The Most Dangerous Game

Der proletarische Gegenentwurf zu all dem schicken Spionage-Schnickschnack: Manhunt ist Gewaltpornografie - und steht dazu

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Virtuelle Gewalt ist sexy. Man wagt es ja kaum, das so offen einzugestehen, weil zu viele Bedenkenträger, Untergangdesabendlandesbefürchter und Zensurfanatiker nur drauf warten, die zentrale und komplexe Rolle des Wortes "virtuell" in so einem Satz unter den Teppich zu fegen. Und die meisten Videospiele, die heute zu einem entscheidenden Teil von eben diesem Reiz des Bildschirm-Kills leben - besonders jene, die die spezielle Erotik des Anschleichens und lautlosen Tötens zelebrieren - verbrämen dies mit allerlei sauberem und respektablem Drumrum: Sei es die schön ästhetische, klassisch-japanische Eleganz der Ninjas bei der TENCHU-Reihe, sei es endlose, melodramatische Spionage-Seifenoper bei METAL GEAR SOLID, sei es Thriller-Gebaren bei SYPHON FILTER und HITMAN, oder Tom Clancys cleaner Fetischismus für cooles Hightech-Gerät in SPLINTER CELL (vgl. Im Herz der Finsternis).

Aber wo diese Games ihr Genre mit PLAYBOY-Hochglanz angehen, da ist MANHUNT für die PS2 von Rockstar North (dem Schwester-Studio der berühmten GTA-Entwickler) der HUSTLER. Und sagt ganz dreckig und direkt, dass hier niemand wirklich an den redaktionellen Beiträgen und tollen Kurzgeschichten interessiert ist.

MANHUNT (das von Take 2 Interactive in Deutschland aus naheliegenden Gründen gar nicht erst in den Mainstream-Vertrieb gebracht wurde) macht von Anfang an keinerlei Hehl daraus, dass in seinem Kontext Gewalt einen durchaus pornographischen Aspekt hat: Schon das Spielanleitungs-Booklet ist gestaltet, als wäre es der Katalog eines illegalen Underground-Snuffvideo-Produzenten, und die beiden zur Auswahl stehenden Schwierigkeits-Stufen heißen "Fetish" und "Hardcore".

MANHUNT ist der proletarische Gegenentwurf zu all dem schicken Spionage-Schnickschnack, ist ein Spiel von der Subtilität eines Bauarbeiters im Unterhemd, der einem unangemeldet mit schmutzigen Stiefeln ins Wohnzimmer marschiert, sich's auf der Couch bequem macht, ein Six-Pack säuft und dazu dreckige Witze erzählt. Und zwar recht GUTE dreckige Witze. Der Protagonist des Games ist Cash, ein kahlgeschorener, leicht angeschrammter, grobschlächtiger "working class-guy", wortkarg, emotionslos, seines Zeichens verurteilter und hingerichteter Mörder - der wundersamerweise nach seinem vermeintlichen Tod durch staatliche Hand wieder erwacht: Die Hinrichtung war fingiert, der offiziell tote Cash wird von einem korrupten Polizeisystem als Opfer freigegeben für eine Menschenjagd, die der perverse Regisseur Starkweather für ein nicht minder perverses Publikum illegaler Todes-Videos inszeniert.

Eine Reihe über alle Maßen gewaltbereiter Gangs wird Cash auf die Fersen gehetzt, bzw. als Schlachtvieh in den Weg gestellt - Starkweather ist letztlich egal, wer stirbt, wenn es nur blutrünstig genug geschieht. Der Plot steht in der Tradition von "The Most Dangerous Game" und all dessen unzähliger Verfilmungen und Varianten, von DAS MILLIONENSPIEL über RUNNING MAN bis HARD TARGET. Dazu kommt eine kräftige Prise all der Fantasien um Snuff-Videos und finstere Porno-Produzenten - SNUFF, 8MM, HARDCORE und wie sie alle heißen, abgeschmeckt mit etwas Serienkiller-Kult und Splatter-Hommagen (nicht zuletzt an das originale TEXAS CHAINSAW MASSACRE).

