Halbes DSL-Tempo für unterwegs

UMTS, der mobile Datenfunk: Was bietet das Investitionsmonster?

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

"ISDN – Ist Sowas Denn Nötig?" – so wurde jahrelang gewitzelt. ISDN hat zwar das normale Telefon nie ganz ersetzt, doch ist es heute durchaus verbreitet, wenn mehr als Omas Telefon mit gehäkeltem Untersetzer angeschlossen werden soll. Wie aber steht es um den neuen Funktelefonstandard UMTS?

"Immer und überall Online" – fließend warm Wasser und Internet, ob zuhause oder auf dem Bahnhofsklo von Wanne-Eickel, das war der Traum der "New Economy" zur Jahrtausendwende.UMTS versprach, es möglich zu machen. Für Milliarden wurden von der RegTP Frequenzen versteigert – und am Schluss die bei der Versteigerung benutzte Stoppuhr gleich dazu.

"Mobiltelefonieren wird in Zukunft gratis sein, da lohnt sich das Abrechnen gar nicht mehr, das Geschäft läuft nun mit Daten", so tönte man beispielsweise aus dem Hause Mobilcom. Solche Sprüche kennt man, es gab ja auch mal Leute, die meinten, mit Atomkraftwerken werde der Strom so billig, dass sich das Licht ausschalten oder gar das Zählen und Abrechnen nicht mehr lohnen werde. Dabei hatte gerade Mobilcom bereits zum Jahreswechsel 1998/1999 mit der ersten Daten-Flatrate – damals noch für ISDN – eine technische und finanzielle Flach- bis Bruchlandung hingelegt und es gab auch immer wieder mal Gratis-Telefonierwochenenden mit zusammenbrechenden Netzen. Aber immerhin: Ein Datenanschluss ist im Gegensatz zum Stromanschluss im Maximaldurchsatz kalkulierbar, sobald es keine Minutenpreise für Verbindungen mehr gibt und man sich nicht mit blockierten Leitungen wie beim Telefon herumplagen muss.

"Ist die Kuh Elsa schon geimpft?" – Der moderne Dr. vet. mit Notebook und UMTS im Stall (Bild: Vodafone)

Dann kam der Kater: Die von geldgeilen Goldgräbern ohne Sinn und Verstand angeheizte New-Economy-Blase (Uns verbrennt die Nacht - und das Geld) platzte. Geblieben sind von ihr nur die irrsinnigen Streitwerte in Domain- und anderen internetbezogenen Rechtsstreits: Die Juristen glauben auch heute noch, Internet sei wichtiger als das richtige Leben, vor allem dann, wenn sie es selbst gar nicht nutzen. Die Yuppies mussten dagegen Audi TT, Multimedia-Notebook und WAP-Handy dem Insolvenzverwalter hinterlassen und kauften sich nur deshalb noch ein Prepaid-Handy bei Tchibo, weil sie entdeckten, dass zuhause mangels Anwesenheit inzwischen Strom und Telefon abgestellt waren.

An überhöhten Erwartungen fast gescheitert

UMTS, das eigentlich nur als logische Fortentwicklung der GSM-Funktelefonnetze angetreten war, fiel nun erstmal voll auf die Fresse: Die ausgegebenen Milliarden für die Frequenz-Lizenzen fehlten nun im Konjunktureinbruch, die UMTS-fähigen Netze mussten erst noch gebaut werden, ebenso wie die zugehörigen Geräte und wer diese kaufen sollte, konnte sich nun auch niemand mehr vorstellen. Zudem begann das im Gegensatz zu UMTS nie gehypte, aber sehr praktische WLAN sich durchzusetzen und immer mehr glaubten, WLAN werden nun UMTS ersetzen.

