Galaktische Blähungen

Der Stoffwechsel schwarzer Löcher

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Quasare speisen schwarze Löcher mit Energie und steuern dadurch die Aktivitäten und das Wachstum der kosmischen Staubsauger und der sie beherbergenden Galaxien.

Schon länger gibt es in der Astrophysik Theorien, die davon ausgehen, dass supermassive schwarze Löcher die Struktur unseres Universums nachhaltig prägen. Jüngste Forschungen haben gezeigt, dass solche Monster sehr große Bereiche von Galaxien durch ihre gigantische Ausbrüche beeinflussen, indem sie zum Beispiel ihre Umgebung nachhaltig aufheizen (Der große Knall).

Schwarze Löcher wachsen, indem sie Materie verschlingen, die ihnen zu nahe kommt. Bei ihren Mahlzeiten setzen sie ungeheure Mengen an Energie frei, gewaltige Blitze im Röntgen- und Gammalicht werden dabei sichtbar. Erst kürzlich konnte mithilfe des Weltraumteleskops Chandra nachgewiesen werden, dass das gigantische Monster in der Mitte der Milchstrasse (Sensation in der Milchstraße) nicht allein ist, sondern von 10.000 oder mehr kleineren Verwandten umschwärmt (Chandra Finds Evidence for Swarm of Black Holes Near the Galactic Center).

Phasen der Verschmelzung zweier Galaxien mit zentralen Schwarzen Löchern. Von oben nach unten zeigen die Bilder der Sequenz das Gas zweier kollidierender Spiralgalaxien. Nach der ersten Begegnung entfernen sich diese zunächst wieder, um dann bei einer zweiten Begegnung und anschließenden Verschmelzung zusammenzufallen. Die Schwerkraft treibt dabei Gas ins Zentrum der Galaxienkerne und führt zur Bildung ausgedehnter Gezeitenarme. In der Quasar-Phase gewinnen die Schwarzen Löcher stark an Masse. Diese Phase dauert bis zu 100 Millionen Jahre und setzt genügend Energie frei, um das Gas aufzuheizen und in den Raum zu schleudern. Zurück bleibt eine elliptische Galaxie (deren Sterne nicht gezeigt sind), die kaum noch Gas enthält und in deren Zentrum die beiden Schwarzen Löcher verschmolzen sind. Der gesamte Prozess der Galaxienverschmelzung dauert etwa 2 Milliarden Jahre und kann in einem Film betrachtet werden. (Bild: Max-Planck-Institut für Astrophysik)

In der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature berichten Tiziana Di Matteo und Volker Springel vom Max-Planck-Institut für Astrophysik in Garching sowie Lars Hernquist von der Harvard University in Cambridge über ihre Simulationen zum Zusammenhang zwischen Quasaren, Schwarzen Löchern und der Entwicklung von Galaxien.

Kinderstube des Universums

In der Frühphase des Universums besaßen viele Galaxien extrem leuchtkräftige Kerne, so genannte Quasare (quasi-stellare Radioquellen). Quasare sind Relikte aus der Urzeit des Universums, ein Blick auf sie bedeutet einen Blick weit zurück in die kosmische Vergangenheit.

Seit längerem wird vermutet, dass supermassive schwarze Löcher die Quasare anheizen, sie sozusagen füttern (Geburtsschrei früher Sterne). Beobachtungen zeigten, dass die Masse der Schwarzen Löcher in enger Beziehung zur Geschwindigkeitsverteilung der Sterne in der kugelförmigen Zentralregion der jeweiligen Wirtsgalaxie steht. Das legte nahe, dass der Entstehungsprozess beider kosmischer Objekte eng miteinander verbunden ist.

Das Team um Di Matteo generierte komplexe Computersimulationen, um die Sternentstehung und das Wachstum von Schwarzen Löchern in kollidierenden Galaxien nachzustellen. Wenn Galaxien ineinander krachen und miteinander verschmelzen, dann verändern sie ihre Gestalt, aus Spiralgalaxien entwickelten sich elliptische Galaxien. In ihren Simulationen konnten die Astrophysiker jetzt nachweisen, dass die Aktivitäten eines Schwarzen Lochs große Auswirkungen auf die jeweilige Wirtsgalaxie hat, da es die Entstehung von Sternen während der Galaxienverschmelzung beeinflusst und durch das Aufheizen des Gases einer späteren Sternentstehung entgegenwirkt.

Die neuen, elliptischen Galaxien sind verhältnismäßig arm an Gas und es formen sich in ihnen kaum noch Sterne; ihre Sternpopulationen altern in der Folge schnell und entwickeln jene roten Spektralfarben, wie man sie in vielen massereichen elliptischen Galaxien heute beobachten kann. Ohne den Einfluss der Schwarzen Löcher konnte man die Farben dieser "toten" elliptischen Galaxien bisher nicht befriedigend erklären. Die Autoren schreiben:

Wir stellten fest, dass zusätzlich zur Folge der Sternenbildung die Verschmelzung zu einem starken Zustrom führt, der das supermassive schwarze Loch mit Gas versorgt und dabei den Quasar mit Energie versorgt. Die Energie, die der Quasar verströmt, reicht aus, um sowohl für Sternenentstehung als auch das Wachstum des schwarzen Loches zu sorgen.