Generation persischer Golf

Das erste Google Bombing der iranischen Blogosphäre

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Eigentlich fallen die iranischen (oder sollte man sie von nun an als "persische" bezeichnen?) Blogger bei Staatsvertretern gerne unter den Generalverdacht, dass sie unpatriotisch seien, Nestbeschmutzer. Hetzartikel, die eine große Verschwörung der Blogger gegen das Land "aufdecken", wurden verfasst (vgl. "Das größte Gefängnis im Nahen Osten"), Journalisten wegen unliebsamer Internetaktivitäten, die mit Bloggen assoziiert werden (vgl. Blogs und Chatrooms verführen zum Bordellbesuch), verhaftet. Möglicherweise korrigiert aber jetzt eine "Bombe" das unpatriotische Image der "subversiven" iranischen Bloggergemeinde.

Das erste Google Bombing der iranischen Blogosphäre war erfolgreich, jubelt deren bekanntester Protagonist, Hossein Derakhshan: Wer bei Google nach einem "arabian gulf" sucht, der findet zuoberst (zumindest noch heute Mittag) folgende "Auskunft":

Den Golf, nach dem Sie suchen, gibt es nicht. Versuchen Sie "Persian Gulf".

Der Golf, nach dem Sie suchen, ist nicht verfügbar. Kein Gewässer, das so genannt wird, hat es jemals gegeben. Der korrekte Name ist "persischer Golf", der immer schon und für alle Zeiten persisch bleiben wird.

Der Google-Bombe, die vom Blogger Pendar lanciert und von "Tausenden iranischer Blogger" unterstützt wurde, war eine Woche zuvor ein kartographischer Streit vorausgegangen, der sich an der Veröffentlichung der achten Ausgabe des "National Geographic"-Weltatlasses entzündete. In der Neuausgabe stand hinter der Bezeichnung "Persian Gulf" in Klammern "Arabian Gulf", zudem wurde bei drei Golfinseln ("Abu Musa", "Greater Tunb" und "Lesser Tunb"), welche die Vereinigten Arabischen Emirate für sich reklamieren, ebenfalls in Klammern der Zusatz hinzugefügt, dass sie vom Iran besetzt sind ("occupied by Iran").

In der ersten Reaktion auf diese kartographische Gemeinheit verbot der für ausländische Medien zuständige Vertreter des iranischen Kulturministeriums, Muhammed Hossein Khoshvaght, allen Journalisten der National Geographic Society den Zutritt zum Iran und stoppte die Publikation des Atlasses im Land. National Geographic reagierte mit einer Presseerklärung, der zufolge die Bezeichnung "Persian Gulf" zwar die Hauptbezeichnung sei, weswegen es auch als "Primary Name" geführt werde, es aber seit langem die kartographische Praxis der Gesellschaft gebe, wonach ein zweiter Name in Klammern dahinter gesetzt werde, wenn dessen Gebrauch allgemein sei.

So werde für das Meer zwischen Japan und Korea als erster Name "Sea of Japan" geführt und in Klammern der zweite Name ("East Sea") dazu gesetzt. Da es über die genannten Inseln im Golf einen Konflikt zwischen Iran und den Vereinigten Emiraten gebe, habe man durch den Zusatz "Occupied by Iran (claimed by the U.A.E.)" diesen Konflikt deutlich machen wollen.

Der Streit ist wie viele andere Streitigkeiten über die richtige Benennung "dumm" und überflüssig, meint der amerikanische Blogger und Geschichtsprofessor Juan Cole: Der persische Golf würde nach griechischen und lateinischen Quellen in der Antike als solcher bezeichnet. Die frühen Iraner, die im achten oder neunten Jahrhundert vor Christus in Elam einwanderten, wurden auf alten assyrischen Tafeln "Parsumasch" genannt und sollen sich selbst als Parsen oder Iran (Arian) bezeichnet haben. Der Südwesten des heutigen Iran wird noch heute Provinz "Fars" genannt (da durch die Eroberungsfeldzüge der Muslime das arabische Alphabet dort eingeführt wurde, wurde das "p" durch ein "f" ersetzt). Weil die Iraner zu dieser Zeit das am besten ausgebildete Navigationssystem im Golf gehabt hätten, hätten die Griechen und Römer das Meer in ihren Sprachen "persischer Golf" genannt.

Erst der Aufstieg der Nationalismen im 20.Jahrhundert habe die Benennungen verkompliziert; arabische Nationalisten forderten, dass der Golf "arabisch" heißen soll. Und Resa Shah bestand im Jahre 1933 darauf, dass alle westlichen Zeitungen das Land "Iran" nennen sollten und nicht "Persien". Nach dieser Logik müsste dann der Golf allerdings als "iranisch" bezeichnet werden.