Hacker gegen Hacker

Hackerpolitk: Weil eine Gruppe "Hackers Against America" mit "digitalen Waffen" die USA angreifen wollte, legte ein anderer Hacker deren Website lahm

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Letzte Woche hatte sich eine Gruppe an Hackern zusammen gefunden und eine Website auf einem russischen Server gestellt, um mit "digitalen Waffen" die "Tyrannei der USA" zu bekämpfen. Die angeblich internationale Gruppe, die sich "Hackers Against America" (HAA) nannte, hat aber vorerst schon einmal Probleme mit Kollegen.

Wenn der Eindruck nicht trügt, so scheinen die Aktivitäten von irgendwie politisch motivierten Internetnutzern, die mit Cracker-Mitteln ihre Meinung kundtun und womöglich bei ihren Gegnern Schaden durch Lahmlegen von Websites verursachen wollen, abhängig von der Art des Konflikts zu sein. Zu Beginn der noch immer anhaltenden Intifada gab es einen regelrechten Infowar, bei dem palästinensische Cyber-Aktivisten auch erste Erfolge erzielen konnten. Israelische Gruppen konterten. Schließlich wurde der reale Konflikt auf beiden Seiten immer blutiger. Die virtuellen Scharmützel verloren dadurch an Bedeutung (Keine elektronische Intifada mehr). Tatsächlich werden sie auch relativ unerheblich, wenn Menschen im wirklichen Leben auf beiden Seiten sterben müssen.

Auffällig war denn auch, dass sowohl im Hinblick auf den Afghanistan-Krieg als auch im Hinblick auf die Invasion in den Irak keine größeren Cyber-Aktivitäten stattfanden (FBI warnt vor angeblich zunehmenden Cyberattacken pro-irakischer oder irakischer Hacker, "Vive Iraq!": Massenhack aus Kritik an Irak-Krieg). Die Wirklichkeit, so scheint es, ist doch noch stärker als die Virtualität. Gleichzeitig ließe sich der Schluss ziehen, dass die oft geschürten Ängste vor einem "digitalen Pearl Harbor", zumindest wenn es um private Cracker geht, nicht um staatlich organisierte Angriffe auf die Netze eines feindlichen Landes, noch immer weit überzogen sind. Die viel beschworenen Cyberterroristen sind noch nicht in Erscheinung getreten. Was Staaten, die sich für einen Cyberwar aufgerüstet haben, tatsächlich zu bewirken vermögen, ist noch unbekannt, da beispielsweise die Gegner der USA - die medienfeindlichen Taliban und das von Sanktionen eingeschnürte Hussein-Regime - in dieser Hinsicht völlig rückständig waren.

Wie auch immer, so haben sich nun nach Selbstauskunft einige Hacker oder Cracker gefunden, die etwas gegen die Supermacht unternehmen wollten. Die Gründer sollen aus Brasilien, China, Russland und Hong Kong stammen, sagten sie selbst. Mitglieder hätten sie in der ganzen Welt, sie riefen auch weitere Interessenten dazu auf, sich via Email - ein Yahoo-Account in Hong Kong - zu melden. Viele Ideen hatte man aber wohl nicht. Bei der Nasa wurde offenbar ein Sicherheitsloch gefunden, ansonsten dachte man an das Versenden von bekannten Würmern wie "mydoom, sasser and netsky" und bot ein Programm zum Erzeuge von Würmern an. Das klingt alles wenig gefährlich, ziemlich pubertär und nach script kiddies.

Angeblich lief die Rekrutierung erfolgreich. Geplant war ausgerechnet ein DDoS-Angriff auf die New York Times. Marcos Flavio Assunca, ein bekannter brasilianischer Hacker, gefiel die Sache aber nicht, weil sich HAA damit mit Terrorgruppen verbünden würde. Seine Kritik wurde angeblich mit Beleidigungen beantwortet. Also startete der 23-Jährige seinerseits einen präventiven Angriff und schaffte es, alle Dateien der Website zu löschen und diese zu überschreiben: "Diese Website wurde permanent außer Funktion gesetzt, weil der Begriff Hacker in den Schmutz gezogen wurde und dort absurde und lächerliche Ideen propagiert wurden." Auch den Mail-Account machte er unzugänglich.

Esse site foi tirado do ar permanentemente por sujar o termo hacker e por plantar id?ias absurdas e ridiculas. MFAA (mflavio2k@hotmail.com)

Die Gründer der HAA, Sombrio aus Brasilien, Hyruga aus Hong Kong, Rasputin - wer hätte es gedacht? - aus Russland und Tyrece aus China, wollen das natürlich nicht auf sich sitzen lassen und kündigten Rache gegen ihren brasilianischen Kollegen an. Möglicherweise vergessen sie darüber ja auch, dass sie eigentlich gegen die "Tyrannei der USA" vorgehen wollten. Anscheinend sind nicht nur ihre digitale Waffen geklaut, sondern auch ihre digitalen Verteidigungsmaßnahmen bescheiden.