Doch ebenso wie das digitale Fernsehen DVB-T, das zwar auch in Bewegung, doch nicht mit 130 oder mehr auf der Autobahn empfangen werden kann und aus eben diesem Grund nicht das digitale Radio DAB ersetzen wird, ist auch WLAN als drahtloser Zugang kein "Überall-Internet": Es fehlt an den Fähigkeiten, in schneller Bewegung zu funktionieren, von einem Hotspot unterbrechungsfrei zum nächsten zu wechseln oder überall außer zuhause problemlos und einheitlich abrechnen zu können: Mal wird pro Tag abgerechnet, mal pro Stunde und wer erst am Flughafen kurz die Büro-E-Mail checken, dann im Hotel die Nachrichten im Web lesen und dann noch mal im Café kurz den Freunden zuhause einen Gruß schicken will, hat ruckzuck drei verschiedene WLAN-Verträge mit möglicherweise auch noch verschiedenen notwendigen Einstellungen am Gerät abgeschlossen. Nicht wirklich praktisch und nicht wirklich billig – und kaum hat man das Stundenkontingent am Flughafen durch den E-Mail-Connect angeknabbert, so wird auch schon der Flug aufgerufen und das Restkontingent verfällt. Und dann sind in WLANs oft etliche Ports gar nicht freigeschaltet und beispielsweise der VPN-Tunnel ins Firmennetz plötzlich am Messestand nicht wie erwartet zugänglich. Wie praktisch wäre da doch, wie beim Handy nur einfach einschalten zu müssen und überall denselben Tarif zu nutzen?

Ja, und genau das sollte UMTS bringen. Bis zu 2 MBit/s Datenübertragung an Hotspots, 384 KBit/s im Normalfall. Wobei es außerdem zumindest auf Duplex-Frequenzen auch nicht mehr die Funkstörungen in Stereoanlagen und Fernsehern verursachen sollte wie GSM, weil nicht mehr gepulst, sondern kontinuierlich und mit in Sendernähe ohnehin stark reduzierter Leistung gesendet wird.

New-Economy-Kater

Doch das erkläre mal einer den Elektrosmog-Fürchtenden. Die sind sogar ganz besonders gegen UMTS. Ebenso die Finanzchefs der Netzbetreiber. Die Neuen – Quam und Mobilcom – haben deshalb auch längst das Handtuch geworfen und ihre Milliardenlizenzen nicht einmal für einen Euro mehr los schlagen könnent. Es bleiben D1 Telekom T-Mobil, D2 Vodafone, E Plus und E2, erst Viag Interkom und heute O2.

Die beiden älteren Netze D1 und D2 haben bei den Standorten und damit auch bei UMTS natürlich erstmal die Nase vorn. Bei beiden ist das flinke Datensystem längst verfügbar. Allerdings ist für D1 das Wort "UMTS" verbrannt – man hat es zwar, redet aber lieber nicht mehr davon und hofft auf einen Marketingmann, dem dafür ein neuer Name einfällt – so, wie "DAB" zu "Digitalradio" wurde. Man muss bei D1 schon sehr nach UMTS suchen und kann sich auch dann die Hardware zunächst nur "vormerken" – vor Anfang November ist sie nicht lieferbar, wobei das zugehörige Jahr offen bleibt. Die Datentarife enthalten Volumen- und Zeittarife sowie eine Flatrate, die aber in Wirklichkeit nur ein besonders großer Volumentarif ist. Die D1-PCMCIA-Karte soll dann auch gleich den WLAN-Zugriff mit abdecken: Um sich das Hotspot-Geschäft nicht entgehen zu lassen, wollen ja auch die Mobilfunk-Netzbetreiber WLAN anbieten, wobei die Tarife allerdings nicht unbedingt günstiger sind als über das Mobilfunknetz – nur die Verbindung ist schneller.

Vodafone Dashboard 3.02 schießt gezielt FTP-Programme ab, auch wenn die Verbindung gar nicht über UMTS laufen soll

D2 steht dagegen zu UMTS und bietet seine UMTS-Karte sehr offensiv an: Mit Vertrag wie bei Handys schon ab einem Euro, auf Messen dagegen wiederum teils zum vollen Preis, aber mit Rückgabeoption innerhalb von zwei Monaten, wobei 70 Euro Kaution einbehalten werden. Die Tarife sind auch hier ähnlich. Und da geht es natürlich durchaus ins Geld, wenn per UMTS gesurft wird.

