Kritik an Wahlmaschinen verstößt nicht gegen das Urheberrecht

Der Wahlmaschinenhersteller Diebold hat nach dem wichtigen Urteil eines kalifornischen Gerichts missbräuchlich den DMCA genutzt, um Kritiker zum Schweigen zu bringen

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Für die amerikanische Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation ist es ein bahnbrechendes Urteil, das nicht nur die Anwendung des umstrittenen Digital Millenium Copyright Acts (DMCA) seitens Diebold kritisiert sondern auch in Bezug auf Redefreiheit und Providerhaftung neue Regelungen schafft.

Geklagt hatte ein Provider, der von Diebold eine sogenannte "cease-and-desist order" erhalten hatte. Stein des Anstoßes waren Memos, die sich mit der Unsicherheit der von Diebold entwickelten Wahlmaschinen befassten (Urheberrecht gegen Kritiker). Die Online Policy Group (OPG) war allerdings nur der "Abgemahnte dritter Ordnung" (Abmahnungen vierter Ordnung). Die von Diebold unerwünschten Inhalte waren von zwei Studenten der Swarthmore Universität online gestellt worden - und dies nicht einmal auf einem Server der OPG, von ihm aus wurde lediglich auf die Inhalte verlinkt. Doch Diebold ging auf Nummer sicher und sandte seine Abmahnungen sowohl an die Studenten, an den Kunden OPGs sowie an OPG und dessen Upstream Provider.

OPG und die beiden Studenten wandten sich daraufhin an die EFF und wollten den Fall gerichtlich klären. Für sie ging es hier nicht nur um das in den USA vielgepriesene Prinzip der "free speech", es ging auch um Möglichkeiten, Kritik zu üben, ohne dabei automatisch ins Visier der Rechteinhaber zu geraten. Also um die Frage, ob das Urheberrecht dazu dienen kann, Kritik zu verhindern.

Richter Jeremy Fogel hat in seiner 16seitigen Begründung sowohl den Studenten als auch OPG Recht gegeben:

Kein vernünftiger Urheberrechtsinhaber würde wirklich, dass der Teil des E-Mail-Archivs, der sich mit den Sicherheitslücken der Wahlmaschinen befassen, dem Copyright unterliegt.

Diebolds Meinung, dass es sich um Inhalte handele, welche für die Öffentlichkeit uninteressant bzw. wertlos sind, wurde ebenso deutlich kritisiert:

Man kann sich kaum ein Thema vorstellen, das eher im Sinne des öffentlichen Interesses diskutiert werden sollte. Wenn Diebolds Maschinen tatsächlich die Stimmen der Wähler falsch erfassen, würde die Legitimation von Wahlen selbst unter Verdacht stehen.

Es sei natürlich nicht auszuschließen, dass Diebold durch die Veröffentlichung der Sicherheitslücken finanzielle Nachteile erlitten hätte, das Copyright sei jedoch nicht darauf angelegt, diese Nachteile auf jeden Fall zu verhindern. Diebold, so stellte Fogel abschließend fest, hätte wissentlich den DMCA ausgenutzt, um Kritiker zum Schweigen zu bringen.