US-Präsident Bush: Der Krieg hat sich absolut gelohnt, die Welt ist sicherer

US-Vizeverteidigungsminister Wolfowitz im Februar 2003: Irak-Krieg und Wiederaufbau wurden auf 10 bis höchstens 100 Milliarden US-Dollar veranschlagt

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Es ist müßig, aber doch ganz interessant, hin und wieder einmal einen Blick zurück zu werfen und zu vergegenwärtigen, wie die Bush-Regierung vor dem Irak-Irak die zu erwartenden Aussichten geschildert hat. Gerade wurde noch einmal endgültig festgestellt, dass der Irak keine Massenvernichtungswaffen besessen hatte. Trotz verschwundener Legitimation und aller Schwierigkeiten meinte Bush, dass sich der Krieg "absolut" gelohnt habe. Einer der treibenden Motoren für den Krieg gegen den Irak auf dem Hintergrund der Anschläge vom 11.9. und als Bestandteil des Kriegs gegen den internationalen Terrorismus war Vizeverteidigungsminister Paul Wolfowitz. Der hatte Ende Februar etwa dem Haushaltsausschuss des Repräsentantenhauses versichert, dass die Gesamtkosten für den Krieg und den Wiederaufbau zwischen 10 und höchstens 100 Milliarden US-Dollar liegen werden.

Simply stated, there is no doubt that Saddam Hussein now has weapons of mass destruction. There is no doubt he is amassing them to use against our friends, against our allies, and against us.

Vizepräsident Dick Cheney am 26. August 2002
Präsident Bush und Vizepräsident Cheney am 13. Januar 2005 zu Besuch bei Verteidigungsminister Rumsfeld im Pentagon, um sich über den Stand des globalen Kriegs gegen den Terrorismus und die image-fördernde Rolle des Militärs bei der Hilfe in Südostasien zu informieren. Bild: Pentagon

In einem Interview mit ABC gerät US-Präsident Bush allerdings in Not, als Barbara Walters freundlich fragte, wie er sich fühlte, nachdem die Suche nach Massenvernichtungswaffen im Irak, der Hauptgrund für den Krieg, nun endgültig eingestellt wurde, ohne etwas zu finden:

Well, like you, I felt like we'd find weapons of mass destruction. Or like many, many here in the United States, many around the world, the United Nations thought he had weapons of mass destruction, and so therefore, one, we need to find out what went wrong in the intelligence gathering. Saddam was dangerous. And . . . the world was safer without him in power.

US-Präsident Bush

Wieder einmal müssen die Geheimdienste als Sündenbock herhalten, um zu umgehen, dass die Öffentlichkeit über die angebliche Existenz von Massenvernichtungswaffen belogen wurde und dabei auch die UN-Inspektoren ausgebootet wurden. Hussein wurde auch als Bedrohung der USA und anderer Länder dargestellt. Daher wiederholt Bush das Mantra, dass die Welt sicherer nach dem Krieg geworden sei. Gleichzeitig veröffentlicht allerdings der der CIA angehörige National Intelligence Council den Bericht "Mapping the Global Future", in dem es heißt, der Irak sei zu einer neuen Brutstätte des Terrorismus geworden. Dort würden Terroristen wie zuvor in Afghanistan rekrutiert und ausgebildet, um dann im Irak selbst, aber auch im Rest der Welt zu kämpfen. Vor der Invasion hatte der Irak nach Angaben der CIA praktisch keine Beziehungen zum internationalen Terrorismus, auch wenn dies die Bush-Regierung immer unterstellt hatte.

Der Irak, so der NIC-Vorsitzende Robert L. Hutchings, ist "gegenwärtig ein Magnet für internationale terroristische Aktivitäten". Der Krieg gegen den Terrorismus, den die Bush-Regierung auch im Irak fortsetzte, hat also den Terrorismus nicht geschwächt, sondern ihn verstärkt. Irak sei nun eine Konfliktzone wie Kaschmir, Palästina-Israel, Tschetschenien oder Süd-Thailand, durch die die weltweite Solidarität der Muslims und der islamistische Kampf gefördert werden. Dabei werden die Widerstands- und Terrorbewegungen mit ihrer Ausbreitung immer dezentraler, al-Qaida würde in Zukunft kaum mehr eine Rolle spielen. Ganz allgemein geht der Bericht davon aus, dass die Religion in Zukunft eine größere politische Rolle spielen und besonders der radikale Islam sich weiter ausbreiten wird.

