Cointelpro 9/11

Die Suche nach der Wahrheit des 11.9. im Spiegelsaal von Desinformation und Denunziation

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Cointelpro war der Name eines geheimen FBI-Programms mit dem Ziel, die Bürgerrechts-, Studenten- und Kriegsgegnerbewegungen der 60er Jahre zu unterminieren. Es wurde aufgrund den Medien zugespielter Akten und verschiedener Untersuchungsverfahren 1971 teilweise enthüllt, aber nachdem das FBI versprochen hatte, derlei nicht wieder zu tun, auch nie restlos aufgeklärt.

Bekannt wurden jedoch über 2.000 verdeckte Operationen, die von Infiltration und Unterwanderung über psychologische Kriegsführung mit gefälschten Veröffentlichungen und Diskreditierungen bis zu direkter Gewalt, Einschüchterung und inszenierten Anschlägen reichten. Terroristische "White Hate"-Gruppen, wie etwa der KuKluxClan, wurden geduldet und gefördert, so lange sie gegen Ziele von "Cointelpro" wie die "Black Panthers" vorgingen. In einem von 1956 bis 1971 laufenden speziellen Medienprogramm waren zudem zahlreiche Journalisten eingebunden (einer der beiden Watergate-Enthüller - Carl Bernstein - benannte die Zahl der Journalisten, die direkt oder indirekt für den Geheimdienst arbeiteten, auf etwa 400. Dass die Cointelpro-Methoden mit der Verfassung unvereinbar waren und massiv gegen Gesetze verstießen, war für FBI-Chef Edgar Hoover kein Hinderungsgrund: er sah in den

dissidenten sozialen Bewegungen eine Gefahr für die "nationale Sicherheit", die aufrecht zu erhalten jedes Mittel recht war.

Robert Anton Wilson, Autor des Romans "Illuminatus" und des "Lexikons der Verschwörungstheorien", machte die ersten praktischen Erfahrungen mit seinem Thema in der Anti-Kriegsbewegung und einer Cointelpro- Operation, deren Ziel es war

...die Friedensgruppen nicht nur zu unterwandern, sondern sie dies auch wissen zu lassen. Das sollte dazu führen, daß sich die Leute gegenseitig verdächtigen, weil jeder jeden für einen Regierungsagenten hält.(..) Und tatsächlich machte die einsetzende Paranoia es damals auch ziemlich unmöglich, daß wir in der Friedensbewegung weiter konstruktiv zusammarbeiten konnten. Mit dieser Methode ging die Regierung auch gegen die Black Panthers und andere radikale Gruppen vor - und gegen Ende der 60er hatte ich mich dann mehr oder weniger an den Gedanken gewöhnt, daß nahezu jeder, mit dem ich einmal politisch zusammengearbeitet hatte, ein Regierungsagent war. Anstatt nun paranoid zu werden fand ich das eher ziemlich komisch. John Adams, einer meiner Lieblinge unter den politischen Philosophen, meinte einmal: "Bei wirklich tiefer Betrachtung der menschlichen Geschichte bleibt nur Weinen oder Lachen - und ich lache lieber." So halte ich es auch. Die Geschichte der Menschheit ist so fürchterlich, wer das ernst nimmt, muß verrückt werden - deshalb versuche ich, am Lachen zu bleiben.

So empfiehlt es sich, mit einer guten Portion Wilsonschem Humor - mehr davon auf seiner demnächst erscheinenden DVD "Maybe logic" - und der Gewissheit, dass auch die Logik ein "vielleicht" enthält, dem großen Hauen und Stechen zu nähern, das seit einigen Monaten in den USA unter den Aktivisten und Autoren der 9-11-Dissidenz ausgebrochen ist. Denn auch dort scheint mittlerweile nahezu jeder jeden für einen Regierungsagenten und Desinformanten zu halten.

Dass in der Debatte um die Wahrheit des 11.9. die Frage LIHOP oder MIHOP - "Let it happen on purpose" or "Make it happen..." - eine Art Wasserscheide markiert, wie einst zwischen den "Fundi" und "Realo"-Strömungen bei den Grünen, hatte ich in dem Beitrag Transatlantische 9/11-Skespsis bereits erwähnt, ebenso wie die Merkwürdigkeit (Willkommen im Büro von Donald Rumsfeld), dass einer der Redner und Sponsoren der 9/11-Konferenz in Totonto Ende Mai 2004, der "Beziehungsguru" John Gray ("Männer sind vom Mars, Frauen von der Venus") eine gemeinsame Firma (GenesisIntermedia Inc.) mit dem arabischen Milliardär, Waffenschieber und CIA-Frontmann Adnan Kashoggi betrieb, deren Aktienschwindel mittlerweile Gegenstand eines Gerichtsverfahrens ist. Daniel Hopsicker ist den Verbindungen John Grays weiter nachgegangen und in einer dreiteiligen Reportage "CoIntelPro 9/11" auf noch merkwürdigere Zusammenhänge gestoßen, wie dem des New-Age-Predigers Gray mit dem Gründer der "Heaven's Gate"-Kults Marshall Applewhite, deren 39 Mitglieder 1997 sich kollektiv "auf eine höhere Ebene" verabschiedeten und Selbstmord begingen (Beam me up).

