Dissertation On Demand

Nach BOD kommt DOD - wenn die Universitäten mitspielen

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Als erste Hochschule hat jetzt die Universität Hamburg eine Dissertationsarbeit anerkannt, die nach dem "Books On Demand"-Verfahren (BOD) veröffentlicht worden ist. Dahinter verbirgt sich, siehe auch die Newstickermeldung, ein Projekt des Hamburger Georg Lingenbrink-Verlages und des Medien-Vertriebs Libri, das Autoren oder auch Unternehmen die kostengünstige Produktion von Buchtiteln ermöglicht. Die eingeschickten Manuskripte werden bei Libri digital bearbeitet danach in die allen Buchhandlungen zugängliche Datenbank eingegeben und erst nach einer eingehenden Bestellung gedruckt, um sie schließlich auf den normalen Vertriebswegen auszuliefern.

Genau dies hat nun ein angehender Hamburger Jurist bei der Erstellung seiner Dissertation mit dem Titel "Rundfunkberichterstattung aus Gerichtsverfahren" genutzt. Statt etwa 140 Exemplare seiner Dissertation beim Fachbereich abzuliefern, wie es die geltenden Promotionsordnung vorsieht, oder den Nachweis zu führen, daß mindestens 100 Exemplare im Buchhandel vorrätig sind, entschied er sich für das wesentlich kostengünstigere "Books On Demand"-Verfahren, das als "no risk publishing" angepriesen wird. Man zahlt einmalig für die Erstellung des Druckmasters, abhängig von der Seitenzahl und der Qualität der Druckvorlage. Bei 300 Seiten wären das DM 280.- Auch die Druckkosten sind seitenzahlabhängig. Für das "Datenmanagement" muß man monatlich eine Gebühr von drei Mark zahlen. Dafür kann der Autor aber sogar, wenn sich sein Buch verkauft, etwas verdienen, zumal er auch den Verkaufspreis selbst festsetzen kann. Und die Rechte bleiben beim Autor, der Verlag erhält nur die Vervielfältigungsrechte. Zudem geht die Veröffentlichung viel schneller als im meist trägen Verlagswesen. Drei Wochen nach Erhalt des druckreifen Manuskripts soll, so verspricht es BOD, das Buch bereits weltweit im Handel sein.

Der Hamburger Jurist konnte, wie Libri mitteilt, nach anfänglicher Skepsis die Uni-Verantwortlichen davon überzeugen, daß er die wesentlichen Forderungen der Promotionsordnung dennoch erfüllt habe: Nationale und weltweite Recherche der Dissertation über den Buchhandel und Internet mit Hilfe der Libri-Datenbanken sowie ihre ständige und sofortige Liefermöglichkeit. Das Buch kostet für den Besteller DM 69.-

Daß Dissertationsarbeiten in Zukunft gleichsam als "Dissertation On Demand" (DOD) erstellt werden, schließt auch Wolfgang Kilian, Leiter des hannoverschen Uni-Instituts für Rechtsinformatik, nicht aus: "Im Prinzip sind wir da aufgeschlossen." Probleme könnten allerdings die Verlage bekommen, die auf Promotionsarbeiten spezialisiert sind. Auch sei es für die Publizität einer Arbeit natürlich besser, wenn sie in speziellen Schriftenreihen erscheine. Außerdem, meinte Kilian, sei es durchaus denkbar, daß die deutschen Universitäten dies zukünftig selber organisieren und Dissertationen über ihre Rechner weltweit zur Verfügung stellen. "Auf unseren Webseiten habe ich ja bereits zwei sehr gute Arbeiten von Studenten veröffentlicht."