Der Bär zeigt wieder Krallen

Der russische Präsident stoppt den Ausverkauf des Landes, muss dem politischen Treiben vor seiner Haustür aber hilflos zusehen - Teil 1

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Kurz vor Weihnachten ist Wladimir Putin ein spektakulärer Coup gelungen, der Beobachter in Staunen versetzt und besonders jenen US-Investoren die lange Nase zeigt, die sich weiter ungeniert am Gas- und Ölreichtum Russlands bedienen wollen. In "voller Übereinstimmung mit geltendem russischen Recht", so Putin, und sich dabei "normaler Marktmechanismen" bedienend, stoppte er den weiteren Ausverkauf der Gas- und Erdölindustrie an den Westen und band Juganskneftegas, das Filetstück des privaten Ölkonzerns Yukos, das in Sibirien etwa ein Zehntel des gesamten russischen Rohöls fördert, per staatlich verordneter Zwangsauktion an das Mutterland zurück.

Foto: Kreml

Wir geben jeden Anspruch auf, die Menschheit zu erlösen und nehmen daher Kurs auf Pragmatismus. Wir haben schnell begriffen, dass Geopolitik an die Stelle der Ideologie tritt.

Andreij Kosyrew

Taktische Meisterleistung

Alle Warnungen und Drohungen, die im Vorfeld aus dem Weißen Haus, von Ölmultis oder anderen westlichen Stellen zu hören waren, gingen ins Leere. Unbeirrt von jeder Kritik oder Einmischung von außen zogen Putin und seine Freunde den Deal kühl und sachlich über die Bühne. Weder die Klage, die Anteilseigner des Konzerns vor einem US-Provinzgericht in Houston (der Heimat des Ölmulti ExxonMobil, der dank Chodorkowski schon die Fühler nach Yukos ausgestreckt hatte) eingereicht hatten, noch die eilends herbeigerufenen US-Staranwälte, die im Lichte der Fernsehkameras lautstark dem Kreml mit rechtlichen Konsequenzen drohten, konnten sie von der Operation abhalten. Auch eine einstweilige Anordnung verfehlte die erhoffte Wirkung.

Zwar nahmen Kreditgeber, darunter die Deutsche Bank, aus Furcht vor Sanktionen ihre schon bereitgestellte Kreditlinie an Gazprom zurück. Doch am friendly takeover konnte auch dieser juristische Schachzug nichts mehr ausrichten. Anstelle von Gazprom, wie vielfach vermutet, ersteigerte stattdessen die Baikalfinanzgruppe, eine bislang völlig unbekannte Briefkastenfirma, für etwa 7 Milliarden Dollar das Objekt der Begierde. Da diese Gruppe (wie im Übrigen auch Yukos) über keinerlei Besitz im Ausland verfügt, das per Gerichtsbeschluss beschlagnahmt werden könnte, war das juristische Risiko, das in der Transaktion für die beteiligten Firmen bestand, äußerst gering.

Schon Tage danach, als alle Welt noch rätselte, wer wohl hinter dieser Firma stecken würde, gab sich der neue Besitzer, die Firma Rosneft, zu erkennen. Der Staatskonzern hatte da aber schon die Baikalgruppe für eine unbekannte Summe aufgekauft und das Steuer bei Juganskneftegas übernommen. Seither befinden sich Öl und Gas, die wichtigsten Ressourcen und Bodenschätze Russlands, wieder in staatlicher Hand. Chef von Rosneft ist Igor Setchin, ein ehemaliger KGB-Mitarbeiter, der die Kampagne gegen Yukos und Chodorkowski maßgeblich mitbetrieben hat und für Putin die Amtsgeschäfte im Kreml erledigt.

Damit hat Moskau die Kontrolle über die Öl- und Gasvorräte des Landes wieder an sich gerissen. Daran wird auch eine Schadenersatzklage wenig ändern, die Yukos vor US-Gerichten anstrengt hat. Von US-Richtern wird sich Russland nicht mehr ins Handwerk pfuschen lassen. Ungestört kann Putin seinen von langer Hand vorbereiteten Plan, einen russischen Global Player zu schmieden, der den anderen Erdölriesen auf dem internationalen Parkett Paroli bieten kann, realisieren. Wie man hört, soll Rosneft so bald als möglich an den staatlichen Gasmonopolisten Gazprom gehen.

