Die Stunde der Planetenjäger naht

Paradigmenwechsel in der Exoplaneten-Forschung – Planetenjäger werden immer vielseitiger und effizienter – die "zweite Erde" ist in Sichtweite

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In den letzten Monaten schien es so, als seien die Planetenjäger allesamt für eine Zeit lang ausgeflogen. Der offizielle Exoplaneten-Katalog von Jean Schneider schien sich auf 120 Exoplaneten einzupendeln, und keine neuen sensationellen Entdeckungen waren in Sichtweite. Doch der Schein trügt. Derweil warten Hunderte von extrasolaren Kandidaten auf ihre Bestätigung. Noch vor drei Tagen waren es 123 – inzwischen sind schon 126 offizielle Exoplaneten in den interplanetaren Olymp aufgenommen worden. Dieser Erfolg erklärt sich damit, dass die Astro-Detektive nicht mehr allein mit konventionellen, sondern mit immer abenteuerlicheren Techniken und Methoden operieren, um ferne Welten dingfest zu machen, so wie jüngst ein internationales Team, das mit zahlreichen Kleinteleskopen 12.000 Sterne absuchte und dabei einen Gasriesen entdeckte. Ja, es sieht ganz danach aus, als stünde die Entdeckung des ersten echten erdähnlichen Planeten unmittelbar bevor.

Auf der Jagd nach Planeten außerhalb unseres Sonnensystems folgen die Planetenjäger unserer Tage einem ungeschriebenen Gesetz: Je kleiner und erdähnlicher ein in den Weiten des Alls entdeckter Planet ist, desto interessanter und "lebendiger" ist die wissenschaftliche Beute, weil dann die Wahrscheinlichkeit größer ist, dass auf dem Himmelskörper Leben existieren könnte. Ausgehend von dieser Prämisse fahnden Astronomen schon seit über 20 Jahren nach extrasolaren Sterntrabanten – und dies mit einer annehmbaren Erfolgsquote.

So oder ähnlich könnte TrES-1 nach Meinung eines Space-Art-Künstlers aussehen (Bild: David A. Aguilar, CfA)

Seitdem Michel Mayor und Didier Queloz vom Genfer Observatorium im Jahr 1995 bei dem Stern 51 Pegasi den ersten Planeten einer noch nicht erloschenen Sonne entdeckten, haben 126 Exoplaneten den Sprung in den offiziellen Exoplaneten-Katalog von Jean Schneider geschafft, während noch mehrere Hundert Kandidaten darauf warten, als waschechte extrasolare Planeten "überführt" zu werden.

Dopplereffekt-, Foto- und Astrometrie-Methode

Um die fernen Welten zu erblicken, bedienten sich die Forscher bislang verschiedener Techniken. Neben der bekannten, altbewährten und am häufigsten erfolgreich angewandten Dopplereffekt- oder auch Radialgeschwindigkeitsmethode, bei der Astronomen die Gravitationskraft der Planeten und die daraus resultierende taumelartige Bewegung des Heimatgestirns messen, gewinnt auch die Transit-Technik respektive Fotometrie-Methode zunehmend an Bedeutung. Hierbei messen die Planetenforscher die Helligkeitsschwankungen eines "ausgewählten" Sterns. Kreuzt ein dort befindlicher Exoplanet die Sichtlinie des anvisierten Muttersterns, können die Astronomen die minimale Helligkeitsschwankung registrieren, die für die Dauer des Transits um winzige Bruchteile abnimmt.

Noch ungewöhnlicher ist die Astrometrie-Methode. Wie bei der Dopplereffekt-Technik messen die Planetenjäger auch bei diesem Verfahren die geringfügigen tänzelnden Bewegungen, die ein Stern infolge der gravitativen Einwirkung eines planetaren Begleiters macht. Allerdings wird hierbei im Gegensatz zur Radialgeschwindigkeitsmethode nicht die Verschiebung im Spektrum, sondern die Positionsverschiebung des stellaren Körpers selbst direkt berechnet.

Exotische Spurensuche via Pulsar

Geradezu exotisch kommt dagegen die Pulsar-Timing-Methode, aber auch das Gravitational Microlensing daher. Auch wenn diese Verfahren noch in den Kinderschuhen stecken, haben sie dank emsiger Astronomen bereits die ersten Gehversuche absolviert. Immerhin gleicht das Prinzip der Pulsar-Timing-Methode der Radialgeschwindigkeitsmessung. Der Unterschied besteht nur darin, dass die Forscher bei dieser Methode nicht die Dopplerverschiebung im Spektrum, sondern die Ankunftszeit der Radiopulse messen. Bewegt sich der Pulsar auf den Beobachter zu, kommen die Radiopulse mit einer höheren Frequenz. Entfernt er sich vom Beobachter, so ist die Frequenz der Pulse niedriger. Durch die hohe Zeitmessgenauigkeit können mit diesem Verfahren sogar erdähnliche Körper um Pulsare herum lokalisiert werden.

Während bei dem Pulsar-Timing-Prinzip also gezielt periodische Veränderungen in der Ankunftszeiten von Pulsar-Signalen gemessen werden, steht beim Gravitational Microlensing ein völliges anderes Prinzip im Mittelpunkt.

Mikrogravitationslinse: Planetensuche per Zufall

Beim Gravitationslinsen-Effekt handelt es sich in der beobachtenden Astronomie um ein mittlerweile kaum mehr wegzudenkendes Verfahren, das auf einem natürlichen Prinzip beruht. Liegen zwei Galaxien in Sichtlinie hintereinander, so dass die erste die dahinter liegende verdeckt, wirkt die erste als Gravitationslinse. Ihre Schwerkraft verzerrt das Licht der verdeckten Galaxie – und platziert dadurch ihr Abbild dergestalt, dass es daneben liegend erscheint. Der Beobachter sieht das Objekt mehrfach, weil die Lichtstrahlen unterschiedliche Wege nehmen. Befinden sich das Objekt, die Gravitationslinse und der Beobachter sogar exakt auf einer Linie, werden die Lichtstrahlen des hinteren Objekts zu einem perfekten Ring, einem Einstein-Ring, um die Galaxis abgelenkt.

