Zweibeinige Roboter und Rettungsroboter

Höhepunkte der diesjährigen RoboCup German Open vom 8. bis 10. April in Paderborn

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Im vergangenen Jahr war die Stimmung bei den offenen deutschen Meisterschaften im Roboterfußball eher verhalten gewesen. Die Mehrzahl der Teams kam bereits zum vierten Mal ins Heinz-Nixdorf-Museumsforum in Paderborn. Man kannte sich, kannte die Räumlichkeiten, packte routiniert die Kickmaschinen aus und ließ sie weitgehend unaufgeregt aufeinander los. Das soll diesmal anders werden.

Humanoider Roboter der Darmstadt Dribblers vom Institut für Informatik, Fachgebiet Simulation und Systemoptimierung, der Technische Universität Darmstadt (Prof. Dr. Oskar von Stryk)

Zwar finden auch die fünften RoboCup German Open wieder am gleichen Ort statt, da das größte Computermuseum der Welt von den technischen Voraussetzungen her praktisch konkurrenzlos ist. Die Raumaufteilung hat sich jedoch grundlegend geändert. Unten im Auditorium ist es für die Liga der mittelgroßen Roboter zu eng geworden. Das mittlerweile 8 mal 12 Meter große Spielfeld wird jetzt im dritten Stock aufgebaut. Dort soll auch das Trümmerfeld errichtet werden, in dem die Rettungsroboter zeigen sollen, was sie drauf haben.

Der Wettbewerb der Rescue Robot League findet zum ersten Mal im Rahmen der German Open statt. Im Unterschied zu den Fußball-Ligen dürfen die Roboter hierbei ferngesteuert werden. Das Ziel ist es, mithilfe der Roboter möglichst schnell einen möglichst genauen Überblick über ein Katastrophengebiet zu gewinnen. Bewertet wird die Gesamtleistung mit einem komplizierten Punktesystem, in das unter anderem die Zahl der lokalisierten Überlebenden, die Erstellung genauer Umgebungskarten, aber auch der durch den Roboter eventuell angerichtete zusätzliche Schaden einfließen. Das Design der Roboter in dieser Liga ist sehr vielfältig, bei den RoboCup-Weltmeisterschaften kamen hier auch schon Schlangenroboter zum Einsatz.

Robo-Erectus vom Advanced Robotics and Intelligent Control Centre am Singapore Polytechnic

Ebenfalls neu bei den German Open sind humanoide Roboter. Zwar gibt es noch keinen Wettbewerb in dieser Kategorie, aber immerhin Demonstrationsspiele. Teams von den Universitäten Freiburg und Osnabrück haben hier etwas vorbereitet, was selbst bei Weltmeisterschaften noch nicht zu sehen war. Die Zweibeiner werden ihre Kickfertigkeiten im Auditorium unter Beweis stellen, wo auch vierbeinigen Aibos und die kleinen, schnellen, von einer zentralen Kamera gesteuerten Roboter ihr Turnier ausfechten.

Daneben, auf der Wechselausstellungsfläche, wo bislang das zweite Feld der Middle Size League aufgebaut wurde, werden diesmal die Juniorenteams ihren Platz haben. 111 Schülerteams mit insgesamt 260 Mitgliedern haben sich angemeldet, um in den drei Kategorien Fußball, Tanz und Rettungsszenarien zu zeigen, wie gut sie ihre Roboter zusammengebaut und programmiert haben. In den Seniorenteams werden etwa 60 Teams mit 700 Teilnehmern aus 12 Ländern erwartet. Erstmals dabei ist ein Team aus Kanada.

Im Foyer des Heinz-Nixdorf-Museumsforums gibt es schließlich noch eine Neuerung: Hier werden die Fußballroboter der FIRA ihr Können demonstrieren. Die FIRA ist neben der RoboCup Federation eine weitere internationale Organisation, die das Fußballspiel als einheitliche Testumgebung für autonome, kooperierende Roboter etabliert hat. Sie ist sogar die ältere von den beiden und hat ihre Wurzeln in Korea, während der RoboCup maßgeblich von Japan aus initiiert wurde. Hinsichtlich der Regeln sind die Unterschiede zwischen ihnen nicht allzu groß, allerdings ist dem RoboCup mit der klaren Zielsetzung, bis zum Jahr 2050 mit humanoiden Robotern den menschlichen Fußballweltmeister schlagen zu wollen, eine stärkere Fokussierung gelungen. Dennoch ist schwer einzusehen, warum die Informatiker, Mechatroniker und Ingenieure ihre Kräfte in zwei konkurrierenden Verbänden verzetteln sollen, die ihre Existenz im wesentlichen wohl Rivalitäten zwischen Korea und Japan verdanken.

Bei den nationalen Roboterfußball-Meisterschaften in China ist es längst üblich, RoboCup und FIRA gleichzeitig am selben Ort zu veranstalten. Dass jetzt auch in Deutschland eine Annäherung erfolgt, ist ein gutes Zeichen und lässt hoffen, dass beide Verbände über kurz oder lang zu einem verschmelzen könnten.

Auf jeden Fall lassen all diese Neuerungen auch spannende German Open erwarten. Es wird voraussichtlich das letzte große Roboterfußballturnier in Deutschland sein - bis dann am 13. Juni 2006 in Bremen die 10. RoboCup-Weltmeisterschaft eröffnet wird.

Hans-Arthur Marsiske hat zusammen mit Hans-Dieter Burkhard, Professor für Künstliche Intelligenz an der Humboldt-Universität Berlin, das Telepolis-Buch Endspiel 2050. Wie Roboter Fußball spielen lernen geschrieben, das den Stand der Künstlichen Intelligenz und der Roboterforschung anhand des Roboterfußballs vorstellt und diskutiert.