Der Look des Spiels bedient sich ebenfalls bei der letztgenannten Gruppe von Filmen - düster und dreckig ist er, von einem Nieselregen aus grieseligem Video-Rauschen überzogen. (SILENT HILL 3 ist noch der näheste Vergleich, der sich unter den PS2-Spielen findet.) Es ist eine nächtliche Welt der Hinterhöfe und Schrottplätze, der geplünderten Shopping-Malls und verwüsteten Zoos, eine Welt der Sackgassen und Abstellgleise, voller Trümmer, Schotter, Müll. Der Stil hat nichts von der bunten, sauberen Cartoonhaftigkeit, die die Gewalt in der GTA-Serie oder in STATE OF EMERGENCY von Rockstar abmilderten, ins Irreale, Schmerzlose hoben.

GESICHTER DES TODES

Was dem Porno der cum-shot, das ist MANHUNT der Augenblick des Todes: Wenn Cash einen Bildschirm-Gegner umbringt, dann setzen für ein paar Sekunden alle Belange von Narration und Interaktivität völlig aus - das ist purer orgasmischer Exzess. Die Morde laufen als ultrablutige Animationssequenzen ab, im wechselnden Schnitt auf drei, vier Perspektiven, alle gestaltet wie Videokamera-Bildsucher, als würden diverse Handkameras das Geschehen gleichzeitig aufnehmen. (Es ist bezeichnend für den exzesshaften Charakter dieser Momente, dass keine rationale Verankerung dieser Perspektiven in der Spielwelt versucht wird: Ganz offensichtlich sind ja eben um Cash nicht drei, vier Leute mit Videokameras zu Gange.)

MANHUNT ist, wie anfangs erwähnt, ein "stealth"-Spiel - eines, in dem es ums unentdeckte Anschleichen geht, ums Lauern in Schatten -, und wenn Cash nah genug an einem Feind ist, um ihn ins virtuelle Visier zu bekommen, und er lang genug unbemerkt hinter dessen Rücken verharren oder mitschleichen kann, dann kann er das Auslösen der Tötungsaktion hinauszögern, um dem Kill einen höheren "Härtegrad" (von drei möglichen Stufen) zu verleihen. Je länger man wartet (und damit riskiert, entdeckt zu werden), je absurder ist dann normalerweise das Level an Brutalität der Tötungs-Animation, die das Spiel zu begaffen gibt. (Wobei manche Waffen schon auf der untersten Stufe solch horrend gewalttätigen Einsatz finden, dass die anderen Varianten nur noch anders, aber nicht mehr schockierender sein können.) Auch da gilt also ein Prinzip, das Porno-Parallellen aufdrängt: Je länger man zurückhält, um so mehr spritzt es dann.

Nicht nur visuell lässt MANHUNT keine Zweifel daran aufkommen, dass es das Töten als überaus lustbetonte Angelegenheit versteht: Begleitet und angespornt wird Cashs Tun von der Stimme seines "Regisseurs" Starkweather. (Dessen Namen, nebenbei bemerkt, eine zynische "Hommage" an einen der berüchtigsten amerikanischen Massenmörder des letzten Jahrhunderts ist.) Starkweather überwacht vorgeblich seinen "Hauptdarsteller" unentwegt per Kamera und ist mit ihm per Funk verbunden.

Wie eine perverse Variante der Grille, die Pinocchios Gewissen spielt, flüstert er Cash permanent Befehle und Kommentare ins Ohr. Gesprochen von dem Charakterdarsteller Brian Cox (STARSHIP TROOPERS) - der unlängst erst dem Protagonisten von SPLINTER CELL seine markige Stimme verlieh - treibt Starkweather, mit vor Zynismus und Gewaltgeilheit triefendem Ton, Cash von Mord zu Mord: Amüsiert die Anspannung, Angst des Spielhelden anheizend; keuchend die Momente vor einer Tötung mitfiebernd; sich wie ein Kind freuend über besonders blutige Szenen; zornig, wenn Cash sich zu zögerlich verhält oder sich ungeschickt von den Feinden entdecken lässt. Diese Stimme ist zugleich Sprachrohr sowohl des Spiels als auch des Unterbewussten seiner Spieler.