Energie als Waffe

Die Entrüstung, die darauf von westlichen Beobachtern über das Vorgehen Putins losbrach, war entsprechend groß. Fürchteten die einen, dass Russland wieder auf dem Weg zurück in den Staatssozialismus sowjetischer Prägung sein könnte, sahen die anderen das Vertrauen ausländischer Investoren in die politischen, gesetzgebenden und juristischen Institutionen gestört. Die Übernahmeaktion werde schädliche Auswirkungen auf das Investitionsklima haben, gaben sie zu bedenken. Ausländische Geldgeber (und da meinten sie wohl vorwiegend US-amerikanische) könnten sich in der nächsten Zeit genau überlegen, ob sie ihr gutes Geld in Moskau anlegen würden oder nicht.

Realistisch betrachtet, ist diese Gefahr durchaus gegeben, kurzfristig mag sie auch solche Folgen zeitigen. Nichts ist wichtiger für mögliche Investoren als Rechtssicherheit und der Schutz von Eigentumsrechten. Hängen Markt und Wettbewerb vom Gutdünken oder der aktuellen Interessenlage des Staates ab, oder werden die Spielregeln von Fall zu Fall geändert oder außer Kraft gesetzt, wird das Risiko für Geldgeber unkalkulierbar. Diese könnten ihr Kapital abziehen und Russland vom Zufluss westlicher Technologie und westlichem Kapital abschneiden.

Doch weit wichtiger als ein solcher Schaden dürfte für Putin und seine Freunde hingegen das Zeichen sein, das sie nach innen gesetzt haben. Laut einer Meinungsumfrage vom Sommer letzten Jahres sind über 70 Prozent der Bevölkerung mit den Privatisierungsergebnissen unzufrieden und verlangen Änderungen. Schon lange herrscht großer Unmut über die Machenschaften der Oligarchen, die dem Staat, der Regierung und der Gesellschaft ihre Bedingungen diktieren und, so wird aus dem Kreml kolportiert, den Staat hijacken wollten. Ob das tatsächlich so ist oder dies nur von der Regierung lanciert wurde, ist nicht zu belegen. Sicher ist dagegen, dass Putin der Beifall seiner Landsleute gewiss sein dürfte, signalisiert er damit Land und Leuten, dass die Politik nicht mehr gewillt ist, dem bunten Treiben der Wirtschaft weiter tatenlos zuzusehen.

Russland will die Fehler der Privatisierung, die während der wilden 1990er Jahre vom Jelzin-Clan unter tatkräftiger Mithilfe der Chicago Boys gemacht wurden und unter teils kriminellen Umständen zu einem Verscherbeln des Gemeineigentums an wenige, dubiose Privatleute geführt hat, unbedingt rückgängig machen. Sowohl der Krieg im Irak als auch das Geschacher am Kaspischen Meer um den künftigen Verlauf der Ölpipelines, haben Putin bedeutet, dass die westliche Wirtschaft auf reibungslose Energiezufuhr angewiesen ist. Ohne sie sind der wirtschaftliche Erfolg des Westens, und damit auch der Erfolg von Freiheit und Demokratie auf tönernen Füßen gebaut. Will er bei drohenden globalen Spannungen oder Konflikten mit dem Westen nicht akut ins Hintertreffen geraten, muss Putin Öl und Gas, bei dann zu erwartenden Verhandlungen als Trumpf und Faustpfand nutzen und als außenpolitische Druckmittel einsetzen können.

