Überlebensplan für die Welt

New Deal für die Würde

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Wer das Grauen selbst erlebt hat, wünscht es niemand anderem. Die New Yorker sind wegen ihrer Demonstrationen gegen hegemoniale Militärschläge ein Vorbild für die Welt. Heute stehen wir vor der Frage "War at Wanted Men" oder "Men Wanted for Peace", d.h. vor der Frage eines planetaren Umdenkens in Form einer großen Weichenstellung. In der Technik werden Weichen durch Stellwerke gestellt. In der Geopolitik übernimmt diese Aufgabe der Diskurs der Vernunft. Die Gefahr des verweigerten Dialoges gilt es deshalb zu verhindern. Die Welt fühlt sich betrogen, solange einseitig orientierte Institutionen benützt werden, um ihr eine ungewollte, möglicherweise durch Ölinteressen genährte Zukunft aufzuzwingen. Die defensiv-grausame Grundhaltung, dass das amerikanische Wirtschaftssystem das allein selig machende ist, wie dies der Präsident der New York Stock Exchange nach deren Wiederöffnung verkündete, wäre nur dann richtig, wenn wir in der Matrix leben wollen.

Wie real waren die Flugzeug-Einschläge?

Die Antwort könnte lauten: realer als real. Am 11. September wurde ein Vorhang aufgezogen, der Vorhang der in Armut lebenden Mehrheit. Ihr Aufwachen war zu befürchten. Hans Küngs "Weltethos" ist mit Schuld. Ein Zurückbomben von Afghanistan in die Steinzeit ist nicht opportun (und nicht möglich, weil bereits durch die damalige Sowjetunion geschehen). Die Mehrheit muss geachtet werden. Der Vorschlag von Kofi Annan, ein 200 Milliarden Programm zur Aids-Prävention einzurichten, verhallte ungehört. Ein New Deal dieser Art ist jedoch eine mögliche Rettung.

Amerika war einst so klug, einen Marshall-Plan für ein unwürdiges Land anzuwerfen. Heute ist Afghanistan unwürdig. Doch anders als damals, steht der Unwürdige nicht allein. Viele unschuldige, unwürdige Länder umgeben in konzentrischen Ringen den Führer des Aufstandes. Die ganze Welt kann man nicht eliminieren. Man muss, wie der kluge deKlerk es vormachte, sich mit dem Martin Buber der Gegenseite zusammensetzen. Rache für New York führt nur zu noch mehr weltweitem Terror und bringt die Amerikaner durch das Töten von Zivilisten selbst in die Nähe des Terrorismus.

Den Kurs des Todes vermeiden

Der größte Aufmarsch der Geschichte sollte nicht der Trajektorie des Todes folgen, sondern der des Friedens in Richtung Anti-Aids und Anti-Analphabetismus. Wenn Bush nicht als neuer "Bomber Harris" gegen Zivilisten in die Geschichte eingehen will, dann muss er mit allen Mitteln und möglicherweise an anderen Orten den Frieden suchen. Ist dies wirklich absurd?

Es gab einmal einen jüdischen Rabbi namens Jesus, der genau für diesen Fall das Konzept der anderen Wange erdacht hat. Es ist nicht die übliche christliche Charakterlosigkeit des die eigene Würde Verleugnens, sondern der Mut zum Verstehen der Motivation des anderen. Nur dann, wenn man die Motivation des Übeltäters kennt, gibt es eine Brücke zur Zukunft. Wenn der Übeltäter Tränen in den Augen hat, ist die Verweigerung des Taschentuches schlimmer als hundert Atombomben auf Afghanistan. Leider, wie alle New Yorker wissen, weint die Mehrheit, die das Übel zu verantworten hat. In ihrem Namen wurde der größte Terrorakt der Geschichte begangen. Sie kann die Mitverantwortung umso weniger abstreiten, je mehr sie das Recht betont und je mehr man dafür Beweise findet, dass dies zutrifft. Denn das Unrecht, das als Kurzschlussreaktion eine solche Untat zwar nicht erklären, aber in Spuren (bei der Schwachheit des Menschen) verständlich machen kann, steht als unsichtbare Rauchsäule im Hintergrund.

