Soundtrack des eigenen Lebens

Konzert mit Computerspielmusik zur Leipziger Games Konvention

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Schon im letzten Jahr war die Leipziger Games Convention durch ein Spielemusik-Konzert im altehrwürdigen Gewandhaus mit großem Erfolg eröffnet worden. Und auch in diesem Jahr gelang es den Organisatoren wieder, ein solches Konzert auf die Beine zu stellen. "Ich war überwältigt, als ich letztes Jahr vor ausverkauftem Haus das Orchester durch die Partituren leiten durfte. Ich bin überzeugt, dass wir erneut Geschichte schreiben werden", sagte der Dirigent und Komponist Andy Brick, der mit dem Prager "FILMharmonic Orchestra" für das Konzert Titel aus ausgewählten Computerspiel-Soundtracks, darunter einige Weltpremieren, einstudiert hatte.

Während sich Aufführungen von Filmmusik nicht nur in Deutschland inzwischen fest in den Spielplänen von Konzertveranstaltern verankert sind, gab es Spielemusik-Konzerte bisher nur vereinzelt in den Kernländer der Game-Industrie, Japan und den USA. Die sich in Leipzig etablierende Konzertreihe ist damit die einzige Gelegenheit ein solches Konzert in Europa zu erleben. Und dementsprechend war dieses Mal der Zuschauerzuspruch noch größer als beim Erfolg des Vorjahres, denn schon nach wenigen Wochen waren die Konzertkarten restlos ausverkauft.

"Spielen ist heute Teil unserer Kultur - klassische Musik ebenfalls. Die Verbindung von beiden Elementen in Form eines Konzerts ist faszinierend", so erklärt Angela Schierholz, Projektleiterin der GC, die besondere Anziehungskraft des Konzerts. Dass diese Faszination gerade bei denjenigen überspringt, für die Computerspiel-Musik schon seit langem zum "Soundtrack des eigenen Lebens" gehört, wurde klar, wenn man sah, wie viele junge Fans gekommen waren, die ihre Begeisterung für alte C64- und Amiga-Computerspiele auch auf ihren bunten T-Shirts zum Ausdruck brachten.

So waren es auch die Soundtracks der Spieleklassiker aus dem Jahre 1990, die große Begeisterung auslösten und schon bei der Ankündigung mit erwartungsvollem Applaus bedacht wurden: Medleys von Komposition aus den Spielen Super Mario, ActRaiser, The Secret of Monkey Island und Turrican. Um den swingenden Big-Band-Sound des Super-Mario-Medleys zu unterstreichen, wurde das Orchester dabei durch ein Saxophon verstärkt und die karibischen Klänge des comichaften Piraten-Adventures Monkey Island (im Arrangement von Fabian Del Priore) wurden durch den Einsatz einer Steel Drum abgerundet. Auch wenn letztere leider hin und wieder vom Orchester übertönt wurde, gelang die Übersetzung der digitalen Sounds der Spiele-Kompositionen (die in den damaligen Rechnern noch von mehr oder weniger piepsenden Synthesizer-Chips wiedergegeben worden waren) in volle Orchesterarrangements überraschend gut und konnte absolut überzeugen.

Überhaupt gab es hier und da einige kleine Schwächen in der Umsetzung, aber nur einen einzigen wirklichen "Ausfall": das Arrangement der Musik zu Metal Gear Solid war einfach zu überladen und unausgewogen und führte aufgrund der sensiblen Akustik des Gewandhaussaales in dementsprechendes Klangdurcheinander. Die hohe Qualität der restlichen Darbietungen ließ dies aber leicht verschmerzen.

Für die Umsetzung von zwei Titeln aus der Musik zur Final Fantasy-Spielereihe, geschrieben vom japanischen Star-Komponisten Nobuo Uematsu, konnten Gastsolisten gewonnen werden. Der "Kampf des Klaviers gegen das Orchester" des "Battle Theme" (Final Fantasy VII) wurde von dem Klaviersolist Seiji Honda ausgefochten, der vor wenigen Wochen ein neues Pianoalbum zu Final Fantasy VII veröffentlichte. Der zweite Titel "Maria and Draco" aus Final Fantasy VI, wurde mit drei Sängern, Erika Jarkovska (Sopran), Miroslav Pelikan (Tenor) und Roman Vocel (Bass), in einem Opernarrangement vorgetragen und begeisterte ebenso wie die Premieren der Soundtracks zu den noch unveröffentlichten Spielen S.T.A.L.K.E.R., Starship Troopers, Secret Weapons Over Normandy und Everquest II.

Ein interessanter Kontrast zu diesen actiongeladenen und rhythmisch akzentuierten Stücken war die Premiere des Max Payne 2-Soundtracks, der durch seine ruhig-melancholische Cellopassagen deutlich heraus stach. Weitere Höhepunkte waren außerdem das eindringliche und vielseitige Medley aus der Musik zur Hitman-Reihe, komponiert und arrangiert vom dänischen Künstler Jesper Kyd, sowie die großartige Orchesterfassung der Kompositionen zum C64-Klassiker Turrican, nach dem das Publikum sich mit Standing Ovations bei den Musikern und den anwesenden Komponisten bedankte.

Das diesjährige Eröffnungskonzert bewies damit wieder mal, dass sich Computerspielemusik, was Vielseitigkeit und Qualität betrifft, teilweise durchaus mit der Filmmusik messen kann. Die langen Schlangen von anstehenden Fans, als die anwesenden Komponisten im Anschluss an das Konzert Autogramme gaben und CDs signierten, zeigen, dass die Computerspielkomponisten zumindest in einer kleinen Szene von Liebhabern bereits so etwas wie Starruhm genießen.

Das Ziel das sich Angela Schierholz und ihre Mitarbeiter mit diesem Konzert verfolgt haben: "Dieser wunderbaren Musik die Plattform zu geben, die sie verdient", haben sie auf jeden Fall erreicht. Man kann nur hoffen, dass sich diese Reihe weiter etabliert und sich nach diesem erneuten Erfolg auch im nächsten Jahr fortsetzen lässt.