Langjährige Handy-Nutzung erhöht Risiko für Ohrtumor

Schwedische Wissenschaftler stellten eine Verdopplung der Wahrscheinlichkeit fest, nach 10 Jahren der Nutzung den gutartigen Tumor zu erhalten

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Wissenschaftler des Karolinska Instituts in Stockholm tragen mit einer neuen Untersuchung zur Diskussion über die Risiken von Handys bei. Ob von den hochfrequenten elektromagnetischen Feldern, denen die Menschen durch den Mobilfunk ausgesetzt sind, gesundheitsschädigende Wirkungen ausgehen, ist noch immer umstritten. Die schwedischen Wissenschaftler wollen festgestellt haben, dass langfristige Handy-Nutzung das Risiko erhöht, einen Tumor in einer Nervenbahn zu bekommen, die das Ohr mit dem Gehirn verbindet.

Die Studie, veröffentlicht in der Zeitschrift Epidemiology (November 2004, Volume 15, Issue 6), bezieht sich allerdings auf analoge NMT-Mobiltelefone und nicht auf digitale GSM-Handys, da diese zur Zeit der Untersuchung noch nicht so lange benutzt worden sind. Insofern bleibt offen, ob die Benutzung digitaler Handys entsprechende Folgen hat, was aber wahrscheinlich ist. Wer NMT-Mobiltelefone 10 Jahre und länger benutzt hat, entwickelt mit einer 1,9 Mal so großen Wahrscheinlichkeit ein Vestibularis-Schwannom (auch: Akustikusneurinom; engl.: acoustic neuroma) als Personen, die solche Handys weniger lang oder gar nicht verwendet haben.

Während einer Zeitspanne von drei Jahren wurden in Zusammenarbeit mit Kliniken in Teilen Schwedens alle Patienten mit Vestibularis-Schwannom registriert und anschließend über ihre Handynutzung befragt, wenn sie sich einverstanden erklärten hatten, bei der Studie mitzuwirken. Die Kontrollgruppe ohne den Tumor wurde zufällig ausgewählt. Dabei stellte sich heraus, dass das Risiko, den Tumor zu erhalten, bei einer über 10 Jahre erfolgenden Handy-Nutzung doppelt so groß ist. Wird nur das Ohr betrachtet, an dem der Hörer normalerweise gehalten wurde, so ist das Risiko fast vier Mal so hoch als bei den Menschen, die Handys weniger lang oder gar nicht nutzten. Offenbar scheint es eine Schwelle bei 10 Jahren zu geben. Die Studie wurde im Rahmen des Projekts Interphone der International Agency for Research on Cancer (IARC) der WHO durchgeführt.

Vestibularis-Schwannom ist gutartiger Tumor der Schwann-Zellen der vestibularen Nerven des 8. Hirnnerven im inneren Gehörgang. Er wächst langsam und tritt etwa bei einem von 100.000 Menschen auf. Die Ursache ist noch unbekannt. Folgen des Tumors beschränken sich auf die Seite des Befalls. Er kann zu Hörminderung, Tinnitus, Schwindel oder Gleichgewichtsstörungen führen, es können aber auch Störungen bei Gesichtsnerven oder Schmerzen (Trigeminusneuralgie) auftreten.

Das Ergebnis bestätigt eine Studie der schwedischen Wissenschaftler Lennart Hardell und Kjell Mild, die 2001 veröffentlicht wurde. Ebenfalls bei analogen Handys wurde hier festgestellt, dass nach einer zehnjährigen Nutzung das Risiko einer Tumorerkrankung 2,6 und das für Vestibularis-Schwannom 3,5 Mal höher als bei der Kontrollgruppe war. Eine Untersuchung, die dänische Wissenschaftler im Januar 2004 veröffentlichten, ergab allerdings kein erhöhtes Risiko für Vestibularis-Schwannom, jedoch waren die Tumore bei Handy-Benutzern größer.

Dass die vom Mobilfunk ausgehenden hochfrequenten elektromagnetischen Felder das Krebsrisiko steigern können, wird vermutet. Man geht davon aus, dass Mikrowellen nicht zur Entstehung von Tumorzellen führen, sondern ihr Wachstum fördern oder es erleichtern können, dass Karzinogene in Zellen aufgenommen werden. Auch wenn aufgrund der geringen Zahl der untersuchten Personen die Ergebnisse beider schwedischen Gruppen weiter geprüft werden müssen, so scheint im Rückschluss doch sicher zu sein, dass eine geringe und kurzfristige Nutzung keine erhöhtes Tumorrisiko im Ohr mit sich bringt.