Nobelpreis für Literatur

Erstmals chinesischsprachiger Schriftsteller ausgezeichnet

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Die Schwedische Akademie verleiht den Nobelpreis für das Jahr 2000 an Gao Xingjian

Der Nobelpreis wird verliehen "für ein Werk von universaler Gültigkeit, bitterer Einsicht und sprachlichem Sinnreichtum, das chinesischer Romankunst und Dramatik neue Wege eröffnet hat".

Gao Xingjian wurde in Ostchina geboren und ist jetzt französischer Staatsangehöriger. Er ist Erzähler, Übersetzer, Dramatiker, Regisseur, Kritiker und Künstler. Der Durchbruch gelang ihm mit dem absurden Stück Arrêt de bus/Bus Stop/Die Busstation (1983), das während des Feldzuges gegen "geistige Verunreinigung" verurteilt und von einer Parteikoryphäe als das Schädlichste bezeichnet wurde, das seit Errichtung der Volksrepublik geschrieben worden war. 1986 wurde das Drama L'autre rive/The Other Shore/Das andere Ufer verboten, und seither wurde keines seiner Dramen mehr in China aufgeführt. 1987 verließ er China und ließ sich ein Jahr später als politischer Flüchtling in Paris nieder. Einige seiner Werke sind in mehrere Sprachen übersetzt worden, seine Stücke werden in der ganzen Welt aufgeführt.

In der Begründung der Akademie heißt es:

Im Werk Gao Xingjians wird die Literatur aus dem Kampf des Individuums, die Geschichte der Massen zu überleben, wiedergeboren....Mit schonungsloser Aufrichtigkeit schildert der Verfasser der Reihe nach seine Erfahrungen als politischer Aktivist, Opfer und außenstehender Beobachter. Seine Erzählung hätte in der moralischen, stellvertretenden Haltung des Dissidenten ausmünden können, aber er weist diese Position zurück und weigert sich, jemand anderen zu erlösen. Gao Xingjians Werk ist frei von jeder Anbiederung, auch der gegenüber dem guten Willen.... Gao Xingjian bezeugt selbst die Bedeutung der nichtnaturalistischen Strömungen des abendländischen Theaters für sein dramatisches Schaffen und erwähnt Artaud, Brecht, Beckett und Kantor.

L'Hiver von Gao Xingjian

Werke von Gao Xingjian auf deutsch: Die Busstation : eine lyrische Komödie aus der VR China / übers. von Chang Hsien-chen und Wolfgang Kubin. - Bochum : Brockmeyer, 1988. Flucht : eine moderne Tragödie / übers. von Helmut Forster-Latsch und Marie-Luise Latsch. - Bochum: Brockmeyer, 1992. - [Anhang: Flucht und Literatur von Gao Xingjian.] An der Grenze zwischen Leben und Tod / übers. von Mark Renné // Heft für ostasiatische Literatur. Nr 13. November 1992. Basting, Monica, Yeren : Tradition und Avantgarde in Gao Xingjians Theaterstück "Die Wilden" (1985). - Bochum : Brockmeyer, 1988. - [Includes the text in the original Chinese and in German.] Hartmann, Sascha, JA oder/und NEIN (1992) : ein Drama von Gao Xingjian. - Bochum: Projekt Verlag, 1999.

Der Nobelpreis für Literatur wurde bereits zweimal abgelehnt, 1964 von Jean Paul Sartre, der die Werte der bürgerlichen Gesellschaft ablehnte und seine Integrität als Autor gefährdet sah sowie 1958 von Boris Pasternak unter dem Druck der sowjetischen Regierung.

Unter den Deutschen, die bisher einen Literaturnobelpreis gewannen sind Thomas Mann, Heinrich Böll, Hermann Hesse, Nelly Sachs, Gerhart Hauptmann und Günter Grass.

Lars Forssell, der seit 1971 Mitglied der Schwedischen Akademie ist und gemeinsam mit 17 weiteren Juroren entscheiden darf, hatte im Sommer Bob Dylan ("I'm a poet, I know it") als Anwärter für die angesehensten Literaturauszeichnung der Welt eingestuft. Öfter schon kamen aus Schweden Stimmen, die sich dafür aussprachen Bob Dylan auszuzeichnen und damit auch der Tatsache Rechnung zu tragen, dass die Popkultur den Begriff von Literatur entscheidend verändert hat.