Telepolis probierte das prinzipiell bereits seit Februar 2004 und inzwischen auch in ausreichenden Mengen lieferbare UMTS-Angebot von D2 für 14 Tage praktisch aus. Dies endete zunächst in einem totalen Fiasko: Die Software "Vodafone Dashboard" in der mitgelieferten Version 3.02 erwies sich nämlich wortwörtlich als die lange vergeblich gesuchte "UMTS-Killer-Applikation": Sie nervt nicht nur durch unerwartete Musikbegleitung und mehrfaches Booten, sondern wegen eines Kompressionprogramms namens "Makara", das – was ja erfreulich wäre – Gebühren sparen soll, geht nach der Installation gar nichts mehr, auch wenn UMTS gar nicht läuft.

Endlich gefunden: Die "UMTS-Killerapplikation"

So werden beispielsweise FTP-Programme nach der Installation der Vodafone-Software direkt beim Start mit einer englischen Meldung abgeschossen, auch wenn das Programm eingedeutscht ist und auch die Verbindung ins Mobilfunknetz kommt nicht zustande, weil im selben Moment, in dem man verbinden will, das Netz verschwindet. Auf älteren Notebooks mit Windows 98 geht erst recht nichts, weil die Software alle Windows-98-Treiber in 50 Unterverzeichnissen mit extrem langen, doch ähnlich klingenden Namen versteckt und so selbst eine manuelle Installation zuverlässig vereitelt – automatisch läuft ohnehin nichts.

Die Hotline war hier zunächst völlig ratlos ("Wir haben keine Kompatibilitätslisten, es kann immer mal passieren, dass eine Software nach Installation von UMTS nicht mehr funktioniert!"), doch dann ergab sich, dass man die neuere Version 3.03 verwenden solle. 70 MB sind aus dem Internet herunterzuladen, wenn man die richtige Softwareversion gefunden hat und danach funktioniert alles perfekt: Die Up- und Downloadgeschwindigkeiten entsprechen der von "T-DSL lite", bieten also das exakt halbe Tempo des "alten" T-DSL mit bis zu 64 KBit/s für den Upload und bis zu 384 KBit/s für den Download. Die Reaktionszeiten beim Anklicken von Weblinks sind allerdings deutlich höher als bei DSL; für Online-Spieler kommt UMTS somit eher nicht in Frage.

Einziges Problem: Solange der Notebook läuft, muss eine einmal eingesteckte UMTS-Karte auch aktiv bleiben. Zieht man sie nämlich einfach heraus, um Strom zu sparen oder weil einen das blaue Geblitze der Bereitschaftsanzeige stört, so friert der ganze Rechner auf der Stelle ein. Eine Alternative hierzu gibt es nicht, denn das Icon "PCMCIA-Hardware sicher entfernen" ist wiederum mit der Version 3.03 der Vodafone-Software spurlos aus dem System verschwunden. Eine in Kürze erscheinende Version 4.0 soll allerdings auch dieses Problem beheben – und dafür vielleicht ein paar neue mitbringen.

UMTS-Geschwindigkeit ist keine Hexerei

Bei der Geschwindigkeit braucht UMTS sich also nicht zu verstecken, auch die Netzabdeckung war selbst am Ortsrand einer Kleinstadt noch so gut, dass die volle Geschwindigkeit auch in Gebäuden zur Verfügung stand. Sollte kein UMTS zur Verfügung stehen, so schaltet die Karte selbsttätig auf GSM/GPRS herunter. Die Verbindungskosten schießen allerdings bei typischen Firmenanwendungen wie IMAP-Zugriff über VPN, bei denen die Megabytes nur so dahinrauschen, sehr schnell in die Höhe und zum Privatvergnügen ist Surfen per UMTS ohnehin auf jeden Fall noch zu teuer.