Iraker, die zurück nach Falludscha wollen, erhalten einen Ausweis. Ihre Fingerabdrücke und Iris-Merkmale werden in eine Datenbank eingegeben. Bild: Pentagon

Vor dem Krieg

Man muss vermutlich annehmen, dass Wolfowitz wohl selbst wirklich glaubte, dass der Sturz von Hussein durch eine militärische Intervention und die Verwandlung der Diktatur in eine wohlhabende und damit für die muslimische Welt vorbildliche Demokratie, ein erfolgreicher Blitzkrieg werden dürfte. Das unterdrückte Volk würde seinen Befreiern zujubeln. Dann würde das Öl sprudeln, wodurch im Unterschied zum armen Afghanistan breiter Wohlstand einziehen sollte und ein schneller Wiederaufbau ohne große Belastungen für die USA finanzierbar wäre. Tatsächlich ist Husseins Regime erwartungsgemäß wie ein Kartenhaus ohne großen Widerstand zusammen gebrochen, aber als sich dann nicht gleich der Jubel bei allen einstellte und manch falsche Entscheidungen getroffen wurden, kam alles anders als gedacht. Auch eine überwältigende militärische Macht ist kein Garant für das "Nation Building".

Dass man sich im Weißen Haus und im Pentagon nicht so viel gedacht und sich eher auf den Zweckoptimismus, vielleicht auch auf den geschichtlichen Auftrag der USA verlassen hat, ist mittlerweile zum Allgemeinplatz geworden. Natürlich aber war das Herunterspielen der Gefahren auch strategisch notwendig, um ohne allzu großen innenpolitischen Widerstand in den Krieg ziehen zu können. Dazu gehörte auch, dass das ganze Unternehmen billig sein sollte. Und um diese geringen Kosten zu halten, wurden auch Vorschläge in den Wind geschlagen, die möglicherweise die Operation hätten erfolgreicher werden lassen.

So hatte bekanntlich General Eric K. Shinseki kurz zuvor vor einem Senatsausschuss kritisiert, dass das Pentagon viel zu wenig Soldaten in den Irak schicken will. Es wären einige Hunderttausend Soldaten notwendig: nicht für den militärischen Sieg über das Regime, wohl aber zur Sicherung der Lage nach dem Krieg, so der General, der nach seinen aufmuckenden Bemerkungen schnellstens aus dem Dienst entlassen wurde. Und vorsichtig fügte er hinzu, dass "Unterstützung von Freunden und Alliierten hilfreich" sein würde. Nach der Einschätzung Shinsekis gefragt, antwortete Wolfowitz, das sei "völlig abwegig".

Auch was die Kosten betrifft, war Wolfowitz guter Dinge. Da man nur schnell den Sturz bewerkstelligen und dann schnell viele Truppen wieder abziehen würde, die durch irakische oder alliierte ersetzt werden, sollten die Kosten niedrig bleiben. Insgesamt für Krieg und Wiederaufbau ging die Regierung allgemein von unter 100 Milliarden Dollar aus. Wolfowitz sagte zwar, man könne nicht genau sagen, was der Irak-Feldzug kosten werde. Man habe alle Szenarien mehrfach durchrechnen lassen und wenn man alles berücksichtige, "würden die Kosten zwischen 10 und 100 Milliarden Dollar betragen".

Das wollten zwar demokratische Ausschussmitglieder aus verständlichen Gründen schon damals nicht recht glauben. Wolfowitz fügte aber neben den Zahlen auch noch an, dass der Irak doch ganz anders sei als Bosnien oder der Kosovo. Es mache den Peacekeeping-Einsatz eben viel einfacher, weil es im Irak geschichtlich keine ethnischen Konflikte gegeben hat. Dann meinte Wolfowitz noch, dass die amerikanischen Truppen als Befreier von den Irakern begrüßt würden, wenn sie sobald als möglich gehen. Ansonsten würden sie als Besatzungstruppen betrachtet werden. Aber da war sich Wolfowitz wohl sicher, dass die Besatzung nicht lange dauern werde. Nach dem geschaffenen Fakt würden dann auch weitere Länder sich den Amerikanern anschließen.

Für den Haushaltsauschuss blieben allerdings die Kosten zentral. Wolfowitz meinte, dass trotz aller Unwägbarkeiten 95 Milliarden für den Krieg und den Wiederaufbau zu hoch gegriffen seien. Und Kritiker, die befürchteten, dass es noch teurer werden könnte, würden schlicht übersehen, dass der Irak ein reiches Land ist, das Milliarden durch Ölexporte jährlich einnehmen werde: "Anzunehmen, dass wir für alles zahlen müssen, ist einfach falsch."

Nach den Zahlen, die das Pentagon bekannt gegeben hat, sind Irak-Krieg und -Besatzung bislang noch im Rahmen geblieben. Von der Stationierung der Truppen Ende 2002 angefangen bis September 2004 habe das Pentagon 102 Milliarden US-Dollar ausgegeben, durchschnittlich 4,8 Milliarden im Monat. Nicht enthalten darin sind die bereits für das Ende des letzten Jahres zusätzlich bewilligten 25 Milliarden. Gerade wurde die Truppenstärke im Irak um weitere 30.000 angehoben. Für dieses Jahr wird das Pentagon noch einmal mindestens 70 Milliarden, vielleicht auch 100 Milliarden erhalten. Wie weit damit die Kosten für Ausrüstung, Munition, Reparaturen und Ersatz von Fahrzeugen abgedeckt sind, die noch einmal in die Milliarden gehen, ist unklar.