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Die Methoden des Suchmaschinenspammings

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Mit allzu kreativen Marketingmethoden fiel die Firma Nutzwerk schon öfter auf. So deckte Telepolis im vergangenen Jahr auf, wie User über einen vermeintlichen Anonymitätstest in die Irre geführt wurden (vgl. "Kopiergeschützte Inhalte? auf Ihrem PC vorhanden"). Ein Leser machte uns jetzt auf einen anderen Coup aufmerksam, der ebenso nach hinten losgehen könnte: Nutzwerk versuchte Kunden mit Sprüchen wie "Scheiss Juden" zu ködern. Der Geschäftsführer bestreitet das - doch die Fakten sprechen dagegen.

Sucht man auf Google nach "Scheiss Juden" erhält man derzeit als ersten Treffer die Seite des Leipziger Unternehmens, das sein Produkt SaferSurf anpreist. Mehr noch: bis letzte Woche fand sich dazu noch eine Adword-Anzeige, die Usern, die nach "Scheiss Juden" suchte, den SaferSurf unter anderem als Anonymisierungsdienst anpries. Aufgrund der Nachfrage durch Telepolis löschte Google diese und weitere Textanzeigen.

Rene Holzer, Geschäftsführer von Nutzwerk, räumt auf Nachfrage ein, dass die Seiten seiner Firma "optimiert" seien und dass Nutzwerk bei Google das Keyword "Scheiss" gebucht hat. Für das Google-Ergebnis bei der Suche nach "Scheiss Juden" hat er aber eine andere Erklärung zu bieten.

Wir haben auf unseren Servern Skripte, die den Fehler 404 (Seite nicht gefunden) behandeln. Geben Sie zum Beispiel ein, ist diese Seite zwar nicht auf unserem Server, aber ueber das Abfangen des Fehlercodes 'Seite nicht gefunden' werden Sie auf Standardseiten geleitet.

Verlinkt jetzt eine andere Website wissentlich, zum Beispiel ich-kann-nutzwerk-nicht-leiden.de, oder unwissentlich, zum Beispiel in Foren, auf eine nicht vorhandene Seite, nimmt trotzdem der Spider an diese Seite existiert und fordert diese von unserem Server. Auch jetzt wird unser Abfangmechanismus aktiv und liefert dem Spider eine Standardseite. So kommen Seiten in den Index, die nicht vorhanden sind.

Also alles nur ein Missverständnis oder gar eine Verleumdungskampagne? Sind die 51.000 Google-Treffer nur auf falsche Links und ein katastrophales Versagen des Google-Spiders zurückzuführen, der einfach nicht merkt, dass er auf Standardseiten weitergeleitet wurde? Mitnichten. Denn der Spider kann sehr wohl mit Weiterleitungen umgehen. Und er indiziert nur tatsächlich vorhandene Inhalte.

Die Suchmaschine zeigt auch den vermeintlich relevanten Textausschnitt an:

... 2003, S. 22: ( scheiss juden ) SaferSurf.com bringt langsame ( scheiss juden ) Internet-Zugänge auf Touren und schützt vor Viren und sonstigen Datenschrott. ...

Ruft man den angegebenen Link selbst auf, gelangt man auf eine Nutzwerk-Seite, die nichts mit diesen Inhalten zu tun hat. Die Lösung ist einfach: Der Webserver sortiert User und Spider auf verschiedene Seiten. Den Googlebot zum Beispiel ließ er auf die "Scheiss Juden"-Seite, Netscape-Nutzer sehen nur eine normale Produktseite. Wenn man dem Server aber eine falsche Browserkennung schickte, konnte man einen Blick auf die Inhalte der Seite werfen. Dort gab es haufenweise Links auf die Nutzwerk-Seite mit Tausenden von Keyword-Kombinationen - dazu Fließtexte, die ebenfalls mit vermeintlichen Suchbegriffen angereichert sind. Ein Beispiel: