Japan: Verkaufshysterie bei Auslieferung der Playstation 2

Mitbewerber reagieren rasch: Sega verschenkt Dreamcasts in Japan; Microsoft kündigt diese Woche X-Box-Konsole an.

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Damit hätte selbst der deutsche Bäckerverband nicht zurecht kommen können. Am Samstag glich der Andrang auf Sonys neue Playstation 2 in Tokio Szenen, wie man sie zuletzt in den USA zum Start des Star-Wars-Remake gesehen hatte. Der Polizei von Tokio zufolge hatten sich bis zum Samstag, den 4. März, um 7:00 Uhr rund 5.000 bis 7.000 Menschen in Tokios Elektronikviertel Akihabara versammelt, um die Lieferung der ersten neuen Playstations abzuwarten. Als die ersten Laster eintrafen, hatten manche Leute schon bis zu 25 Stunden auf den kalten Straßen hinter sich. 1 Million Playstation 2 hatte Sony Computer Entertainment landesweit abzusetzen versprochen.

Einer der glücklichen ersten Besitzer der Playstation 2

Bis 10:00 Uhr waren im Viertel für Elektronikfachläden die ersten Lieferungen bereits ausverkauft, landesweit waren um 16:00 alle Konsolen vergriffen - neue Lieferungen erwartete man für den Abend. Bis Montag, dem 6. März waren laut Heise-Newsticker fast 980,000 verkauft. Somit gelang es Sony, Segas Rekord als die sich am schnellsten verkaufende Konsole zu durchbrechen. Im September hatte sich Segas neue Dreamcast-Maschine innerhalb von 2 Wochen über 500,000 Mal verkaufen können. Im Vergleich erreichte 1996 Nintendos N64 Maschine erst nach zwei Monaten diese Marke. Als Sony 1995 die erste Playstation rausbrachte, dauerte es fast vier Monate bis zur ersten halben Million. Inzwischen sind über 70 Millionen Playstation 1 verkauft worden.

In Japan besitzen 2 von 3 Haushalten die erste Sony-Konsole, in Amerika sind es 25% aller Haushalte. Mit geplanten Nachlieferungen von 500,000 Playstation 2 pro Woche erhofft sich Ken Kutaragi, CEO von Sony Computer Entertainment, einen weltweiten Gesamtumsatz von 70 Millionen Konsolen. Die Zahlen unterstützen die Ergebnisse einer Umfrage in AsiaBizTech, wonach die Playstation 2 an Platz 1 der wahrscheinlich erfolgreichsten Produkte des Jahres 2000 gelangte. Segas Dreamcast erreichte gerade den 86. Platz und Nintendos angekündigte Dolphin-Konsole Platz 62.

Wie sehr die Konkurrenz Sonys neue Vormachtstellung ernst nimmt, zeigen vor allem Segas und Microsofts Bemühungen, ein wenig Wind aus dem derzeitigem Sony-Orkan zu nehmen. Speziell im Bereich Cyberspace will SEGA seine Marktführerposition nicht aufgeben. Bislang ist Segas Dreamcast die einzige Konsole mit Zugang zum Internet. Seit Verkaufsstart im letzten September haben sich in Europa 200.000 Mitglieder in der Dreamcast Arena, Segas Spielportal, angemeldet. Das entspricht fast einem Drittel aller verkauften Konsolen in Europa in den ersten vier Monaten. Pünktlich zum Markteinstieg der Playstation 2 kündigte Sega-USA den Launch der vierten von fünf Phasen des Dreamcast Network an. Mit der Veröffentlichung des ersten echten Multispieler Spiels „Chu Chu Rocket" am 7. März in den USA stünde Sega nach eigenen Angaben nur eine Phase entfernt vom vollen dreidimensionalen, globalen Multispieler-Erlebnis. Bis jetzt waren alle Aktivitäten auf dem Dreamcast Network mehr oder minder auf reinen Informationsaustausch abgezielt, z.B. Chat, E-Mail, Cheats, usw. Bis auf das aller erste kostenlose Konsolenspiel SWIRL lassen sich kaum Spiele über das Internet spielen.

Die wohl größte Konzession von Sega an das Potenzial der neuen Sony-Konsole stellt ein brandneues Angebot aus Japan dar: Kostenlose Dreamcast-Konsolen! Auf den Seiten des J-Data Inc. Vertriebes können Japaner eine kostenlose Dreamcast (im Wert von DM 500,-) anfordern. Wie bei Gratis-PC-Angeboten gilt die Bestellung nur in Verbindung mit Abschluss eines Internet-Dienstvertrages im Wert von jährlich ca. DM 560,-. Ob das Modell in Europa Schule machen wird, ist eher fraglich. Laut Charles Bellfield von Sega-USA eigne sich diese Art von Promotion-Aktivität besser für Japan, wo die PC-Quote in Haushalten noch im einstelligen Prozentbereich liege. Die Internet-Anbindung an sich würde die Hauptattraktion ausmachen, während in Europa Aktionen wie kostenlose Internet-Anbindung, beispielsweise über VIAG Interkom und BT, eher Sinn machen würden.

Mit dem Wort "kostenlos" scheint bis jetzt Microsoft allerdings nichts im Sinn zu haben. Ihre Pläne, eine Konsole mit dem Codenamen X-Box für weniger als $300 auf den Markt zu bringen, sind bis jetzt unter strengstem Verschluss geblieben. Der Financial Times Deutschland zufolge wolle Microsoft mit seinen Konsolenplänen auf den Erfolg als Marktführer im Online-Spiele-Bereich aufbauen. Da die mysteriöse X-Box auf dem Windows-Betriebssystem basiere, könne MS zusätzlich auf eine Vielzahl von PC-Spielen, die sich leicht auf das neue System anpassen ließen, zurückgreifen. Zum Wochenende brach Microsoft mit der Geheimhaltung. Nach eigenen Angaben wird Bill Gates in seiner Schlüsselrede zur Eröffnung der Game Developers Conference (GDC2000) am 8. März die neue DirectX-Spielkonsole ankündigen.