Gemessen an den macht- und geopolitischen Vorteilen, die diese Aktion dem russischen Staat bringt, ist die Verunsicherung bei potentiellen Investoren daher zu verschmerzen. Zumal das sibirische Herzland viel zu reich an Energiequellen und Rohstoffen ist, als dass der Westen das Land einfach großzügig ignorieren könnte. Wollen westliche Firmen ein Stück vom Kuchen abhaben, dann ist es für sie ratsam, vor Ort präsent zu sein. Nirgendwo außerhalb von Saudi-Arabien findet man nämlich größere Vorräte an Gas und Erdöl. Käme es zu einer neuerlichen größeren Krise zwischen arabischer und westlicher Welt, wäre Russland der allererste Ansprechpartner. Schon jetzt deckt ein Land wie die Bundesrepublik über ein Drittel ihres Gas- und Ölbedarfs wohlweislich durch Lieferungen aus Russland.

Politisierung der Wirtschaft

Die Wirtschaft als "Waffe und Instrument" gebrauchen zu wollen, scheint Putin überhaupt opportun zu sein, um Russland auf Vordermann zu bringen. Viel zu lange hatte das Land den "guten Absichten" Amerikas vertraut und war auf den Schmusekurs eingeschwenkt, den Vater Bush, Bill Clinton und George W. mit dem einstigen "Reich des Bösen" gepflegt hatten. Ausgezahlt hat sich dieses Wohlverhalten, das Russland ein Jahrzehnt lang an den Tag gelegt hat, jedoch nicht, weder politisch noch wirtschaftlich.

Die "strategische Partnerschaft", die der Jelzin-Clan mit der einzigen Weltmacht angestrebt hatte, hat sich als höchst illusionär herausgestellt. Die USA haben der russischen Führung mit dieser Formel höchstens den Kopf verdreht. Niemals verspürte Amerika die Neigung, seine Macht mit Russland zu teilen und es als ebenbürtiger Partner im globalen Maßstab ernst zu nehmen. Dafür war Russland nach dem Ende des Sowjetimperiums viel zu schwach, die Gesellschaft zu rückständig, das Innovationspotenzial zu dürftig, die Anziehungskraft zu mager und die Wirtschaft zu verrottet, als dass dies jemals eine seriöse Option für die Weltmacht gewesen wäre. Im Gegenteil, das "geopolitische Vakuum" haben die USA dazu genutzt, ihre Vormachtstellung weiter auszubauen und Moskaus Einflusssphäre und territoriale Ausdehnung systematisch zurückzudrängen. Und auch der andere Versuch, die GUS als Verbund ehemaliger Sowjetrepubliken zu einer Art EU zu machen, in der Russland die Führungsrolle einnimmt, scheiterte kläglich, weil man im Kreml unterschätzte, wie tief der Unmut der mitteleuropäischen Staaten über die Moskauer Vorherrschaft saß und wie sehr diese zu Europas Fleischtöpfen drängten.

Die Finanzkrise von 1998, als die von den USA nach Russland exportierte Spielart des wilden Kapitalismus misslang, und die Wahl von Wladimir Putin auf den Chefsessel des Kreml, führten zu einem Kurswechsel in Moskau. Mit ihm an der Spitze genießt die wirtschaftliche Entwicklung des Landes oberste Priorität. Und in der Tat ist Russland dabei, seine mentale Lähmung, in die es 1991 binnen zweier Wochen durch die Implosion der Sowjetunion gestürzt ist, Schritt für Schritt zu überwinden. Putin ist es mittlerweile gelungen, den wirtschaftlichen Verfall des Landes zu stoppen. Stolz präsentierte er jüngst auf einer Pressekonferenz im Kreml der versammelten internationalen Presse die Bilanz des vergangenen Jahres. Das Wirtschaftswachstum war demnach im letzten Jahr viermal so hoch wie das deutsche, während die Direktinvestitionen zweistellige Milliarden Dollar Beträge erreichen. Angesichts solcher Erfolgszahlen muss Putin kaum fürchten, dass Anleger und Westfirmen ihm wegen Yukos die kalte Schulter zeigen.