MANHUNT inszeniert mit ihr gleichzeitig eine Bewusstmachung sowohl der eigenen Spielmechanik - die eben auch den Spieler zu einer bestimmten Handlungsabfolge zu nötigen versucht - als auch unserer (von uns vielleicht sonst gern stumm gehaltenen) "inneren Stimme" beim Spielen, die auf den nächsten virtuellen Mord giert. Das ist es, was MANHUNT zugleich so abstoßend und anziehend macht: Diese fiese, gefährliche Offenheit, Ehrlichkeit mit der es die niederen Instinkte kitzelt, die wir so gerne verleugnen würden. Nach ein paar Stunden MANHUNT-Spielen überkommt einem manchmal das dringende Bedürfnis, sich zu duschen - aber ein, zwei Tage später zieht einem das Spiel dann doch immer wieder zurück.

MANHUNT wirft ganz unausweichlich die Frage auf nach dem Umgang unserer Kultur mit (virtueller) Gewalt. In gewisser Weise bekennt es sich freimütig in etlichen Anklagepunkten schuldig, welche von besorgten Autoritäten (nicht nur) dem Medium Videospiele schon lange vorgeworfen werden. Dass hier Lust, Triebhaftes mit im Spiel ist, lässt sich beim besten Willen nicht leugnen. Das sagt dennoch nichts Zwingendes aus über das Verhältnis von virtueller zu realer Gewalt - das Entscheidende selbst bei einem Spiel wie MANHUNT bleibt für den "normalen" Nutzer doch noch immer die abgesicherte Fiktionalität. Es ist der Kitzel der Möglichkeit, nicht der Sache selbst. Auch wer an MANHUNT Spaß hat, kann noch auf ein echtes Snuff-Video mit Strahlkotzen und Traumatisierung reagieren, geschweige denn, dass Bereitschaft und Befähigung zu realen Morden vorhanden wären.

Zumindest von der persönlichen Spielerfahrung her kann ich auch durchaus feststellen, dass MANHUNT zwar fasziniert, aber keineswegs unweigerlich die völlige Identifikation mit seinem quasi-pornographischen Blick aufnötigt - nicht selten macht sich auch das blanke Unbehagen breit. Dass ein Spiel von solch unverschämter Gewaltgeilheit ein Publikum findet, muss also noch keine besondere Besorgnis erregen. Was aber durchaus als Symptom unserer Kultur lesbar ist - und es gibt da gewiss viele Lesemöglichkeiten, von denen eine plump kulturpessimistische keineswegs die angebrachteste sein muss -, das ist erstmal die Tatsache, dass eine komplette Firma etliche Monate damit verbringt, solch ein Spiel herzustellen.

Es ist eine Sache, sich als Gamer ein paar Stunden mit MANHUNT mehr oder minder zu vergnügen, wo das Spiel nun mal da ist. Befremdlich scheint mir aber die Vorstellung von Rockstar North-Angestellten, die Tag um Tag in ihren Büros damit verbringen, sich die extremsten Tötungsarten auszudenken und sie in mühevoller Kleinarbeit möglichst spektakulär auf den Game-Bildschirm zu bringen. Es ist ja eben nicht wie beim Pornofilm, der üblicherweise billig und schnell abgedreht wird. Weniger beängstigend als schlicht absurd scheint mir die Idee, über Monate hinweg die Begeisterung für splattrige Gewalt so oben zu halten zu müssen, dass das nötige Durchstehvermögen gegeben ist, solch ein Projekt bis zum fertigen Produkt zu bringen. Kommt da nicht der Moment, wo man sich irgendwann fragt, was man da macht - und es dann zumindest ein bisschen albern findet?