Das stattliche Haus in einem reichen Vorort San Diegos, in dem dies geschah, war den UFO-Gläubigen von einem Exil-Iraner, Sam Koutchesfahani, vermietet worden - einem Psychologen, der zu dieser Zeit einen Schleuserring betrieb und falsche Studentenvisa an meist arabischstämmige Einwanderer verkaufte. Dazu bestach er Dutzende von College- und Universitätsprofessoren und wurde 1998 zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt. Die Einschleuserpraktiken in San Diego kamen damit aber offenbar nicht zum Erliegen, denn im September 2001 wurde bekannt, dass die verdächtigten Hijacker Nawaf al-Hazmi und Khalid al-Mihdhar dort gelebt hatten, bei einem emeritierten Professor und bezahlten Informanten des FBI, Abdussattar Shaikh. Als der 9/11-Untersuchungsauschuss auf den gastfreundlichen Professor aus San Diego stieß, verweigerten das FBI und Justizminister Ashcroft, dass ihr Mitarbeiter zu einer vereidigten Aussage vorgeladen wurde.

Kann es sein, fragt Hopsicker, dass es sich hier um ein "geschütztes Netzwerk" handelt ? Eines, auf dem nicht nur inoffizielle Mitarbeiter ins Land geschleust werden, sondern zu dem auf der anderen Seite auch die psychologische Kriegsführung gehört, von Desinformation und Ablenkung bis hin zu Mind-Control-Experimenten wie "Heaven's Gate". Dass der merkwürdige Professor mit den engen Beziehungen zu den beiden "9-11 Hijackern" auch mit einer Pseudo-Universität verbunden war, der John Gray seinen umstrittenen Doktortitel verdankt, kann aber natürlich ein weiterer Zufall sein, ebenso wie dessen Geschäftsverbindung mit einer mafiösen Figur wie Kashoggi. Es könnte aber auch zu denken geben, etwa dass solche Leute in Konferenzen und Webseiten zur 9-11-"Aufklärung" nur aus einem Grund investieren - damit diese möglichst lange möglichst vage bleibt.

Dieser Vorwurf wird von einigen Seiten auch einem der führenden 9-11-Publizisten, Mike Ruppert, gemacht, der seit über einem Jahr auf seiner Webseite From The Wilderness sowie in seinem vor kurzem erschienenem Buch "Across the Rubicon" alle Fragen des 11.9. dem Generalthema "Peak Oil" unterordnet. Dass das Ende des Ölzeitalters "die wirkliche Geschichte ist, die einzige... und 9/11 seine erste sichtbare Manifestation" - so oder so ähnlich lauten die Antworten des ehemaligen Polizisten und Drogenfahnders Ruppert, wenn er gefragt wird, inwieweit die Diskussion um die globalen Ölvorräte zur Aufklärung der 9/11-Verbrechen beiträgt.

Seine Kritiker werfen ihm vor, mit diesem apokalyptischen Szenario die Agenda der Ölindustrie und der "Neuen Weltordnung" zu erfüllen, da Ruppert die Möglichkeiten alternativer Energien ignoriere und von der Notwendigkeit globaler Bevölkerungsreduktion spreche. Ruppert hat schließlich auf diese Vorwürfe geantwortet, wobei seine Replik allerdings darunter leidet, dass er jedem seiner Kritiker "Pseudo-Journalismus", "Unprofessionalität" oder "Dummheit" unterstellt - und mit Gerichtsklagen droht. Auch seinem langjährigen investigativen Kollegen an der CIA/Drogen-Front Daniel Hopsicker, der herausgefunden hatte, dass Ruppert für die Firma "Pinnacle Quest International" Vorträge hält, die unter dem Verdacht steht, mit "Schneeball"- und "Pyramiden"-Systemen Finanzschwindel zu betreiben.

