonian Planets".

Der Mutterstern und Osiris, der sukzessive seine Atmosphäre verliert, in der jetzt erstmals Sauerstoff und Kohlenstoff. Bild: ESA und Alfred Vidal-Madjar detektiert wurden."

Auf der Suche nach Leben im All ist den Astro-, Exo-, Kosmo- und Xenobiologen sowie Bioastronomen respektive Planetenjägern mithilfe des hochbetagten, von der NASA "vorläufig" (die Diskussion über das weitere Schicksal von Hubble ist derweil in vollem Gange) zum Absturz freigegebenen, aber immer noch sehr wirkungsvollen Hubble-Weltraumteleskops ein Fund der Extraklasse gelungen. Erstmals konnten diese in der Atmosphäre eines extrasolaren Planeten Sauerstoff und Kohlenstoff nachweisen, also jene Art von Ingredienzien, die zumindest für die Heranbildung von terrestrischem Leben eine im wahrsten Sinne des Wortes "elementare" Bedeutung haben und Voraussetzung sind.

Lebensfeindlicher Gasriese

Allerdings ist nach Ansicht der Wissenschaftler davon auszugehen, dass sich auf dem nur 150 Lichtjahre von der Erde entfernten Exoplaneten mit der Registriernummer HD 209458b "erdähnliche" Lebensformen nicht eingenistet haben. Die geringe Nähe des Sterntrabanten zu seiner Muttersonne spräche eindeutig dagegen.

Tatsächlich umkreist der im Sternbild Pegasus eingebettete Planet seinen gelblichen sonnenähnlichen Heimatstern mit einem Abstand von "nur" 6,9 Millionen Kilometer (mittlere Distanz Erde-Sonne: ca. 150 Millionen Kilometer).

Im Vergleich zu seinen exoplanetaren "Kollegen" gilt der Sterntrabant mit gerade mal 70 Prozent der Jupitermasse zudem als relativ klein. Gleichwohl benötigt der Gasplanet, auf dessen Oberfläche Temperaturen von um die 1.000 Grad Celsius herrschen, für einen Umlauf um sein Muttergestirn nur 3.528 Erdtage.

Künstlerische Darstellung der Athmophäre von HD 209458b. Bild: Bild: ESA und Alfred Vidal-Madjar

Nach Ansicht von Alfred Vidal-Madjar vom Institut dAstrophysique in Paris unterstreicht der aktuelle Nachweis von Sauerstoff und Kohlenstoff auf einem extrasolaren Planeten die Leistungsfähigkeit der gegenwärtigen Observation-Methodik, mit der nach den Voraussetzungen für Leben auf fremden Planten auch über große Entfernungen hinweg gefahndet werden kann. Bedeutsam sei die Entdeckung insbesondere für die Astrobiologie, da dort die Anwesenheit von Sauerstoff als möglicher Indikator von Leben gewertet werde, vor allem dann, wenn Sauerstoff zusammen mit Kohlenstoff auftauche.

Keine große Überraschung

Auf jeden Fall zeigt sich Chefwissenschaftler Vidal-Madjar vor allem von der Dynamik des erdnahen Gasriesen beeindruckt. Denn abgesehen von der kurzen Umlaufzeit um seinen Heimatstern schleudert HD 209458b aufgrund seiner hohen Oberflächentemperatur große Mengen an Wasserstoff mit einer Geschwindigkeit von rund 35.000 Kilometer pro Stunde ins All hinaus. Dabei heizt die Strahlung des Sterns die obere Atmosphäre von HD 209458b auf rund 10.000 Grad auf. Dadurch wird die Bewegungsenergie der leichten Wasserstoff-Atome so groß, dass sie ins Weltall entweichen können. Und genau dabei reißen sie offenbar einen Teil der schwereren Atome mit sich.

"Natürlich hört sich das spannend an - die Möglichkeit von Leben auf Osiris", sagt Vidal-Madjar vom Astrophysikalischen Institut in Paris. "Aber es ist keine so große Überraschung, weil Sauerstoff auch auf den großen Planeten unseres Sonnensystems vorhanden ist, wie Jupiter und Saturn." Überraschend sei hingegen nur, dass man das Sauerstoff und Kohlenstoff auf Osiris - die beiden Substanzen umgeben HD 209458b in einer ellipsenartigen Atmosphäre, die einem Rugbyball gleicht - in so großer Höhe angetroffen habe, so Vidal-Madjar. Denn auf Jupiter und Saturn kommen die Elemente nur in den tieferen Atmosphärenschichten in Verbindungen wie Methan oder Wasser vor.

