Neonazis folterten auf brutale Weise einen jungen Deutschen

Der Vorfall erinnert an Abu Ghraib in Frankfurt/Oder, seltsamerweise aber hat er die Medien nicht interessiert und damit die Öffentlichkeit nicht erreicht

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Neonazis haben in Frankfurt/Oder einen Mann entführt und so gefoltert, dass das Opfer sein Leben lang an den Folgen zu leiden haben wird. An dieser Meldung sind mehrere Dinge ungewöhnlich: Unter den fünf Tätern sind zwei Frauen, die sich besonders brutal aufführten. Zwei der Verdächtigen sind seit Jahren als Neonazis bekannt und einschlägig vorbestraft. Die Details der Tat sind so extrem Ekel erregend, dass sie die Foltermethoden der US-Soldaten im Irak bei weitem übertreffen. Außer der lokalen Märkischen Oderzeitung und der "Bild"-Zeitung hat niemand berichtet. Auch im Internet erwähnt kaum jemand das Ereignis - nur auf inforiot.de findet sich eine kurze Zusammenfassung.

Am 5. Juni überfielen fünf Neonazis den 23jährigen Gunnar S. - Vormittags und auf offener Straße im Stadtteil Neuberesinchen in Frankfurt/Oder. Die Täter schlugen das Opfer bewusstlos, stülpten ihm eine Tüte über den Kopf, zerrten ihn in ein Auto und fuhren mit ihm zur Thomasiusstraße.

Was dann geschah, ist unvorstellbar - die Staatsanwaltschaft Frankfurt/Oder hat die Details bestätigt: die Neonazis folterten das Opfer mit einem glühenden Bügeleisen und mit brennenden Zigaretten, ließen ihn Spülmittel trinken und Vogelkot essen, vergewaltigten ihn mit Stöcken und einer Klobürste. Alle traten auf ihn ein, zerschlugen sein Gesicht und schunden seinen Rücken und seinen Oberkörper. Die Folter dauerte zwei Stunden. Dann ließen die Täter das Opfer blutüberströmt laufen. Sie drohten ihm ihn umzubringen.

Ein Freund fand Gunnar S. unter Schock und völlig verängstigt in dessen Wohnung. Im Klinikum Markendorf stellten die Ärzte Rippenbrüche, Verbrennungen und einen Darmdurchbruch fest. Wegen der unerträglichen Schmerzen wurde der Patient nach einer Notoperation in ein künstliches Koma versetzt. Ihm musste ein künstlicher Darmausgang gelegt werden.

Am 6. Juni wurden einer der Täter, Daniel K., 21, festgenommen. Er behauptete, es habe sich um einen Racheakt gehandelt. Das Opfer habe ein Mädchen vergewaltigt. Die Staatsanwaltschaft hat für den Vorwurf keinerlei Anhaltspunkte. Drei Tage später verhaftete die Polizei die beiden Frauen Ramona P., 24, und Stefanie L., 20, sie sitzen jetzt in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Luckau. Ihnen wird unter anderem Vergewaltigung vorgeworfen. Zwei der Täter sind noch auf der Flucht und werden von der Polizei gesucht: David K., 23, und Ronny B., 28. Beide sind als Neonazis bekannt, vorbestraft wegen Körperverletzung und diverser anderer Delikte mit rechtsextremistischem Hintergrund, einer auch wegen Raubes. Staatsanwalt Michael Neff ist sich ganz sicher: "Die kriegen wir. Das ist nur eine Frage der Zeit."

Man kann nur spekulieren, warum die Presse das Thema nicht aufgegriffen hat. Zu anderen Gelegenheiten hätte Gruppenfolter durch Neonazis vermutlich einen Medienhype ausgelöst. Liegt es daran, dass das Opfer ein ganz normaler und unauffälliger Mann war? Oder ist die deutsche Öffentlichkeit übersättigt vom Thema Folter?