Wer bloggt, fliegt – aus dem Dienst

Stewardess wurde wegen privatem Weblog suspendiert

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Dass das Betreiben einer eigenen privaten Website – egal, wie albern und unbedeutend diese letztlich ist – gefährlich ist, hat sich mittlerweile herumgesprochen: Neben Abmahnungen wegen Urheber- und Markenrecht kann man sich dabei auch eine des Arbeitgebers einfangen. Meist wird jedoch gar nicht abgemahnt, sondern gleich durchgegriffen.

Manche haben es bereits seit 1998 oder länger als Zusatzparagraf in ihren Arbeitsverträgen: Private Websites des Arbeitnehmers dürfen keinesfalls auf den Arbeitgeber hinweisen. Schließlich könnte die private Website ja von einer Art sein, die das Ansehen des Arbeitgebers beeinträchtigt. Nur wenige Arbeitgeber wollen Mitarbeiter, die sich auch in der Freizeit öffentlich engagieren und allzu bekannt sind.

Doch auch ohne solche schriftliche Vereinbarungen schweigen sich immer mehr Netiziens inzwischen auf ihrer Homepage und in ihrem Blog über ihren Arbeitgeber aus: Der Ärger ist programmiert, wenn irgendwem – dem Chef, einem Kunden, einem intriganten Kollegen oder einem abgeblitzten Stalker – die Website missfällt. Auch ist es speziell im Blog, dem Webtagebuch, kaum möglich, den Bereich des Lebens, der darin die meiste Zeit einnimmt, völlig auszublenden – schon der Satz "heute war es wieder schrecklich" könnte der Chef auf sich beziehen, obwohl vielleicht nur ein nerviger Anrufer gemeint war.

"Tagebuch einer abgestürzten Stewardess"

Ist das Blog anonym bei einem Bloghoster untergebracht statt auf der eigenen Domain oder jene zumindest anonym registriert und ohne Impressum, so scheint dieses Problem gelöst zu sein und auch unerwünschte Verehrer finden nun nicht mehr den Weg vom Gästebuch zum Telefonanruf oder gar Hausbesuch. Doch bei den dank Digitalkameras immer häufigeren Blogs mit Fotos wird es wieder schwierig: Sind dort Szenen aus dem Berufsleben zu sehen, wird es kritisch, zumal wenn dann auch noch der Blogger selbst auf Fotos identifizierbar wird.

Dies erfuhr die bei Delta-Airlines angestellte Stewardess Ellen Simonetti nun auf die harte Tour. Als ihre Mutter im Januar gestorben war, begann sie, ein Blog zu führen, um sich über den Verlust hinwegzutrösten. Dabei verwendete sie auch die von ihrer Mutter geerbte Digitalkamera und machte Fotos von ihrer Umgebung. Einmal wurde sie dabei selbst fotografiert – von Kollegen in ihrer Stewardessen-Uniform in einem leeren Flugzeug zwischen zwei Flügen. Leger auf einer Sitzreihe thronend als Königin der Lüfte mit etwas viel Knie, doch noch schicklich angezogen.

Das Corpus Delicti: Zu frivol für Delta Airlines

Dieses Bild hat sie nun den Job gekostet, wie die BBC meldet: Anhand der Uniform war erkennbar, dass es sich bei "AIA – Anonymous International Airlines" in Wirklichkeit um Delta Airlines handelte und Stewardessen, die sich privat als "Königinnen der Lüfte" präsentieren, das mag Delta offensichtlich gar nicht, obwohl das Blog zu diesem Zeitpunkt einen fiktionalen Charakter hatte und die Schreiberin sich als anonymer Avatar in "Quirksville, Texas" präsentierte. Auch die Namen anderer Städte oder Firmen waren frei erfunden.

Ellen ist nun bereits seit über einem Monat und auf unbestimmte Zeit vom Dienst suspendiert – ohne Fortzahlung von Lohn oder Krankenversicherung. Der Arbeitgeber hofft, dass sie freiwillig kündigt. Es gab keine Abmahnung oder Vorwarnung oder auch nur einen Hinweis, das Bloggen einzustellen oder eine entsprechende Firmenrichtlinie. "Wenn ich gewusst hätte, dass mich das Blog meinen Job kostet, hätte ich es nicht gemacht", so Ellen Simonetti. "Wenn sie mich gebeten hätten, das Blog abzuschalten, hätte ich das gemacht, aber diese Möglichkeit hat man mir nie gegeben."

Ellen nun nur noch privat

Offiziell wurden ihr lediglich "unschickliche Fotos" vorgeworfen, wobei sie nur in einem der zu diesem Zeitpunkt auf der Website gezeigten Bilder die Uniform an hatte. Inzwischen haben zwei ihrer Freunde das Bloggen eingestellt, einer davon auf Anweisung seines Arbeitgebers. Ellen führte ihr Blog dagegen zunächst noch weiter, nutzte die unfreiwillige Freizeit für abendliche Kneipenstreifzüge und setzte nun geringfügig freizügigere Bilder – nämlich ohne Uniform – auf die Website. Inzwischen ist jedoch nur noch ihr Gästebuch online, das eigentliche Blog ist offline und die Königin der virtuellen Lüfte auf dem harten Boden der reellen Tatsachen aufgeschlagen. Auf Blogger als Kunden verzichtet Delta Airlines dafür zukünftig gerne.

Nachtrag: Inzwischen wurde Ellen Simonetti von Detla Airlines endgültig gefeuert. Sie hat ihr Weblog samt "auf vielfachen Wunsch" auch der gesamten beanstandeten Foto-Auswahl nun wieder online geschaltet.