Keine Einschränkung für Überwacher

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts gestattet die satellitengestützte Überwachung und den Einsatz von mehreren technischen Ermittlungsmethoden

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Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur GPA-Überwachung hat scheinbar beide Seiten zufrieden gestellt. Das höchste Gericht hat am Dienstag entschieden, dass die Überwachung mit dem satellitengestützten Ortungssystem GPS und die Verwertung der aus dieser Observation gewonnenen Erkenntnisse mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Damit hat es die Auffassung des Gesetzgebers bestätigt.

Ein wegen mehrerer Bombenanschlägen zu 13 Jahren Haft verurteilter Mann, der damals der Antiimperialistischen Zelle (AIZ) angehörte, hatte gegen seine Überwachung durch alle Instanzen geklagt, weil er hierdurch seine Menschenwürde verletzt gesehen hat. Eingesetzt wurde nicht nur ein heimlich in den Wagen eingesetztes GPS-Gerät, sondern verwendet wurden auch Videokameras und man hörte seine Telefonanrufe und den Betriebsfunk seines Arbeitgebers ab. Die Erkenntnisse aus der GPS-Überwachung seines PKWs waren eine wesentliche Grundlage für seine Verurteilung. Allerdings konnte auch der Anwalt des Klägers, Heinrich Comes, dem Urteil positive Seiten abgewinnen. Schließlich haben die Richter den Gesetzgeber ermahnt, die technischen Entwicklungen auch bei den Fahndungsmethoden aufmerksam zu beobachten und notfalls korrigierend einzugreifen, wenn die Überwachung auszuufern drohe. Eine Rundumüberwachung solle so verhindern werden:

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers bedurfte es keiner gesonderten gesetzlichen Regelung für einen Einsatz mehrerer Ermittlungsmaßnahmen zur selben Zeit. Vielmehr durfte der Gesetzgeber davon überzeugt sein, dass eine von Verfassungs wegen stets unzulässige "Rundumüberwachung", mit der ein umfassendes Persönlichkeitsprofil eines Beteiligten erstellt werden könnte, durch allgemeine verfahrensrechtliche Sicherungen auch ohne spezifische gesetzliche Regelung grundsätzlich ausgeschlossen sein werde.

Der Grundtenor des Urteils und die ersten Reaktionen darauf dürften allerdings diese Hoffnung dämpfen. Denn Karlsruhe hat gerade nicht den von manchen Datenschützern erhofften Pflock eingeschlagen, um zu verhindern, dass die rasanten technischen Möglichkeiten der Überwachung und Kontrolle auch voll eingesetzt werden können. Ein Verbot der GPA-Überwachung wäre ein solches Stoppsignal gewesen. Die jetzige Entscheidung segnet die Überwachung aber ab und schiebt in der Begründung einige Bedenken nach, die letztlich Auslegungssache sind und über die sich die Politiker in Zukunft noch trefflich streiten werden. Ansonsten wird die Überwachung etwa auch damit gerechtfertigt, dass gerade weil es nur einen Anfangsverdacht gab, der Verdächtige ja auch aus den Ergebnissen einen Nutzen hätte ziehen können.

Dabei wurde das Urteil gerade deshalb mit so großem Interesse verfolgt, weil die GPS-Ortung längst nicht mehr eine Methode ist, von der nur eine kleine Minderheit betroffen ist. Schließlich basiert die Mauterfassung genau auf dieser Ortungsmethode. Schon wird diskutiert, dass grundsätzlich alle Fahrzeuge vor Tunnels fotografiert und mit den Fahndungsdateien abgeglichen werden sollen. Die große Koalition in Sachsen hat sich in ihrem Regierungsprogramm darauf verständigt, Massenscreening auf sächsischen Autobahnen flächendeckend einzuführen. Die Grünen im sächsischen Landtag wenden sich dagegen, wirken aber oft wie einsame Rufer in der Wüste. Andere Bundesländer dürften bald nachfolgen, nachdem das Karlsruher Urteil hier keine Hindernisse eingebaut hat.

Auch die erste Reaktion des Staatssekretärs im Justizministerium, Dr. Hansjörg Geiger, auf das Überwachungsurteil klingen nicht gerade beruhigend. Mögliche Befürchtungen vor einer flächendeckenden Überwachung hielt er entgegen, dass der Staat arm sei und sich solche Überwachungsmethoden gar nicht leisten könne. Dabei zeigte die Vergangenheit, dass man sich gerade bei Angelegenheiten der Inneren Sicherheit auf den Geldmangel des Staates in der Regel nicht verlassen kann.