Die Glasfaser in ihrem Lauf ... hält DSL im Osten auf

Wie funktioniert T-DSL und warum will es die Telekom nicht in Haushalten mit Glasfaseranschluss verwirklichen?

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Gerade die von der Telekom als Zukunftstechnologie gepriesenen OPAL-Glasfaserleitungen im Osten Deutschlands dienen ihr jetzt als Argument, T-DSL-Anschlüsse in den dortigen Gebieten zu verweigern. Warum ist das so und was lässt sich dagegen unternehmen?

OPAL ist die Abkürzung für Optische Anschlussleitung. Das ist ein Breitbandansatz aus den Zeiten, als die Telekom noch "Post" hieß und ihre Mitarbeiter noch richtige Beamte waren und sich nicht nur einer entsprechenden Unternehmenskultur befleißigten. Mitte 1990 startete die Post in Köln mit 192 Haushalten das Pilotprojekt. Ziel des sehr kostenaufwendigen Experiments war eine Serienproduktion der Glasfaserleitungen zu Preisen vergleichbarer Kupfersysteme.

Bereits kurz darauf begann ein weiteres OPAL-Projekt in Leipzig. Im Laufe der nächsten Jahre wurde OPAL-Technik in Ostdeutschland häufig dazu verwendet, Stadtteile zu versorgen, in denen es vorher keine oder nur wenige Telefonanschlüsse gab. Erst 1995 wurde OPAL auch im Westen in größerem Ausmaß verlegt. Im Telekom-Netz sind derzeit rund 2 Millionen Anschlüsse mit optischen Zugangsnetzsystemen vorhanden. Auskünfte zum Anteil der ostdeutschen Haushalte verweigert die Telekom. Im Rahmen der Förderung strukturschwacher Gebiete flossen für den OPAL-Ausbau in den neuen Bundesländern auch Subventionen der Europäischen Investitionsbank. Von dem mit öffentlichen Mitteln geförderten Programm profitierten unter anderem die Firmen Alcatel, AT&T, Raychem, Siemens und Corning als Lieferanten der Technologie. Keine dieser Firmen mag heute Auskünfte zu ihren Glasfasergeschäften mit dem Telekom-Vorläufer geben: "Wenn die Post nicht mal weiß, was sie sich da hineingelegt hat, dann tut sie mir leid" meint ein Corning-Mitarbeiter aus Neustadt bei Coburg, der seinen Namen nicht nennen will, am Telefon zu den damaligen Geschehnissen und verweigert alle weiteren Auskünfte. "Mit dieser zukunftsorientierten Anschlusstechnik lassen sich alle zukünftigen, interaktiven, breitbandigen Verteildienste nutzen" heißt es auf der Siemens-Webseite. Aber was ist mit der Gegenwart? Und was geschah damals wirklich in Ostdeutschland? Die Computerwoche Nr. 25 vermeldete am 22. Juni 1990:

Die Nachteile des völlig veralteten DDR- Netzes wirken sich in der gegenwärtigen deutschlandpolitischen Situation als Vorteil aus, da die Umstellung auf neueste Technologie langfristig erhebliche Kosten- und Wettbewerbsvorteile mit sich bringen kann.

Dieser Tonfall hätte den DDR-Bürgern noch aus der unmittelbaren Nachkriegszeit in Erinnerung sein können. Doch die meisten glaubten an die Versprechungen vom goldenen Westen mit D-Mark und Glasfaser und ahnten nichts von möglichen Nebenwirkungen ihrer Rolle als Versuchskaninchen.

Die Glasfasertechnologie hat gegenüber dem Kupferkabel eigentlich zwei entscheidende Vorteile: hohe Bandbreite und geringe Dämpfung. Sie ist außerdem relativ unempfindlich gegen elektromagnetische Störungen durch technische Geräte, Gewitter oder Sender. Glasfaserkabel bestehen aus einer zwischen 2 µm und 200 µm dünnen zylindrischen Quarzglasfaser, dem Kernglas, das mit einem 50 µm bis 150 µm dünnen Mantelglas umhüllt ist. Das Quarzglas muss chemisch so rein sein, dass sich damit theoretisch ein über hundert Kilometer dickes und trotzdem durchsichtiges Fenster bauen lässt. Ein durch Informationen modulierter Infrarotstrahl wird an der Grenzschicht zwischen Kernglas und Mantelglas reflektiert.