Neben diesen wirtschaftlichen Fortschritten hat Putin es zudem geschafft, die Administration zu straffen und Entscheidungswege zu verkürzen. Anstoß dafür gab der Terrorakt von Beslan. Ungeachtet aller Kritik, die er dafür von liberalen Politikern oder aus dem Ausland einstecken musste, stärkte Putin die Macht der Regierung, während er die von großen Unternehmen, unabhängigen Medien und Parteien schwächte. Parallel dazu erhöhte er den Druck auf Institutionen (Regionalgouverneure, Parlamentskammern) und bestückte den Staatsapparat mit Leuten seines Vertrauens, um die Macht der Legislative, der Exekutive und der Jurisprudenz in seinen Händen zu bündeln.

Alle diese Umbaumaßnahmen haben dazu geführt, dass etliche Beobachter im Westen den russischen Präsidenten inzwischen für eine neue Art von Tyrannen im Kreml halten. Er habe, so der Vorwurf, Beslan zum willkommenen Anlass genommen, seine eigene Macht zu konsolidieren, Demokratie und Freiheit in Russland zu kappen und ein neues autoritäres Regime aufzubauen. In einem Offenen Brief an die europäischen Staats- und Regierungschefs forderten sie diese auf, Putins Politik zu sabotieren. Laut Robert Kagan deuten sich darin bereits erste Schritte zur Restaurierung eines neuen russischen Imperiums an. Putins darauf folgende schrille Ankündigung, im Laufe der nächsten Jahre das russische Atomarsenal zu modernisieren und die rasantesten und treffgenauesten Raketen zu bauen, die die Welt je gesehen hat, scheint ihm da in die Hand zu spielen. Eindringlich forderte er darum seinen Präsidenten zum entschiedenen Handeln auf. "A dictatorial Russia is at least as dangerous to U.S. interests as a dictatorial Iraq."

Russische Ohnmacht

Stoppen oder wenigstens verlangsamen konnte Putin damit allerdings den Expansionsdrang der USA und des Westens zu Lasten Russlands nicht. Zu wankelmütig, pragmatisch und allein an raschen wirtschaftlichen Erfolgen ausgerichtet ist bislang seine Politik gewesen. Selbst in Sachen Öl erwies er sich bisweilen als viel zu nachgiebig. Noch im August letzten Jahres erlaubte er dem US-Konzern Conoco Phillips, einen Anteil an dem russischen Unternehmen Lukoil zu erwerben. Anders als den Neocons und manchen Europäern, die sich die Demokratisierung der islamischen und der ganzen Welt zur Aufgabe gemacht haben, fehlen Putin und seinen Beratern solche visionäre Ziele.

Ohnmächtig und hilflos musste Putin daher den Ereignissen und Entwicklungen vor seiner Haustür, in Zentralasien, auf dem Balkan und im Osten Europas, zusehen. Allzu bereitwillig ließ er sich für den War on Terror einspannen. Den Big Bang musste er einfach geschehen lassen. Mit der Übernahme der baltischen Staaten steht das westliche Militärarsenal gerade mal sechzig Kilometer vor St. Petersburg, ballistisch gesehen, nur ein paar Flugsekunden weit weg. Geografisch ist der russische Marinestützpunkt Kaliningrad von Nato-Truppen umringt.

Seit sein früherer Außenminister Iwanow beim Sturz des georgischen Präsident Edward Schewardnadse im Herbst vorletzten Jahres attestierte, haben die Amerikaner Hunderte von GIs in Georgien stationiert, und das, obwohl der Kaukasus traditionell zur russischen Einflusssphäre gehört. Schon bald könnte eine US-kontrollierte Pipeline Öl vom Kaspischen Meer durch Aserbaidschan und Georgien transportieren. Beide Staaten ziehen derweil schon mal eine EU-Mitgliedschaft in Betracht. Vor allem der Verlust der Kontrolle über Aserbaidschan, das wegen seiner riesigen Energiequellen, aber auch wegen seiner exponierten Lage, als "geopolitischer Angelpunkt" gilt, würde Moskau tief treffen, gilt es doch als Einfallstor für die energiehaltigen anderen zentralasiatischen Republiken.