Den Zorn auflösen

Der Zorn des ewigen Manitu darf nicht durch ein falsches Rauchopfer im Herzen des frommen Islam erweckt werden. Das auf Indianerfriedhöfen erbaute Big Apple war auch die Todesstätte für John Lennon, dem Miterfinder von "All you need is love". Wir alle leben in einem "Yellow Submarine" voller hoffnungsvoller Kinder und alter Leute. Die Zwischen-Generation muss in den Rädchen der Wirtschaft mittlerweile soviel arbeiten, dass sie die große Perspektive verdrängt und ihre Hoffnungen eingeengt hat.

Charles Dickens gab dem Oncle Scrooge einen Alptraum, der ihn auf einmal die Chancen der Fairness erkennen ließ. Den Alptraum hatten wir ebenfalls. Wird es gelingen, ihn oder seine Lehren ins Wachsein hinüberzutragen. Dann würden wir aus der Matrix des Nichterkennenkönnens und des Überwachenwollens, wo unsere Liebe eingefroren wurde, erwachen. Wählen wir die blaue oder die rote Kapsel?

Ohne Neuanfang gibt es ein bitteres Ende

Wo ist der Anfang für den neuen guten Willen? Arafat hat durch sein Blutspenden und durch seinen glaubwürdigen Gewaltverzicht ein Zeichen gesetzt, das an den Willen zur ewigen Liebe in der Bibel anknüpft. Der Zorn des Himmels zeigte sich in der mit Staub gefüllten New Yorker Atemluft. Der Zorn des Menschen gegen die scheinbare Unerbittlichkeit des für alles Verantwortlichen ist die verständlichste Reaktion der Welt. Man kann ihn gar nicht ernst genug nehmen. Wenn so etwas schlimmes passieren darf, ist sozusagen jedes Mittel der Abwaschung recht.

Bush sagte: "Wir sind ein friedliches Volk." Drauf ließ er einen großen Truppenaufmarsch folgen. Das neue amerikanische Gleichnis lautet scheinbar, wie die indische Schriftstellerin Arundhati Roy, ironisch anmerkt: "Krieg ist Frieden". Anstatt an "Kreuzzüge" und "grenzenlose Gerechtigkeit" sollten wir jedoch lieber Buddha und Mohammed glauben, dass das Licht der Brüderlichkeit die Zukunft der Galaxis darstellt. Mr. Spock würde sagen: Faszinierend!

Planetares Konzil

Die intelligentesten Leute des Planeten sollten ein Konzil bilden. Dies wünschen sich alle. Es muss jetzt zum ersten Mal in der Geschichte einberufen werden. Kofi Annan und Stafford Beer (der ehemalige Berater von Salvator Allende, dessen Tötung von Pinochet unter Mitwirkung des amerikanischen Geheimdienstes veranlasst wurde) sollten Briefe herumsenden, die sich wie trojanische Pferde bei jedem, der zur Aufforderung teilzunehmen "Ja" gesagt hat, eine Briefgabelung verursachen und somit fortpflanzen. Nach 10 Tagen wissen alle, wer dem planetaren Rat angehört. Star Trek hätte dann die entscheidende Vorbildfunktion zum Überleben des kleinen blauen Planeten Erde beigetragen.

Was spricht dagegen, dass wir den Aufnahmetest in den intergalaktischen Bund verstehen? Der Geist ist fraktal: Jedes Element ist zum Ganzen selbstähnlich, also so klug wie das Ganze. Das Eintrittsticket in den galaktischen Rat kommt nicht von außen, sondern durch die geheime Kraft der Reflexion von innen.

Unterschrift: gez. Die Endorianer.