Simulation der Wasserstoffabgabe von Osiris beim Vorbeiflug an der Sonne. Grafik: Jérémie Vidal-Madjar

Da bei Osiris Sauerstoff und Kohlenstoff in ihrer atomaren Form in den oberen Atmosphärenbereichen gebunden sind, deutet dies darauf hin, dass die Lufthülle des Planeten sukzessive abnimmt. Damit bestätigt sich zugleich eine frühere Annahme der Astronomen, die schon seit langem davon ausgehen, dass Planeten eines solches Typs, die ständig einem starken Sonnenwind ausgesetzt sind, zwangsläufig ihre Atmosphäre verlieren. Und Osiris bestätigt dies jetzt par excellence.

Observation basierte auf Transit-Methode

Immerhin verdankt Osiris seinen mythologischen Namen diesem Vorgang. Schließlich verlor sein "Namensvetter", der ägyptische Gott der Unterwelt und Fruchtbarkeit, einstmals einen Teil seines Körpers (wie der Exoplanet), nachdem sein Bruder ihn getötet und in kleine Teile zerstückelt hatte, um seine Rückkehr ins Leben zu verhindern.

Die aktuellen Hubble-Beobachtungen, die im Oktober und November 2003 durchgeführt wurden, basieren auf der so genannten Transit-Technik. Bei dieser Methode "fokussiert" sich das Weltraumteleskop nicht mehr auf den gravitationsbedingten Tanz der Sterne, sondern auf Planeten, die vor ihrem jeweiligen Heimatstern vorbeiziehen. Als Osiris gewissermaßen zwischen dem Hubble-Weltraumteleskop und seiner Muttersonne stand, schwächte sich das von HD 209458 ausgesandte Licht geringfügig ab, aber immer noch stark genug, um den unsichtbaren Planeten "sichtbar" zu machen. Diese Methode funktioniert aber nur, wenn der anvisierte Stern und der extrasolare Planet sowie die Erde in einer Linie stehen.

Trifft dann das von dem Stern ausgesandte Licht auf einen Planeten mit einer Atmosphäre (wie bei Osiris), wird das Licht von derselbigen gefiltert. Genau diesen Effekt machte sich der STIS-Spektrograph an Bord von Hubble zunutze, indem er das Licht in seine einzelnen Farbbestandteile zerlegte und dabei die spezielle Lichtsignatur, gewissermaßen den Fingerabdruck des Sauerstoffs und Kohlenstoffs registrierte.

"The Chthonian Planets"

Aufgrund des charakteristischen Verdampfungsprozess des extrasolaren Gasriesen ordnen die Forscher den Gasriesen einer völlig neuen Klasse von Exoplaneten zu: den "Chthonian Planets", also höllischen Planeten. Zu dieser zählen all jene Sterntrabanten, die als Überbleibsel solcher "verdampften" Gasriesen ihren Zentralstern in direkter Nähe umkreisen. Nach Ansicht der Astronomen haben wohl auch die Erde und die Venus in der Frühzeit des Sonnensystems auf diese Weise einen Teil ihrer ursprünglichen Atmosphäre verloren.

Es ist eine einmalige Situation, dass wir die planetare Verdampfung direkt beobachten können. Es wurde bereits spekuliert, ob nicht auch Venus, Erde und Mars ihre gesamte ursprüngliche Atmosphäre in ihrer frühen Entwicklungsgeschichte verloren haben könnten. Ihre aktuellen Atmosphären haben ihren Ursprung in Asteroiden- und Kometeneinschlägen und in vulkanischen Gasausbrüchen.

Videl-Madjar

Osiris, der bis vor kurzem nur als HD 209458b von sich reden machte, war in der Vergangenheit stets für Überraschungen gut. Einerseits war er der erste Exoplanet, der beim Transit, also beim Vorbeziehen an seiner Heimatsonne, in flagranti "erwischt" wurde, andererseits war er der erste seiner Art, bei dem eine Atmosphäre nachgewiesen werden konnte. Zugleich gelang bei dieser und einer weiteren Observation erstmals der Nachweis von Natrium und Wasserstoff in der Atmosphäre dieser erdnahen und doch fernen, fremden Welt.

Alfred Vidal-Madjar vom Institut dAstrophysique de Paris in Frankreich wird über diese Entdeckung in der nächsten Ausgabe der "Astrophyical Journal Letters" berichten.