Ein Glasfaseranschluss lässt sich auf verschiedene Weise realisieren: als FTTN (Fibre To The Neighborhood), FTTC (Fibre To The Curb), FTTB (Fibre To The Basement) und FTTH (Fibre To The Home). Bei der OPAL-Technologie wurden meist FTTC- und FTTB-Anschlüsse realisiert, d.h. vom Bürgersteig oder vom Keller des Hauses aus führt kein Glasfaser, sondern ein Kupferkabel zum Teilnehmer-Endgerät. Bei FTTB-Anschlüssen befindet sich im Keller ein Kasten mit Einsteckkarten, welche die Analog- und ISDN-Anschlüsse für die Wohnungen im Haus bereitstellen. Diese unterschiedlichen Anschlüsse werden über eine flexible Kanalzuordnung realisiert. Bei der Telekom werden vier unterschiedliche optische Zugangsnetzsysteme eingesetzt. Davon arbeitet ein System mit aktivem und 3 Systeme mit passivem optischen Verteiler. Passive optische Netze verfügen über eine Busstruktur, bei der Koppler optische Energie ein- und auskoppeln.

Die von der Telekom eingesetzten Zugangsnetzsysteme wurden ausschließlich für den Telefondienst und für Standardfestverbindungen bis 2 Mbit/s konzipiert. Diese Technologie führte schon vor ADSL zu Problemen: So verhinderte das scheinbar fortschrittliche System in manchen Fällen einen V.90 Connect mit einem 56k Modem. Wer keinen Krone-OPAL-Anschluss hatte, musste sich mit 33600 bit/s (V.34+) abfinden.1

Wie funktioniert nun T-DSL und warum will es die Telekom nicht in Haushalten mit Glasfaseranschluss verwirklichen? Ende der Achtziger entwickelte das amerikanische Unternehmen Bellcore ADSL, eine Protokollfamilie für den schnellen Datenaustausch. Die Technik basiert auf analogen Anschlüssen und auf Kupferkabel. Die Telekom vernachlässigte die ADSL-Technologie lange Zeit, weil sie auf den für sie finanziell lukrativeren Ausbau von ISDN setzte. Erst 1999, als in den Kabel- und Stromnetzen potentielle Konkurrenz für einen schnellen und billigen Internetzugang zu entstehen drohte, bot die Telekom eilig ein eigenes ADSL unter dem Namen "T-DSL" an, das sie so vermarktete, als wäre es eine ISDN-Erweiterung. T-DSL erreicht eine Downloadrate von bis zu 768.000 bit/s.

ADSL arbeitet mit vorher nicht genutzten Frequenzen im Kupferkabelnetz. Beim Telefonverkehr wird nur der Frequenzbereich bis 4 kHz belegt. Der Frequenzbereich bis 1,1 MHz aber bleibt ungenutzt. Wegen der Verluste in den hohen Frequenzbereichen kann jedoch auch ADSL nur den Bereich bis 120 kHz verwenden. Die Kupferleitung wird in den Vermittlungsstellen in drei Kanäle aufgeteilt: ein Kanal für das Telefon, ein zweiter für die Verbindung vom Anwender zum Provider (Upstream-Kanal) und ein dritter für die Datenübertragung vom Anbieter zurück zum Anwender (Downstream-Kanal). Da ADSL auf Kupferkabel angewiesen ist, kann es nicht direkt in Wohnungen mit Glasfaseranschluss gelegt werden. Was jedoch möglich wäre, ist die Lieferung anderer kostengünstiger und schneller Internetanbindungen für solche Haushalte.