Zu allem Überdruss haben die Amerikaner infolge des Afghanistan-Feldzuges in Usbekistan und Kirgisien Militärbasen errichtet und zu einem engen Netz amerikanischer Stützpunkte in Zentralasien ausgebaut. Vorsorglich hat Moskau Washington schon mal wissen lassen, dass es gedenkt, den ABM-Vertrag aufzukündigen. Im April letzten Jahres unterzeichnete die Nato schließlich ein Übereinkommen mit Kiew, das die Entsendung von Nato-Truppen in die Ukraine erlaubt, sollte dies die Allianz für notwendig erachten. Und dass die Ukraine bald Teil der Nato werde, hat Paul Wolfowitz bereits angedeutet.

Es kann daher kaum verwundern, dass sich die Stimmen jener mehren, die vor einer Einkreisung Russlands durch den Westen warnen. Tatsächlich bietet die geopolitische Lage kaum Anlass zu Jubelstürmen: an der eurasischen Südflanke ist Russland mit einer Vielzahl US-amerikanischer Militärstützpunkte konfrontiert, während in den zentralasiatischen Republiken ein Gewalt bereiter Islamismus sich formiert, der die Grenzen Russlands in Frage stellt; im Kaukasus droht schon bald der Verlust Aserbaidschans und die Kontrolle über die Ölpipelines; im Südwesten hat man eine Türkei zum Nachbarn, deren Einfluss auf die Schwarzmeerregion ständig wächst, immer weiter in den Kaukasus hineinregiert und sich anschickt, spätestens 2015 Mitglied der EU zu werden; und im Westen hat man es jetzt mit einer revoltierenden Ukraine zu tun, die sich der Obhut Russlands entzieht und in die Arme der EU strebt.

Crucial Point

Stellt man diese für Russland deprimierenden Ergebnisse der letzten Jahre in Rechnung, so ist es nur verständlich, dass Putin die politische Entwicklung in der Ukraine zur Chefsache erklärt hat. Geopolitisch zu bedeutend ist das Land mit seinen über 50 Millionen Einwohnern für Russland und dessen Zukunft, als dass Putin das Land dem Westen kampflos überlassen könnte. Nach Aserbaidschan und der Türkei ist es dritter "geopolitischer Angelpunkt" beim Streit um die Kontrolle Eurasiens. Als solche werden gemeinhin Staaten betrachtet, die den "Zugang zu geopolitisch wichtigen Gebieten festlegen oder einem geostrategisch bedeutsamen Akteur bestimmte Ressourcen verweigern können." Wegen ihrer prekären geografischen Lage sind sie daher auch potentiell besonders verwundbar, was sie zu einem schützenswürdigen, aber auch zu einem heiß umkämpften Gut macht.

Gesegnet an Bodenschätzen (Kornkammer), ist die Ukraine nicht nur flächenmäßig das zweitgrößte Land Europas, es bietet auch offenen Zugang zum Schwarzen Meer. Im Zuge des Zerfalls der Sowjetunion erlangte sie 1991 ihre staatliche Unabhängigkeit. Aufgrund der ethnischen Zusammensetzung ihrer Bevölkerung (russische Minderheit im Osten) und ihrer historischen Herkunft (Zankapfel zwischen Polen und Russland) ist sie auf diverse Art mit Russland liiert. Trotz langjähriger Versuche liberaler und nationalistischer Politiker, sich heimlich, still und leise von Russland davonzustehlen, hat diese geografisch-kulturelle Bindung dazu geführt, dass die Ukraine über diverse Abkommen und Kooperationsverträge, die dem Land einerseits die dringend benötigten Öl- und Gaslieferungen aus dem Osten garantieren, Russland andererseits aber auch den Zugang zu den russischen Militärstützpunkten auf der Krim und die Nutzung des Hafens von Odessa für den Handel mit der Mittelmeerregion sichern, an Russland weiter fest gebunden ist.

Die Kontrolle über die Ukraine ist mithin im vitalen Interesse Russlands. Würde sich die Ukraine von Russland lösen und dem Westen zufallen, hätte das weit reichende Auswirkungen auf das Land und sein nationales Selbstverständnis. Ohne die Ukraine wäre Russland keine eurasische Großmacht mehr. Auch eine imperiale Restauration, wie sie die Neocons derweil befürchten, wäre damit endgültig vom Tisch.