Der Pickel auf der Sonne

Der Venustransit ist noch bis 13.00 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit (11.00 UTC) gut beobachtbar

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Astronomen haben wochenlang darauf gewartet und nun Glück: Bei strahlendem Sonnenschein ist der Durchgang der Venus vor der Sonnenscheibe bestens zu sehen

Für den normalen Menschen ist sie längst nicht so spektakulär wie eine Sonnen- oder auch nur Mondfinsternis: Es wird nicht dunkel, die Sonne verfärbt sich nicht und wer heute einen ungeschützten Blick auf unser Himmelsgestirn wirft, wird genauso blind wie an anderen Tagen, an denen die Sonne nicht von Wolken verborgen ist.

Sonne mit Venus, 8.45 Uhr in Buchloe, Bayern (Bild: W.D.Roth)

Deshalb auch gleich die wichtigste Warnung: Auf keinen Fall direkt in die Sonne schauen, auch nicht mit Sonnenbrillen, verrußten Gläsern oder ähnlichen völlig unzureichenden Hilfsmitteln. Wer die Schutzbrillen von der Sonnenfinsternis am 11. August 1999 noch findet, ist gut raus, doch selbst hiermit ist die Sonne noch sehr hell und der kleine dunkle Fleck am unteren Bildrand fällt nicht auf Anhieb auf.

Dennoch ist der Durchgang der Venus vor der Sonne eine astronomische Rarität, eine Einmaligkeit in diesem Jahrhundert. Im letzten Jahrhundert gab es überhaupt keinen Venustransit, der letzte war 1882 und wurde somit von keinem heute noch lebenden Menschen beobachtet. Demgegenüber ist eine totale Sonnenfinsternis beinah astronomischer Alltag: Zwar erlebt man sie auch nur maximal einmal im Leben an seinem Wohnort, aber irgendwo auf der Erde ist alle paar Jahre eine. Dem Venustransit reiste der Weltumsegler James Cook dagegen um die halbe Welt nach: Um Kap Hoorn nach Tahiti, wo er sie am 3. Juni 1769 beobachten konnte.

Animation: Sonne mit Venus über der Erde (Bild: NASA)

Dies übrigens nicht etwa, weil er das Schauspiel zuhause in England nicht gesehen hätte, obwohl die Wetterlage in Tahiti sicher für einen Astronomen Erfolg versprechender ist als die im regnerischen Großbritannien. Nein, aus den verschiedenen Positionen der Venus vor der Sonne in verschiedenen Beobachtungspunkten konnte man erstmals deren Entfernung von der Erde berechnen.

"Es wird keine weitere geben, bis das 21. Jahrhundert unserer Zeitrechnung über die Erde gekommen ist und die Juniblumen in 2004 blühen. Was der Stand der Wissenschaft dann sein wird, weiß nur Gott"

William Harkness, U.S. Naval Observatory, 1882

Das ist heute kein Thema mehr, doch erhoffen sich die Astronomen einerseits durch die Analyse des von der Venus gefilterten Sonnenlichts genauere Erkenntnisse über die Zusammensetzung ihrer Atmosphäre. Andererseits will man so auch Verfahren optimieren, Planeten anderer Sterne bei einem Durchgang des Planeten vor dem Stern sicherer erkennen zu können. Dabei soll die Atmosphäre dieses Planeten von Roboterteleskopen in einer Umlaufbahn im All auch gleich automatisch auf für Leben günstige Bedingungen analysiert werden – erstmals in der für Oktober 2007 geplanten Kepler-Mission der NASA.

Animation: Sonne mit Venus (Bild: NASA)

Eine große Aufgabe, denn auch bei anderen Sternen könnte der Durchgang kleiner Planeten nur alle paar hundert Jahre stattfinden – und das auch nur, wenn wir zufällig auch in der Ebene des entsprechenden Planetensystems sind, um ihn auch tatsächlich beobachten zu können. Andererseits kann es auch bei jeder Umrundung einen Durchgang geben – und auf solche periodischen Verdunkelungen wird Kepler etwa 100.000 Sterne im Sternbild des Schwans vier Jahre lang alle 15 Minuten auf Helligkeitsschwankungen überprüfen. Etwa 50 bis 60 erdähnliche Planeten hofft die NASA so zu entdecken.

Etwas einfacher haben wir es da heute: Bis etwa 13 Uhr ist der "etwas größere Sonnenfleck" noch zu beobachten. Wer seine Schutzbrille nicht mehr findet oder im Büro nicht dabei hat, kann übrigens auch die Folie der metallbeschichteten Rettungsdecke aus dem Auto-Verbandskasten verwenden. Oder sich das Ereignis online ansehen: Bei der Vereinigung der Sternfreunde, deren Website dem Ansturm allerdings nicht ganz gewachsen ist, oder der NASA.

Zeitlicher Ablauf des Venustransits (Bild: ddp)

Wer das Ereignis verpasst hat, hat übrigens Glück: Der nächste Venus-Transit ist nicht erst wieder in 122 Jahren, sondern schon am 6. Juni 2012 zu sehen. Dann gibt es allerdings bis zum 11. Dezember 2117 keine Chance mehr.