Ein neuer Versuch mit Wasserstofftechnik und Brennstoffzellen

Ein Katalysator soll die heute übliche Kohlenmonoxid-Wasser-Reaktion ablösen

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Wasserstoff soll der Energieträger der Zukunft werden – ob in Automotoren oder Brennstoffzellen. Doch der saubere Treibstoff muss erst künstlich erzeugt werden – aus fossilen Brennstoffen oder durch Elektrolyse.

Die Herstellung von Wasserstoff ist nach Meinung von James Dumesic und seiner Arbeitsgruppe nur dann sinnvoll, wenn die WGS-Reaktion (water-gas shift) (CO + H2O wird zu CO2 + H2) umgangen werden kann. Deshalb berichtet seine Arbeitsgruppe in Science über ein Modell, das die Lösung dieses Problems ermöglicht.

Das Problem ist theoretisch geklärt. Die Lösung ist ein reduzierbares Polyoxometalat (POM), nämlich H3PMo12O40, das als Oxidans eingesetzt wird. Der katalytische Vorgang läuft unter Zimmertemperatur ab und nicht wie bei der WGS-Reaktion mindestens bei 400 K und typischerweise über 500 K, das heißt bei 130 Grad Celsius und mehr. Im Beisein von Gold-Nanopartikeln werden die Elektronen und Protonen begierig von der wässrigen Polyoxometalat-Phase aufgenommen.

Die CO-Oxidation durch den POM-Reaktor unter Anwesenheit von Gold-Nanopartikeln. Das reduzierte POM (links: gelbe Farbe) wird von der Brennstoffzelle aufgenommen und dort oxidiert (rechts: blaue Farbe). (Bild: Science)

Die wässrige POM-Phase wirkt wie ein Speicher, was sich durch den Wechsel von der gelben zur blauen Farbe niederschlägt. In der Brennstoffzelle werden die Elektronen von der Anode in elektrische Spannung umgewandelt und damit der Träger, das POM, wieder oxidiert und so kann er neu verwandt werden. Ferner kann in der Brennstoffzelle auf eine Metallelektrode verzichtet werden, da die Protonen und Elektronen bereits zuvor am Gold-Katalysator entstanden sind.

So schön das Modell an Äthylenglykol funktioniert, besteht dennoch Kritik an den Wissenschaftlern vom Department of Chemical and Biological Engineering von der University of Wisconsin. Zum einen handelt es sich um ein erstes Modell und nicht um eine gebrauchsfertige Lösung. Zum anderen hat die Arbeitsgruppe vor zwei Jahren bereits einen Vorschlag unterbreitet: die Brennstoffzelle mit dem Raney-Nickel-Katalysator. Auch damals war der Zweistufenprozess erwähnt worden: "Wir erzeugen zunächst das mit Wasserstoff angereicherte Gasgemisch, und beseitigen im zweiten Schritt mit unserem "ultra-shift process" das Kohlenmonoxyd", tönte es von Seiten der Wissenschaftler (Wasserstoff ist keineswegs der ideale Treibstoff). Das positive Ergebnis blieb jedoch aus.

Reaktor, Brennstoffzelle und das Redoxpotential des Polyoxometalats (Bild: Science)

Die jetzige Lösung ist erfolgversprechender, zumal, wenn sie auf alle Formen der Wasserstoff-Herstellung angepasst werden kann, ob Biomasse oder organischer Abfall. Dazu aber braucht es Studien und den mühsamen Aufbau für die technische Anwendung. Natürlich kann man, wie Valerie Dupont und ihre Mitarbeiter von der Universität Leeds in Großbritannien berichten, auch mit Sonnenblumenöl Wasserstoff produzieren (FUEL 151 vom 25.8.2004 auf der Jahrestagung der American Chemical Society im Pennsylvania Convention Center). Ihre Anwendung funktioniert bezeichnenderweise mit einem Nickel-Katalysator, enthält aber Kohlenmonoxid und Methan zu gleichen Anteilen. Darum ist diese Art der Herstellung nicht im Sinne von George W. Bush, der Anfang 2002 forderte:

Eine einfache chemische Reaktion zwischen Wasserstoff und Sauerstoff erzeugt Energie, die ein Auto antreibt, das nur noch Wasser produziert und keine gefährlichen Abgase mehr.

