Inpol-Neu gescheitert?

Polizei muss für die Rasterfahndung mit altem Informationsystem auskommen.

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Konzipiert wurde das neue polizeiliche Informationssystem Inpol-Neu vom ehemaligen BKA-Präsidenten Horst Herold als die "Waffe Nummer 1" in der Rasterfahndung. Jetzt scheitert es am mangelnden Antwort-Zeitverhalten, das sich, so jetzt ein interner Bericht der Unternehmensberatung KPMG, auch kaum wesentlich verbessern lasse.

Rund 100 Millionen investierte der deutsche Staat bereits in das neue Datensystem der Polizei, Inpol-Neu. Vom Erkkennungdsdienst und Inhaftierung, bis zu Sondermeldediensten wie Organisierte Kriminalität und Computerkriminalität soll Inpol-Neu alles leisten. Vor allem aber soll es Falldaten und Täterdaten in einem Arbeitsgang abbilden.

Bei der aktuellen Rasterfahndung nach den Hintermännern des Anschlags vom 11. September müssen die Beamten bis zu vier verschiedene Systeme bedienen. Dabei müssen die Daten ständig neu konvertiert werden, was zu erheblichen Zeitverzögerungen, teils sogar Verlusten führt. Inpol-Neu hätte diese Probleme lösen sollen.

Im Juli ließ sich der oberste Dienstherr des Bundeskriminalamtes, Otto Schily, Inpol-Neu vorführen. Eine Demonstration des Systems zeigte, dass Abfragen zwischen 7 und 27 Sekunden dauerten. Angestrebt waren allerdings nur drei Sekunden. Schily war alarmiert. Eine Krisenkonferenz jagte die nächste. Schließlich bestellten die deutschen Innenstaatssekretäre von der Treuhandfirma KPMG einen Bericht, der morgen in einem Arbeitskreis, im November in der Innenministerkonferenz vorgestellt werden soll.

Laut Stern kommt die Untersuchung der Berater zu einem "fatalen" Ergebnis: "Das Projekt ... befindet sich derzeit in einem erheblich sanierungsbedürftigen Zustand. Es ist nicht auszuschließen, dass das Projekt mit dem heutigen Entwicklungsansatz nicht erfolgreich abgeschlossen werden kann." Das System sei zu komplex, die Geschwindigkeit lasse zu wünschen übrig. Die Berater empfehlen das Projekt zu beerdigen.

Weitere 195 Millionen sollen, so die laufende Planung, bis 2005 noch in die Entwicklung gesteckt werden. Sowohl der Bund deutscher Kriminalbeamter, als auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) fordern aber jetzt einen Neuanfang. GdP-Computerexperte Horst Müller gegenüber telepolis: "Bereits die Controllingberichte der Projektgruppen AGIL und Inpol-Neu im Frühjahr wiesen auf die schweren Probleme bei Inpol-Neu hin". Zu lange schloß man jedoch im Bundeskriminalamt die Augen vor der kommenden Katastrophe.