Technisch würden sich mehrere Lösungsmöglichkeiten für das Angebot eines schnellen Internetzugangs für Haushalte mit Glasfaseranschluss anbieten. Denn eigentlich sind die Glasfaserleitungen ja tatsächlich eine fortschrittlichere Technologie als die Kupferkabel. Doch die Telekom geht mit ihren Glasfaseranschlüssen derzeit um wie Heinz Erhard in dem Film Natürlich die Autofahrer mit seinem Wagen. Erhards ganzer Stolz ist ein neues Automobil, das er aber nur in der Garage stehen hat und nie fährt. Eifersüchtig wacht er darüber, dass das gute Stück nicht von anderen Familienmitgliedern zu Vergnügungs- oder Nutzfahrten herangezogen wird. Technische Möglichkeiten, das Glasfasernetz der Telekom zu Vergnügens- oder Nutzfahrten heranzuziehen, gäbe es viele. Sie heißen zum Beispiel B-ISDN/ATM, DWDM und VDSL. Und sie haben eines gemeinsam: Die Telekom bietet bisher keinen dieser Dienste für Privathaushalte an.

Wo die Telekom in Deutschland immer noch mit T-DSL kämpft, sind anderswo bereits Geräte der nächsten Generation im Einsatz. So betreibt US West in Phoenix, Arizona ein Projekt mit 31.000 Benutzern, das Fernsehen, Internet und Telephon über VDSL bietet. VDSL (Very High Data Rate Digital Subscriber Line) ist eine der vielversprechendsten in Glasfasergebieten einsetzbaren Technologien. Bei ihr ist ebenso wie bei der ADSL-Technologie die Kanalaufteilung asymmetrisch. Voraussetzung für VDSL ist jedoch ein Hybridnetz aus Glasfaser- und Kupferleitungen - also genau das, was mit OPAL verlegt wurde. Durch den Einsatz von Glasfaser lässt sich die Übertragungsrate erheblich steigern. VDSL ist so deutlich schneller als ADSL. Das Verfahren kann Daten mit einer Übertragungsrate von bis zu 52 Mbit/s leiten. Die Kupferleitungen zur Erreichung solcher Geschwindigkeiten dürfen allerdings nicht länger als 300 Meter sein, weil die Höhe der Übertragungsrate sehr stark von der Länge des Kupferkabels abhängt. Wie ADSL benötigt die VDSL-Technologie jeweils ein Modem im Kabelverzweiger und eines beim Endanwender.

Auf die Frage nach VDSL heißt es bei der Telekom bekannt kundennah, klar und eindeutig: "Wir beschäftigen uns grundsätzlich mit allen DSL-Technologien und werden zu gegebener Zeit Entscheidungen treffen." Arcor scheut den Einsatz von VSDL, weil sich die Technologie noch im Standardierungsprozess befindet, außerdem gibt es nach Kenntnis der Mannesmann-Tochter keine Systemtechnik - Geräte wie etwa Kabelverzweiger würden laut Arcor derzeit noch nicht auf dem Markt sein. Eine kurzer Blick ins Netz weist allerdings eher auf ein bereits jetzt breites Angebot an VDSL-Hardware hin.

ISDN steht für "Integrated Services Digital Network." Im Schmalband-ISDN können Kommunikationsmedien mit 64 kbit/s bzw. 128 kbit/s übertragen werden. Breitband-ISDN oder "B-ISDN" erlaubt mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von bis zu 155 Mbit/s auch Fernsehen und Videokonferenzen. B-ISDN baut auf FTTH-Architektur, die es bisher kaum irgendwo gibt. 1988 wurde ATM als Transportmechanismus für B-ISDN festgelegt. Einen bestehenden B-ISDN-Dienst sieht die Telekom deshalb in ihrem T-ATM, das seit Anfang 1997 angeboten wird - allerdings nur für Geschäftskunden und zu alles andere als erschwinglichen Preisen. Im Gegensatz zur Telekom setzt man bei Arcor nicht auf B-ISDN. Die Technologie hat sich, so der zuständige Arcor-Sprecher Heiko Witzke, "in der Standardisierung nicht durchgesetzt und findet keine Anwendung." Auch die Telekom muss einräumen, dass B-ISDN sich in der technischen Umsetzung als eine zu teure Lösung herausstellte.