Frau Joseph N. Kanianthra von der "National Highway Traffic Safety Administration" (NHTSA) in den Vereinigten Staaten hat am 14.Juli dieses Jahres zur Berichterstattung über Wasserstoff-Fahrzeuge aufgefordert, weil "sehr wenige Daten zur Sicherheit der Fahrzeuge vorhanden sind und viele Prototypen von speziell ausgebildeten Personen betreut werden". Diese Studie ist zunächst auf vier Jahre veranschlagt und kann bei Bedarf oder Gefahr jederzeit verändert werden.

Ferner fällt auf, dass Ballard Power Systems Inc., der weltweit größte Hersteller von Brennstoffzellen, über erhebliche finanzielle Verluste klagt. Der Konzern hat die Aktien seiner Fürsprecher, nämlich von Ford und Daimler-Chrysler, inzwischen auf 32,7 Prozent reduziert. Hinzu kommt das Unglück eines Tanklastwagens mit Wasserstoffgas, dessen Ursache noch ungeklärt ist.

Ein schönes Bild, nur die Wirklichkeit ist weniger schön

Andererseits hat die Erdölindustrie trotz des hohen Rohölpreises keinen Grund, auf die Wasserstoff-Produktion umzusteigen. Denn alle bisherigen Bemühungen konzentrieren sich auf die Belieferung von Dieselaggregaten. Nicht nur die Zahl der Lastwagen ist ständig im Steigen, sondern auch PKWs und Kleinlaster mit Dieselantrieb nehmen unerwartet zu.

Auf lange Sicht soll das Angebot an Fahrzeugen gefördert werden. BMW, Ford und Mazda bieten Wagen an, die dank ihrer Größe den zusätzlichen Raum für das Wasserstoffgas mitbringen. Vorreiter für die Fahrzeuge mit Wasserstoffgas will zudem Kalifornien werden: Arnold Schwarzenegger versicherte kürzlich, dass im Jahr 2010 etwa 200 Wasserstoff-Tankstationen an der Autobahn verfügbar sind. Bis dahin werden aber die hybriden Fahrzeuge mit ihrem Elektromotor (Toyota Prius und Honda Insight) das Rennen machen (Hybrid Cars Now, Fuel Cell Cars Later. Science 305, 974-976 (2004)). Sie sind bereits erprobt und kosten weniger als die Fahrzeuge mit Brennstoffzellen.

Ein BMW mit der notwendigen Größe für den Wasserstofftank (Bild: BMW AG)

Tatsächlich heißt es aus Island, wo bereits heute drei Busse mit Wasserstoff fahren und im Winter warm gehalten werden ("Sie müssen wie Hengste im Stall umsorgt werden", so Thorsteinn Sigfussion), dass erst in 20 bis 30 Jahren mit einem durchschlagenden Erfolg gerechnet wird. Das lässt nach Ansicht von Thorsteinn Sigfussion der Fischflotte ausreichend Zeit, sich auf die neue Versorgung einzustellen. Denn die Fischer verarbeiten insgesamt 50 Prozent der importierten Energie: Bei einem kleinen Boot, das 4 bis 5 Tage auf See bleibt, müssen 1 Tonne Wasserstoffgas gebunkert werden. Ein bisher noch unlösbares Problem (Will the Future Dawn in the North? Science 305, 966-67 (2004)).

Ferner gilt Wasserstoff nicht als inertes Gas und auch nicht als das einzige Gas in der Luft (Wasserstoff im Tank ist weniger harmlos als bisher vermutet). Wenn es zunehmend an Einfluss gewinnt, werden die Auswirkungen die Klimaforscher beflügeln, weil der Wasserstoff erstmals zu einem "kontrollierten" Versuch freigegeben wird. Ob die allgemeine Erwärmung, wie sie inzwischen von mehreren Forschern vorhergesagt wurde, von Nachteil oder von Vorteil ist, wird die Zukunft lehren.

Dennoch: Die alternativen Quellen wie die Solarenergie und die Windmühlen werden die Zeit für sich nützen. Vielleicht sind die Wasserstoff-Brennstoffzellen dann nur noch als Lehrstücke interessant.