Dieser von Einstein vorhergesagte, aber selten auftretende "Microlensing-Effekt", kommt aber auch bei einzelnen Sternen zum Tragen. Bewegt sich ein Stern, der sich in der Sichtlinie der Erde und einem weit entfernten Hintergrundstern befindet, an diesem vorbei, so wird das Licht des Hintergrundsterns in charakteristischer Weise durch den Gravitationslinseneffekt verstärkt.

Die Spiralgalaxie NGC 4414 ist 60 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt. Hierin sind nicht nur Milliarden von Sonnen, sondern auch Milliarden von Planeten beheimatet (Bild: Hubble/NASA)

Dank solcher Phantombilder können die Sterngucker nicht nur hinter die kosmische Fassaden von Sternen, Galaxien und Galaxie-Clustern blicken (die ohne diesen Effekt selbst mit Hilfe des Hubble-Teleskops nicht direkt beobachtbar wären), sondern auch extrasolare Planeten lokalisieren. Denn Exoplaneten, die nahe um den "linsenden" Stern kreisen, verändern die Lichtkurve der Lichtverstärkung dergestalt, dass sie als Planet erkennbar sind.

Auch wenn sich via Microlensing sogar planetare Begleiter bis hinunter zur Erdmasse ausmachen lassen und sich diese Methode sogar dafür eignet, weit entfernte Sterne auf substellare Begleiter hin zu untersuchen, eventuell sogar auf extragalaktischer Ebene, kämpft sie dennoch mit einem Manko: Wichtige mit diesem Verfahren erzielte Messungen und Entdeckungen lassen sich kaum bestätigen, da es sich ja bei diesem Phänomen in der Regel um ein höchst seltenes handelt.

12.000 Sterne im Akkord untersucht

Doch ungeachtet aller modernen Verfahren und des nicht minder modernen und komplexen technischen Instrumentariums, mit denen bislang mehrere Hundert Exoplaneten entdeckt wurden, hat ein internationales Astronomenteam im Rahmen des Trans-Atlantic Exoplanet Survey (TrES) jetzt mit einer Armada von kleinen, preisgünstigen Teleskopen einen neuen Exoplaneten entdeckt. Es ist die erste Entdeckung eines extrasolaren Planeten, die bei einer Überprüfung von mehreren Tausend relativ heller Sterne über große Regionen des Himmels gemacht wurde.

"Diese Entdeckung verdeutlicht, dass man schon mit kleinen Fernrohren einen großen Beitrag zur Suche nach extrasolaren Planeten leisten kann", freut sich der Co-Autor der Studie Guillermo Torres vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics.

Eines der beiden Keck-Teleskope konnte die Existenz des aktuellen Gasriesen bestätigen (Bild: W. M. Keck Observatorium)

Während ihrer Untersuchung fokussierten sich die Forscher mit kleinen, handlichen Teleskopen, die speziell für diese Langzeitobservation konstruiert worden waren, auf rund 12.000 Sterne. Um extrasolare Planeten zu finden, mussten die zu einem interkontinentalen Netzwerk organisierten Planetenjäger viel Geduld aufbringen und alle "ausgewählten" Sterne regelmäßig überwachen. Dabei visierten sie unter Anwendung der Transit-Technik mit ihren 4-Zoll-Teleskopen ausschließlich sehr helle und erdnahe Sterne an.

Das Resultat sah zunächst vielversprechend aus: 16 Kandidaten kamen als Exoplaneten in Frage. "Die TrES Durchmusterung hat uns eine erste Liste von Verdächtigen geliefert. Danach hatten wir eine Menge von Folge-Observationen durchzuführen, um die Hochstapler zu eliminieren", sagt Co-Autor Alessandro Sozzetti von der University of Pittsburgh.

Näher als Merkur an Heimatstern

Innerhalb von zwei Monaten hat das Team die Kandidaten nach und nach herausgefiltert. Und zu guter Letzt blieb nur noch einer übrig: TrES-1, so der Name des neuen Jupiter-ähnlichen Planeten, der 500 Lichtjahre von der Erde entfernt ist und sich im Sternbild Lyra versteckt. Er umkreist seine Sonne alle 3,03 Tage einmal. Zudem ist der größtenteils aus Wasserstoff und Helium bestehende Gasriese nur rund 6,43 Millionen Kilometer von seinem Heimatstern entfernt. Damit liegt TrES-1 deutlich näher an seinem Zentralgestirn als etwa Merkur an unserer Sonne.

"Wenn wir einen vorbeiziehenden Planeten gefunden haben, wissen wir, dass dessen Orbit grundsätzlich hochkant steht. So können wir die exakte Masse berechnen. Von der Menge des Lichtes, das er blockt, leiten wir seine physikalische Größe ab. In einem Fall waren wir sogar in der Lage, die Atmosphäre eines Riesenplaneten zu entdecken und zu untersuchen," so Charbonneau.

Inzwischen hat eine ausgiebige Beobachtungssequenz mithilfe des W.M. Keck Observatoriums auf Hawaii ergeben, dass der Sterntrabant tatsächlich ein waschechter Planet fernab des Sonnensystems ist. Und irgendwo da draußen gibt es ganz bestimmt auch waschechte Kollegen von unserem Heimatplaneten. Wetten!