Bis die dritte genannte Glasfasertechnologie, DWDM (Dense Wavelength Division Multiplexing), dem Endanwender angeboten wird, dauert es wohl noch einige Zeit. DWDM wird von Arcor wie von der Telekom in den Backbones verwendet, aber weder bei der einen noch bei der anderen Firma ist derzeit ein Angebot für Direktanschlüsse von Privatkunden in Aussicht. Auf die Frage, ob es DWDM auch für den Privatanwender geben soll, heißt es bei der Telekom wie gewohnt: "Was in der Zukunft im Zugangsnetz sein wird, kann jetzt noch nicht abschließend beantwortet werden." DWDM soll es ermöglichen, das gesamte gespeicherte menschliche Wissen innerhalb von Sekunden durch ein Glasfaserkabel zu leiten. Deshalb fürchten sich alteingesessene Telefonkonzerne wie die Deutsche Telekom AG vor DWDM: weil die Technologie aufgrund ihrer enormen Bandbreite den Markt tatsächlich für Konkurrenz öffnen könnte. Amerikanische Technologiespekulanten wie George Gilder2 sehen in dieser scheinbar endlosen Bandbreite eine neue Frontier, die ewige wirtschaftliche Expansion ermöglichen soll.3 DWDM spaltet die Glasfaser nach Lichtfrequenzen: Statt auf einer überträgt diese Technik Daten auf vielen "Farben." Derzeit ist man bei 96 nutzbaren Kanälen. Aber schon bald soll DWDM mit 1.000 und mehr Farbfrequenzen möglich werden. So können DWDM-Systeme theoretisch schon heute mehr als zwölf Millionen Telefongespräche gleichzeitig bzw. ein Terabit pro Sekunde bewältigen. Das ist der gesamte derzeitige Bedarf an Bandbreite in den USA. In Zukunft sollen 25 Terabit pro Sekunde durch eine einzige Glasfaser fließen. Deshalb wird der Transport von Daten mit DWDM weit billiger als mit alten Glasfasersystemen. Die schon verlegten Lichtleitungen sind jedoch unter anderem wegen der benötigten EDFAs (Erbium Doped Fiber Amplifier) nur begrenzt für DWDM aufrüstbar.

Wenn die Deutsche Telekom AG bei den drei obigen Technologien so ruhig schläft, drängt sich die Frage auf, wie sich denn das Staatsunternehmen die Lösung des Problems schneller Internetzugänge für seine Kunden mit Glasfaseranschluss vorstellt. Eine technische Lösung des Angebots von schnellen Internetzugängen für Glasfaserhaushalte, so die Telekom, bestünde darin, kleine outdoorfähige DSLAMs (Digital Subscriber Line Access Multiplexer) einzusetzen. Und warum tut die Telekom dies nicht längst? "Das Problem besteht darin, hierfür wirtschaftliche Lösungen zu finden" meint Herr Seibel von der Telekom-Pressestelle hierzu. Technisch ließe sich das Problem also überwinden - doch die Telekom will dies nicht - weil es sich für sie nicht lohnt. Für den "Regeleinsatz" wird "die Einführung eines breitbandfähigen optischen Zugangsnetzsystems" angestrebt.

Wer von der Telekom wissen will, was sie darunter genau versteht, erfährt, dass damit eine "Netzlösung" gemeint ist, die es "unter wirtschaftlichen Aspekten ermöglicht, DSL-Technologien und Glasfaser zu kombinieren." Dies, so die Telekom "bedeutet, dass der DSLAM aus der Vermittlungsstelle in Richtung zum Kunden verlagert werden muss." Auch die "im Moment denkbaren" Sonderlösungen sehen für die Telekom so aus. Die Telekom orakelt auf weiteres Nachhaken, wie denn nun diese Sonder- und Regellösungen genau aussehen sollen: "Auf dem Markt sind breitbandfähige Systeme verfügbar. Konkrete Aussagen zur Einführung können derzeit noch nicht gemacht werden." Erst auf wiederholte Nachfragen erklärt die Telekom-Pressestelle, was sie mit den angesprochenen breitbandfähigen Systemen meint: die bereits erwähnten Outdoor-DSLAMs, "die von den großen Lieferanten angeboten werden." Da die Telekom solche Systeme aber derzeit nicht in ihrem Netz einsetzt, gibt es auch keine Provider, die damit arbeiten können. Dem Kunden ist also mit dem Verweis auf solche angeblich auf dem Markt verfügbaren breitbandigen Systeme nicht geholfen. "Inwieweit Provider auf anderen Netzstrukturen damit arbeiten, entzieht sich unserer Kenntnis" heißt es bei der Telekom hierzu nur lapidar.