YOU GOTTA SAY YES TO ANOTHER EXCESS

Selbst beim Spielen erschlafft der Reiz der extremen Gewalt schon relativ bald. Die Struktur eines Pornos und die eines Videospiels sind nur bedingt kompatibel, und letztere muss bei einem solch aufwendigen, kommerziellen Titel halt doch so ausgegoren sein, dass sie im Endeffekt die Oberhand behält. Hinter all den Popkultur-Referenzen, unter all dem atmosphäreschaffenden Schmutz ist MANHUNT eben letztlich doch, wie alle seine geschniegelteren Genre-Cousins, ein Puzzle-Spiel von mechanisch-mathematischer Präzision und Sauberkeit. Und ein ziemlich schwieriger Vertreter seiner Gattung noch dazu.

Was zur Folge hat, dass man die meisten Spielabschnitte erst nach einigem trial-and-error meistern kann - wodurch das Spielerlebnis vor allem durch zahlreiche Wiederholungen geprägt ist. Und die lassen sehr schnell die ganze dramaturgisch-atmosphärisch-narrative Verpackung vergessen, lenken den Blick auf die nüchterne, abstrakte Betrachtung des "Puzzle"-Problems und die Suche nach der Lösung. Wenn man zum fünften Mal einen Levelabschnitt angeht, dessen erste Hälfte man mittlerweile schon auswendig beherrscht, dann werden die Tötungs-Sequenzen irgendwann mehr zum verzögernden Störfaktor als zum Schaustück.

Und nach ein paar Leveln ist der Neuigkeitswert des Splatters sowieso dahin. So sehr sich MANHUNT bemüht, seinen Rhythmus zu variieren, zwischendurch immer wieder mal neue Spielelemente (wie zum Beispiel einen Schrottplatz-Magnetkran) einzuführen - zu viel spielt sich dennoch nach dem immergleichen Schema ab: Schattiges Plätzchen suchen, den nächsten Feind durch Klopfgeräusche anlocken, ihn dann hinterrücks meucheln. (MANHUNT spielt sich über weite Strecken quasi nach Gehör - besonders im "Hardcore"-Modus, wo auch noch der Umgebungs-"Radar" wegfällt. Anders als die meisten Vertreter seines Genres bemüht sich das Game, dem Spieler ein ähnlich eingeschränktes Sichtfeld zu verpassen, wie es der Protagonist auch "realistischerweise" hätte. Obwohl in der Außenperspektive, lässt die Kamera keine großen Übersichten zu, bleibt eng an der Hauptfigur. Man bekommt nicht viel visuelle Informationen, die nicht auch Cash aus seiner Position haben könnte - die Anwesenheit von Feinden verrät sich meist zunächst akustisch, und seinerseits muss der Gamer hauptsächlich geschicktes "Geräuschmanagement" betreiben, um sich zum einen nicht unbedacht zu offenbaren und zum anderen die Bildschirmgegner dorthin zu locken, wo er sie haben möchte.)

Zur weitgehenden Gleichförmigkeit des Spielablaufs kommt als (Gewalt-)Lusttöter hinzu, dass beim Splatter wie beim Porno auch die kombinatorischen Möglichkeiten endlich sind: Es gibt nicht so wahnsinnig viele grundverschiedene Arten, Körper mit Hieb-, Stich- oder Sägewaffen zu penetrieren. Wenn der erste faszinierte Schock über die Heftigkeit der Darstellung verklungen ist (was maximal drei, vier Level dauert), dann kann wegen mangelnder Variationsbreite das Dargestellte selbst bald nicht mehr entsprechend prickelnde, neue Stromstöße verabreichen.

Die Entwickler von MANHUNT müssen das selbst realisiert haben - in seinem späteren Verlauf entwickelt sich das Game zunehmend weg von seinem semi-pornographischen Ansatz. In dem Maße, in dem Schusswaffen ins Spiel kommen, verschwinden die ausgedehnten Todesszenen - bei einem Mord durch Erschießen gibt es keine das Spiel unterbrechenden Multi-Perspektiven-Großaufnahmen mehr, lediglich heftiges Blutspritzen bewahrt den gewaltgeilen Geist des Spiels. Mit Pistolen, Revolvern, Gewehren ändert sich auch der Duktus von MANHUNT ein wenig - nun heißt es, Deckung suchen und aus dieser heraus immer wieder blitzschnell auftauchen, um heranrückende Gegner zu erledigen. Eins muss man dem Spiel dabei als vergleichsweise innovativ zu Gute halten: Entgegen den üblichen Game-Gepflogenheiten, wo mit einer Aufrüstung des Arsenals ein Anschwellen des eigenen Machtgefühls einhergeht, wächst hier im Gegenteil die Bedrohung und Angst. Auch die gegnerischen Waffen werden tödlicher, und es gibt keine Möglichkeit, deren Wirkung einfach so wegzustecken. Man kann in MANHUNT nicht in ein offenes Feuergefecht spazieren und darauf hoffen, es zu überleben. Selbst mit Sturmgewehr im Anschlag bleibt es definitiv ein Versteck-und-Anschleich-Spiel.

