IBM gibt 500 Patente für Open Source Projekte frei

Der Konzern will mit der veränderten Strategie für den Umgang mit geistigen Eigentum Innovation fördern

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In der amerikanischen Industrie scheint sich etwas zu bewegen. IBM, das Unternehmen mit den meisten Patenten, mag es womöglich leichter als anderen Firmen fallen, Patente frei zu geben, aber die Absicht, 500 Software-Patente für Entwickler im Rahmen von Open-Source-Projekten kostenlos zur Verfügung zu stellen, ist ein wichtiger Schritt zu einer veränderten Position im Hinblick auf den Umgang mit dem geistigen Eigentum.

Natürlich versucht IBM den Schritt aufmerksamkeitsökonomisch auszubeuten. Es sei die "größte, jemals gemachte Freigabe von Patenten". Gleichzeitig erklärt man den Schritt aber auch als Beginn eines veränderten Umgangs mit dem geistigen Eigentum des Konzerns und hofft, dass andere Unternehmen folgen. Gedacht wird an die Einrichtung eines gemeinsamen Pools von Patenten, die für Open Source Projekte frei gegeben werden. IBM rückt jetzt noch einen weiteren Schritt von Unternehmensstrategien wie Microsoft ab. Bill Gates hatte erst kürzlich Open Source Verfechter als neue Gattung von Kommunisten kritisiert.

Wie sich das auswirken wird, muss man noch abwarten. Vorerst sammelt IBM weiterhin in rasantem Tempo Patente und hat seit 12 Jahren jährlich mehr als jede andere US-Firma eingefahren. Insgesamt hält IBM weltweit 40.000 und in den USA 25.000 Patente. 2004 erhielt IBM über 3.000 Patente, 1.300 mehr als Matsushita Electric Industrial, die zweitbeste Firma. Erst dann folgen Hewlett-Packard, Micron Technology oder Intel. Mit der Vergabe von Lizenzen hat IBM im letzten Jahr mehr als eine Milliarde US-Dollar eingenommen. Nach eigenen Angaben investiert IBM jedes Jahr mehr als 5 Milliarden US-Dollar in Forschung und Entwicklung.

IBM hat in den letzten Jahren bereits Open Source Projekte wie Linux unterstützt und Software wie Eclipse oder Cloudscape kostenlos frei gegeben. Letzten Sommer versicherte IBM bereits, dass Linux keine Gefahr laufe, an IBM-Patenten zu scheitern. Nick Donofrio, bei IBM als Vizepräsident für Technologie und Fabrikation zuständig, schwärmte damals schon: "Linux ist einfach unglaublich. Es gehört niemandem und ist gleichzeitig das Eigentum von allen. Tausende von Programmierern arbeiten an Linux in einem System gegenseitiger Kontrolle, das bei proprietärer Software nicht möglich ist."

IBM behält freilich die Patente, die u.a. Bildbearbeitung, Texterkennung, Netzwerke, Datenbanken oder Betriebssysteme betreffen, stellt sie aber Entwicklern und Firmen kostenlos zur Verfügung, die an Open-Source-Projekten arbeiten, wie sie von der Open Source Initiative (OSI) definiert werden. Insgesamt hält IBM etwa 10.000 Software-Patente.

IBM verspricht, dass es bei diesem Schritt nicht bleiben wird. Angestoßen werden soll mit der bedingten Freigabe der Patente die Innovation. Die, so die Einsicht des Konzerns, hänge nicht nur vom Besitz geistigen Eigentums ab, sondern auch von gemeinsamem Wissen, gemeinsamen Standards und gemeinsamer Entwicklung: "Offene Standards können die Interoperabilität und die Erweiterung der globalen Infrastruktur beschleunigen." John E. Kelly, IBM-Vizepräsident verspricht sich mit dieser "strategischen Verwendung des geistigen Eigentums" eine größere Anbindung von Partnern und Kunden, aber auch die langfristige Sicherung des Wettbewerbsvorteils des Konzerns:

Im Unterschied zur vorhergehenden industriellen Wirtschaft erfordert die Innovationswirtschaft, dass geistiges Eigentum nicht nur eingesetzt wird, um dem Besitzer Handlungsfreiheit und Generierung von Einkommen zu verschaffen.

Lawrence Lessig, Professor an der Stanford Law School, Mitgründer von Creative Commons und Verfechter eines offeneren Urheberechts, begrüßt den Schritt von IBM, der eine "andere Art der Software-Entwicklung fördert und die Last anerkennt, die Patente auferlegen können". Bei Linux World sieht man gleich eine "virale Subversion des Patentsystems" beginnen.