Gerüchte, dass die Telekom daran arbeite, eine T-DSL Versorgung auch für Kunden mit Glasfaser-Anschluss zur Verfügung zu stellen und dass diese Technik ab Mitte diesen Jahres funktionieren solle, scheinen also haltlos und werden auch von der Telekom-Pressestelle verneint. Auch die Auskunft der Telekom, die manche Glasfaserhaushalte erhielten, dass ihr Anschluss "in Q3/2002 versorgt" werde, ist reine Kundenberuhigung. Die Telekom weiß noch nicht einmal, auf welche Weise sie den Anschluss realisieren wird.

Eine andere "Sonderlösung für Einzelfälle" ist der Einsatz von Kupferkabeln in OPAL-Ausbaugebieten. Prinzipiell ist in diesen Gebieten (mit Ausnahme des Verzweigungskabels) kein Kupfer vorhanden. Die Telekom-Datenbank erteilt bei der Verfügbarkeitsprüfung allerdings für manche Gebiete die Auskunft: "geschaltet über Glasfaser, vielleicht auf Kupfer umschaltbar." Dies ist der Fall, wenn bei der Umstellung auf OPAL die alten Kupferkabel in der Erde liegen gelassen wurden und wieder reaktivierbar sind. Eine weitere denkbare - wenn auch teure - Lösung wäre, dass ein Privatkunde mit Glasfaseranschluss die Telekom beauftragt, wieder Kupferkabel zu verlegen. Doch die Telekom meint hierzu selbstbewusst: "Unsere Kunden beauftragen die Realisierung von Produkten. Infrastrukturleistungen können in der Regel nicht beauftragt werden."

Warum dachte man bei der Konzeption von OPAL nicht an die potentiellen Probleme mit DSL? Weil man bei der Telekom, die den dezentralen elektronischen Datenaustausch mit allen Mitteln bis hin zum Verbot von Modems bekämpfte, mit der Internet-Revolution 1990 so wenig gerechnet hatte, wie Honecker 1985 mit dem Mauerfall. Schließlich hatte der proprietäre, teure und weithin uninteressante Btx-Service der Post damals gerade mal 200.000 Kunden.

Trotz der mittlerweile hinlänglich bekannten Probleme verlegt die Telekom auch derzeit noch Glasfaseranschlüsse. Auf die Frage, ob es passieren kann, dass jemand seinen DSL-Zugang verliert, weil Glasfaserkabel verlegt werden, meint die Telekom, dies sei nicht möglich, da die Verlegung von Glasfaseranschlüssen "in der Regel" in bisher nicht versorgten Gebieten erfolge. Also besser Augen auf, ob in der Nähe der Wohnung nicht verdächtige Bauarbeiten stattfinden! Warum aber werden überhaupt Glasfaserkabel verlegt, wenn eine Nutzung über die angesprochenen Technologien in nächster Zeit nicht geplant ist? Eine generelle Aussage zu den Kosten der Verlegung von Glasfaser auf der einen, Kupferkabeln auf der anderen Seite hält die Telekom nicht für möglich. Einmal verweigert man eine Auskunft mit dem Vorwand des Schutzes vor der Konkurrenz, ein andermal heißt es: "Welches Medium die wirtschaftlichere Alternative darstellt, ist im Einzelfall zu entscheiden und stark von den Anforderungen abhängig." Da drängt sich der Verdacht auf, dass die Deutsche Telekom AG derzeit OPAL wegen höherer Mieten für die Konkurrenten und zur Sicherung des Monopols verlegt.