Neben der Debatte um die Unfehlbarkeit des "Pontifikators" (Hopsicker) Mike Ruppert sorgen weitere Auseinandersetzungen in der 9/11-Bewegung für Unübersichtlichkeit. Dabei geht es vor allem um die Frage des Pentagon-Flugzeugs und um den "Pod", die Ausbuchtung unter der zweiten WTC-Maschine. Für Mark Robinowitz handelt es sich bei den Webseiten und Videos, die die "Pod"-Theorie einer Rakete unter der Boeing vertreten, sämtlich um Schwindel-Seiten, die willentlich oder unwillentlich das Ziel verfolgen, die 9/11-Bewegung zu diskreditieren. Er fordert alle "seriösen" Seiten auf, sich von den Pentagon- und Pod-"Mythen" zu distanzieren. Eric und Brian Salter halten solche Distanzierungen nach ihrer Analyse des Bildmaterials auf QuestionsQuestions.net zwar für voreilig, stellen aber fest, dass die schlechte Auflösung der Bilder schlicht keine definitive Entscheidung der Frage zulasse und die Hypothese insgesamt reichlich unlogisch sei.

Da derlei Debatten um unscharfe Fotos ad inifinitum fortgesetzt werden können, stellt sich in der Tat die Frage, ob es sich hier um Ablenkungsmanöver handelt - die ähnlich wie schon seit Jahren debattierten Löcher des Pentagoneinschlags von der eigentlichen Suche nach den Tätern und Hintermännern ablenken. Auch wenn das Bildmaterial der Vertreter der "Kein Flugzeug im Pentagon"-Hypothese durchaus überzeugend wirkt, liegt damit kein Beweis vor, sondern letztlich nur weiterer Diskussionsstoff - der aber zu nichts führt, außer zu dem naheliegenden MIHOP-Kurzschluss: "Bush war's." Das Dumme ist nur, dass kein Gericht der Welt davon überzeugt werden kann, nicht mit den Pentagon-Bildern und schon gar nicht von den Blitzen der "Pod-Heads". Warum also damit Tage, Stunden, Wochen verbringen?

Für die harten MIHOP-Vertreter sind schon derlei Fragen reine Blasphemie: Wer nicht an die Täterschaft der US-Regierung glaubt, kann nur ein Regierungsagent sein, der die offizielle "Pleiten, Pech und Pannen"-Theorie unterstützt und allenfalls ein "limited hangout", eine Regierungs-kompatible Teilaufdeckung, befürwortet.

Nachdem die "Washington Post" in einem Artikel am 7.Oktober den Stabschef der 9-11-Untersuchungskommission (und Ko-Autor von Condy Rice) Philip Zelikow zu den kursierenden Verschwörungstheorien befragten, gab sein Kommentar zu dem Video Pentagon-Strike weiteres Öl ins Feuer. Gefragt, ob es noch unveröffentlichtes Bildmaterial zum Pentagon-Crash gebe, antwortete Zelikow "Nein" - obwohl allgemein bekannt ist, dass die Videoaufnahmen eines nahegelegenen Hotels und einer Tankstelle vom FBI unmittelbar nach der Tat beschlagnahmt und nie veröffentlicht wurden, und von den Überwachungskameras eines der bestgesichertsten Gebäude der Welt nur das schlüpfrige Filmchen einer undefinierbaren Explosion. Gleichzeitig aber sagt Zelikow:

Unsere Sorge ist, dass die Dinge infektiös werden können, wie bei der John F. Kennedy Ermordung. Dann können solche Sachen sehr zersetzend sein für die öffentliche Meinung. Das kann an einen Punkt kommen, wo die Bakterien den ganzen Körper krank machen.

Auf die Sorgen eines leitenden Spin-Doctors, der gerade mit seiner Lüge für einen weiteren "Bakterienschub" gesorgt hat, hat Nick Levis von der New Yorker 911.truth.org in einem offenen Brief geantwortet - und die "Washington Post" aufgefordert, endlich den Fragen nachzugehen, die der 9/11-Report ignorierte, wie dem Einsturz des 47-stöckigen Gebäudes WTC 7, den Widersprüchen in den Aussagen zur Luftabwehr von FAA und NORAD, dem Treffen des pakistanischen Geheimdienstchefs (und "Zahlmeister" Mohamed Attas) am 11.9. in Washington. Auch John Judge von der Initative "Citizenwatch" hat an die WP geschrieben und sich beschwert, wie hier einmal mehr die vermeintliche Pentagon-Rakete benutzt wird, um die gesamte Kritik der "9/11-truth-movements" als dubios abzubügeln. Wenn das die Methode ist, dann macht Zelikows beiläufige Produktion weiterer "Bakterien" durchaus Sinn, denn sie wird die Pixeldebatten weiter verlängern - und es den Mainstreammedien weiter erlauben, spaßige Artikel über verrückte Verschwörungstheoretiker zu fabrizieren.