Monopol in der Landwirtschaft?

Das Europäische Patentamt bestätigt Monsantos Ansprüche auf genmanipuliertes Saatgut

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Das Europäische Patentamt (EPA) in München, das sich seit jeher als formaljuristische und nicht als moralische Instanz versteht, hatte dem Agrarriesen Monsanto bereits 1996 das Patent EP 546090 auf genmanipulierte Saaten erteilt. Es umfasste Saatgut von Mais, Weizen, Reis oder Soja, deren gentechnische Veränderung im wesentlichen in einer Resistenz gegen das Pflanzenschutzmittel Roundup bestand. Sowohl die Umweltschutzorganisation Greenpeace und die Initiative Kein Patent auf Leben, als auch Monsantos Konkurrent Syngenta legten Einspruch gegen die Erteilung des Patents ein, doch Mitte der Woche bestätigte die Behörde die vor neun Jahren getroffene Entscheidung ein weiteres Mal.

Nach Einschätzung des EPA bezieht sich das Patent nicht auf einzelne Sorten, sondern auf eine ganze Reihe gentechnisch veränderter Pflanzen und verstößt so nicht gegen die geltende Rechtslage. Diese lasse durchaus "die Patentierung von biologischem Material zu, das mit Hilfe eines technischen Verfahrens aus seiner natürlichen Umgebung isoliert oder hergestellt wurde".

Greenpeace befürchtet nun, dass Monsanto auch in Europa eine Monopolstellung "vom Acker bis zum Lebensmittel" anstrebt, die in manchen Teilen Nord- und Südamerikas bereits erreicht sein soll. So zitiert die Umweltschutzorganisation Eduardo Buzzi, den Präsidenten des argentinischen Bauernverbandes "Federación Agraria Argentina":

Landwirte, die Gen-Saaten von Mosanto anbauen, müssen wissen, dass sie damit nichts anderes machen, als das Patentmonopol des Konzerns zu unterstützen. (...) Monsanto hat uns Bauern im Würgegriff. Es ist in Argentinien sogar unmöglich geworden, gentechnikfreies Saatgut zu bekommen.

Eduardo Buzzi

Telepolis sprach mit Christoph Then, dem Patentexperten von Greenpeace, über die aktuelle Entscheidung. Zeitgleich sollte auch Monsanto Gelegenheit gegeben werden, zu diesem Thema Stellung zu nehmen, doch der Konzern machte von dem zweimaligen Angebot keinen Gebrauch.

"Monopolisierung von der Aussaat bis zur Ernte"

Sehen Sie eine realistische Chance, die Erteilung des Patents noch verhindern zu können?

Christoph Then: Ehrlich gesagt: nein. Es sind zwar noch einzelne Fragen offen, aber unser Einspruch ist in den wesentlichen Punkten - etwa in dem Hinweis, dass es sich eindeutig um einzelne Pflanzensorten handelt - zurückgewiesen worden.

Welche praktischen Folgen könnte die Entscheidung des EPA nach sich ziehen?

Christoph Then: Wir befürchten eine Monopolisierung im Bereich der Landwirtschaft, die von der Aussaat bis zur Ernte reicht und einigen wenigen Konzernen die Möglichkeit gibt, den Markt abzuschöpfen. Die Gen-Soja, die in Argentinien angebaut wird, stammt von Monsanto, und das Spritzmittel Roundup, gegen das sie resistent ist, kommt auch von Monsanto, die hier bereits doppelt abkassieren. Durch das Patent sind aber auch sämtliche Ernteprodukte geschützt.

Europa ist von dieser Entwicklung allerdings noch nicht betroffen.

Christoph Then: Das wird aber nicht mehr lange dauern. Monsanto will auch in Deutschland Genmais anbauen - auf einer Fläche von rund 1.000 Hektar in Brandenburg und Bayern. Dieser Mais unterliegt natürlich ebenfalls dem Patentschutz.

Könnten in absehbarer Zeit ganz normale Pflanzen patentiert werden?

Christoph Then: Es geht in diese Richtung, auch wenn wir in zwei Fällen - bei Weizen und bei Mais - erfolgreich Einspruch erheben konnten. Wir kämpfen allerdings dafür, dass Saatgut grundsätzlich nicht patentiert werden kann. Die jetzige Praxis des EPA ist nicht tolerierbar.

Das Patentamt beruft sich immer wieder auf seine rein juristische oder allenfalls wissenschaftlich-technische Funktion. Kann man es überhaupt moralisch oder politisch in die Pflicht nehmen?

Christoph Then: Ja, denn das Patentamt war immer schon der Anwalt der Industrie, und es wurden bereits Patente erteilt, als es dafür noch keine rechtliche Grundlage gab. Insofern hat das Amt die aktuelle Entwicklung wesentlich vorangetrieben und sich überhaupt nicht neutral verhalten. Jetzt sind die Gesetzgeber auf nationaler und internationaler Ebene gefragt, hier eindeutige Grenzen zu setzen, und wir hoffen, dass Bundesregierung und Bundesrat dieses Thema mit Nachdruck verfolgen.

Welchen Zusammenhang sehen Sie zwischen der Entwicklung der Gentechnik und der des modernen Patenwesens?

Christoph Then: Das ging Hand in Hand. Die Pflanzen wurden ja nicht einfach nur zu Maschinen erklärt, sie können jetzt auch bis ins Detail kontrolliert werden. Das ermöglicht einen Zugriff auf die Besitzrechte, und damit Monopolstellungen, die in diesem Umfang bislang nicht vorstellbar waren. In Deutschland und Europa gibt es noch mittelständische Züchtungen und damit Austausch und Konkurrenz. Aber international ist alles aufgekauft, und dieses Schicksal droht auch den europäischen Züchtern.