Aus diesem Grund verweigert auch der Telekom-Konkurrent Arcor OPAL-Haushalten nicht nur sein DSL-, sondern auch sein ISDN-Angebot. An sich wäre zwar der Arcor-ISDN-Anschluss bei der hier verwendeten Technik machbar, doch gibt es derzeit lediglich einige Testgebiete, in denen Arcor den Umgang mit der Glasfaser-Verkabelung ausprobiert. Sieht man sich die Teilnehmeranschlussleitungsmiete an, die Arcor für Glasfaserleitungen an die Telekom zahlen muss, wird klar, warum die Firma kein Interesse an diesen Haushalten hat: Bei 66,98 DM Miete für die Telekom-Glasfaserleitungen (im Vergleich zu lediglich 25,60 DM bei Kupferleitungen) lohnt sich das für den Kunden gleich teure ISDN-Angebot für Arcor nicht mehr. Die Mannesmann-Tochter gibt den schwarzen Peter deshalb an die Regulierungsbehörde weiter, die sich gerade wieder mit höheren Forderungen der Telekom an ihre Konkurrenten befasst.

Da wirtschaftlicher Druck somit aufgrund der in diesem Bereich immer noch bestehenden Monopolsituation also nicht möglich ist, bleibt der Versuch, politischen Druck auszuüben: Immerhin gehört die Telekom zum größten Teil dem Staat, der außerdem noch eine Regulierungsbehörde betreibt. In schlechter Erinnerung ist vielen allerdings noch das Jahr 1996, als die Telekom mit einer Gebührenerhöhung, die vor allem Internetnutzer traf, die wirtschaftliche und technische Entwicklung gehörig bremste. Obwohl damals 10.000 Menschen in Berlin gegen diese "Internetsteuer" der Telekom protestierten, bewegte sich der verantwortliche "politisch-industrielle-Komplex" nicht. Gerade weil die Bundesregierung der größte Aktieneigner der Telekom ist, tut sie sich schwer, Entscheidungen zu treffen, die eine Einschränkung der Profite des Monopols zur Folge haben könnten.

Überhaupt ist politischen Entscheidungen bei der Kommunikationstechnologie grundsätzlich mit Misstrauen zu begegnen: Dort wo Glasfaserkabel sinnvoll gewesen wären, beim Fernsehkabel, wurden in den 1980ern stattdessen Kupferkabel verlegt: Die politische Entscheidung zugunsten des Kupfers fiel trotz vorhandener Glasfasertechnik. Um dieses jetzt schon veraltete Fernsehkabelnetz rückkanalfähig und damit internettauglich zu machen, sind erneut Investitionen in Höhe von zehn Milliarden DM notwendig. Trotzdem liegt im Fernsehkabel eine der langfristigen Alternativen zu DSL - allerdings muss die Telekom den größten Teil dieses Fernsehkabelnetzes noch verkaufen - ein Gebot des Gesetzgebers, das sie bisher erfolgreich verschleppen konnte.

Deshalb ist Internet über das Fernsehkabel bisher nur in einigen deutschen Städten möglich. Wer nicht auf die Kabelbetreiber warten will und sich mit weniger Geschwindigkeit zufrieden gibt, kann sich mit einer herkömmlichen Flatrate als Rückkanal und Sky-DSL von Strato versorgen. Sky-DSL ist eine völlig andere Technologie und hat mit ADSL nur drei Buchstaben gemeinsam. Leider ist die Geschwindigkeit von Sky-DSL ziemlich unberechenbar: Obwohl Strato von Geschwindigkeiten von 128 Kbit/s bis 4 Mbit/s. (also einfache bis sechzigfache ISDN-Geschwindigkeit) spricht, bewegen sich die Übertragungsraten in der Praxis lediglich im Bereich von einem Zehntel der ISDN-Geschwindigkeit bis hin zu 1,5 Mbit/s. Für Sky-DSL ist außerdem eine Schüssel am Dach oder an der Hausfassade notwendig, über die nicht jede Hausverwaltung erfreut ist.

Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch für die Installation von Parabolantennen zum Empfang von Fernsehprogrammen entschieden, dass solch eine Genehmigung erteilt werden muss, wenn am Empfang des Fernsehprogramms ein "besonderes berufliches Interesse" besteht, und das Programm anderweitig (etwa durch das Fernsehkabel) nicht verfügbar ist.4 Eine Entscheidung, die sich durchaus (wenn man dieses kleine Wortspiel erlaubt) analog auf Digitales anwenden lässt. Wem also die Telekom T-DSL verweigert, der hat wenigstens bessere Chancen, dass ihm der Vermieter Sky-DSL erlauben muss.