Immerhin lassen sich die Kosten aber gut kontrollieren: Die Vodafone-Software baut nicht wie gängige Router selbstständig Verbindungen auf, sondern es wird definiert ein- oder ausgeschaltet, sodass – bei Minutentarifen – die Uhr tickt oder gestoppt wird oder – bei Volumentarifen, die dem Medium UMTS technisch deutlich mehr angepasst sind und Hektik vermeiden – sichergestellt ist, dass nicht irgendwelche mit Refresh alle 10 Sekunden programmierten Werbebanner die Handyrechnung in astronomische Höhen treiben. Auch kann man sich ein Limit für die übertragene Datenmenge getrennt nach GPRS und UMTS setzen und dann kontrollieren, wie viel des Budgets man bereits verbraucht hat. Auch angenehm ist, dass das Einrichten der UMTS-Verbindung bestehende LAN-Konfigurationen nicht zerschießt – sofern man nicht die Softwareversion 3.02 verwendet, versteht sich.

Gegenwärtig ist der Preis für per GPRS und UMTS heruntergeladene Daten zwar gleich, doch ist anzunehmen, dass UMTS irgendwann das MB deutlich billiger anbietet als das langsamere und die alten Handynetze belastende GPRS. Mit der Zeit dürften die Tarife sicher in finanzierbare Regionen kommen, es bleibt dann nur zu hoffen, dass sich die im Netz üblichen Datenmengen und -geschwindigkeiten bis dahin nicht wieder verzehnfacht haben und den Vorteil auffressen.

Zum Surfen noch zu teuer

Apropos Handy: Telefonieren kann man mit der Vodafone-UMTS-Datenkarte nicht – außer vielleicht per Internet-Telefonie, die über UMTS kein Vergnügen sein dürfte. Und es hilft auch nichts, die SIM-Karte in ein (UMTS-)Handy zu stecken: Es ist eine reine Datenkarte mit Vertrag und Grundgebühr, aber sie erspart das Strippenziehen. Je nach Vertrag sind dann zwischen einem und 199 Euro für die Steckkarte fällig. Per Prepaid ohne Grundgebühr gibt es UMTS dagegen nicht – aber das hatte auch keiner ernsthaft erwartet.

Bis Weihnachten will Vodafone zwei UMTS-Karten und neun UMTS-Handys zu ähnlichen Konditionen anbieten. Die Werbeplakate dafür verzieren bereits die Städte. Ab 20 Euro im Monat für 50 Gesprächsminuten plus von einem bis 399 Euro für das Handy – die teureren Tarife führen zu reduziertem Handypreis – kann man dabei sein und Videotelefonie soll dabei zunächst nicht mehr kosten als Sprachtelefonie. Die zweite UMTS-Karte wird dann zusätzlich WLAN bieten, was allerdings mittlerweile immer mehr Notebooks bereits ab Werk verbaut haben.

Rot mit blauem und gelbem Blinklicht: UMTS-PCMCIA-Steckkarte von Vodafone (Bild: Vodafone)

Doch bevor der falsche Eindruck entsteht, dass UMTS nun doch noch eine ernsthafte, seriöse Angelegenheit wird: Dagegen hat Vodafone natürlich vorgebeugt und verkündet: "Handy-TV bringt maßgeschneiderte, gespeicherte Fernsehausschnitte aufs Handy, wie Höhepunkte aus RTL, N24 und MTV sowie Comedy-Shows wie Anke Engelkes "Ladykracher" oder "TV Total" mit Stefan Raab. Und dank UMTS kann man sich blitzschnell den Lieblingssong aufs Handy laden und den Titel danach aus dem Internet auf dem PC speichern und als CD brennen."

Zehn Millionen auf dem Handy TV-Filmchen guckende Kunden bis 2006 – allerdings europaweit, nicht nur in Deutschland – erwartet Vodafone. Die GEZ freut sich (Alles im Leben hat seinen Preis), die Optiker ebenfalls, die Musikindustrie dagegen weniger, falls dabei einmal nicht das kostenpflichtige Vodafone-Downloadportal verwendet wird