JAGDSAISON FÜR SÜNDENBÖCKE

Trotzdem wird der Grundton von MANHUNT auf Dauer actionlastiger. Sicher erstmal aus einer klugen Erkenntnis heraus, dass ein durchgehendes Beibehalten der anfänglichen Haltung auf Dauer ermüdend geworden wäre. Aber man bekommt auch das Gefühl, dass die Entwickler generell ein bisschen die Furcht vor der eigenen Courage gepackt hat. Dass sie sich nicht getraut haben, wirklich konsequent ernst zu nehmen, was sie sich da nunmal auf's Tablett geladen haben. So fies und dreckig das Spiel tut - es kann sich stildurchbrechenden Humor nicht verkneifen: Die Cash im Wege stehenden Gangs werden durch die regelmäßig vernehmbaren Sprüche ihrer Mitglieder zu völligen Karikaturen, im Tonfall wie von der darin steckenden Psychologisierung (die meisten der Totschläger sind grenzdebile Muttersöhnchen mit Komplexen) ist das pure Parodie.

Solche aufheiternden Lichtstrahlen der Ironie machen die ganze Angelegenheit freilich insgesamt deutlich erträglicher als wenn die Welt von MANHUNT monolithisch brutal und pseudo-naturalistisch geblieben wäre. Aber dadurch eröffnet sich auch zu schnell ein Pfad, auf dem man sich arg bequem aus der Verantwortung stehlen kann: "Es ist ja alles nicht wirklich ernst gemeint!"

Wie feige MANHUNT letztlich dann doch ist im Umgang mit den finsteren Trieben, die es zunächst so furchtlos an die zur Schau gestellte Oberfläche zerrt, zeigt sich besonders am Ende des Spiels. Der interessanteste Aspekt des Games war zu Beginn die Stimme Starkweathers, die (wie oben geschildert) zugleich der Konstruktionslogik des Spiels als auch unserer (heimlichen) Gewaltgier Ausdruck verleiht. Das Interessante an dieser Stimme ist ja gerade, wie ambivalent sie in der Identifikationsmechanik des Spiels verortet ist: Sie ist unseren Emotionen in vielen Momenten deutlich näher als die gefühlslose Figur des Cash, der vorgeblich unser wahrer Stellvertreter in der Spielwelt ist.

Doch MANHUNT weigert sich, diese Ambivalenz lange auszuhalten. Wie in allen Varianten von "The Most Dangerous Game" üblich, kehrt das "Opfer" (es fällt schwer, Cash als solches zu bezeichnen...) irgendwann den Spieß um und macht den Veranstalter der Menschenhatz zur Beute. Für geraume Zeit wird der direkte Kontakt zu Starkweather abgebrochen, seine Stimme verschwindet zeitweilig aus dem Spiel - ein Prozess der Abspaltung setzt ein. Wenn wir ihr am Schluss zum letzten Mal wieder begegnen, dann hat sie einen Körper bekommen, ist nicht mehr in unseren Köpfen, ist da draußen, ist wer anders, ist der Feind. Und ist damit schön sauber eliminierbar, kann problemlos mundtot gemacht werden. Es ist dramaturgisch mehr als passend, dass Starkweather sich dann als der wohl am leichtesten zu besiegende Endgegner der Videogamegeschichte erweist. Denn nicht nur spielerisch ist die Lösung, die MANHUNT hier findet, viel, viel zu einfach.