Spanien zieht Truppen aus dem Irak ab

Der neue spanische Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero hat kurz nach der Vereidigung der Regierung den Abzug der Truppen aus dem Irak angeordnet

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Die schnelle Entscheidung des Sozialisten Zapatero hat die Öffentlichkeit überrascht. Gerade hatten seine Minister gestern den Amtseid vor dem König abgelegt, da trat Zapatero vor die Presse und verkündete: "Heute Morgen, nachdem der Verteidigungsminister seinen Eid abgelegt hat, habe ich ihn angewiesen, alles Notwendige zu tun, um die spanischen Truppen im Irak in kürzester Zeit und mit größtmöglicher Sicherheit nach Hause zu holten."

Zapatero bezog sich auf sein öffentliches Versprechen an die Bevölkerung aus dem März 2003. Falls er Ministerpräsident werde, hole er die Soldaten heim, wenn die UN das Mandat für die politische und militärische Situation nicht übernähme.

Nach Informationen die wir in den letzten Wochen zusammentragen konnten, ist eine neue Resolution der UN nicht in Aussicht, die sich an unsere Konditionen für ein Verbleiben im Irak annähert.

Überraschend war die Erklärung, weil Zapatero vor dem Parlament am Freitag andeutete, dass er seine Position überdenken könnte. Vom zuerst genannten Datum am 30. Juni hatte er nicht mehr gesprochen (Al-Qaida bietet Europa Waffenruhe an). Erst in direkten Gesprächen mit den Fraktionen nach der Rede vor dem Parlament konnte ihm die Vereinte Linke (IU) spät in der Nacht auf Samstag erneut das Datum entlocken. Das war notwendig, damit die Minderheitsregierung die Stimmen der IU für die Wahl Zapateros erhalten konnte.

Bis auf die abgewählte Regierung der konservativen Volkspartei (PP) begrüßen alle Parteien den Abzug. Für die PP ist es ein Kniefall vor den Terroristen. Noch am Freitag hatte Zapatero erneut eine Drohung erhalten, mit der die Ankündigung, Spanien in eine Hölle zu verwandeln, unterstrichen wurde ("Spanien in eine Hölle verwandeln").

Zapatero wäre bei neuen Anschlägen sicher hart kritisiert worden, wenn er sein Versprechen nicht eingelöst hätte. Er weiß, dass die Erfolgsmeldung der PP, man habe die Terrorzellen in Spanien zerschlagen, nur Propaganda ist. Die den Sozialisten nahestehende Zeitung El País, die stets gut aus der PSOE und dem Geheimdienst CNI informiert ist, führt allerdings andere Gründe für die Entscheidung an. Neben den Zweifeln an einem UN-Mandat für den Irak, seien zwei Punkte bedeutsam, hätten Quellen aus der neuen Regierung angeführt:

Die sich verschlechternde Lage im Land, in dem die spanischen Truppen nicht mehr ihre Mission erfüllen können, für die sie entsandt wurden, Sicherheit zu garantieren. Dazu kommt die Überzeugung, dass jede Verzögerung nach der Ankündigung des Rückzugs das Risiko für die Soldaten erhöht.

Nach Angaben von El País, würden schon heute 200 Soldaten aus dem Irak nach Kuwait verlegt. Militärkreise erklärten, der gesamte Rückzug würde mehr als einen Monat dauern.

Der schnelle Abzug dürfte aber auch mit der Zuspitzung der Lage in Palästina zu tun haben, nachdem sich die USA völlig hinter die Politik Israels gestellt haben (Die Scharonisierung Bushs in der arabischen Welt). Denn ausgerechnet ein Kenner der Lage ist neuer Außenminister Spaniens. Miguel Ángel Moratinos war vor dem neuen Job sieben Jahre Sondergesandter der EU für den Friedensprozess im Nahen Osten. Von der Politik der USA und Israel gegenüber den Palästinensern hat sich Zapatero so gleich mit distanziert.