Das Terrorspiel der Clowns

Bild: Amanda Hirsch/CC-BY-2.0

Eine der berüchtigsten Kunstfiguren der Kulturindustrie erwacht im gegenwärtigen Clownwahn zum Leben

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Es lohnt sich, mit den Waren zu beschäftigen, die die spätkapitalistische Kulturindustrie fabriziert Die Avengers im Kampf gegen das Automatische Subjekt. Natürlich nicht ihres konkreten "Unterhaltungswerts" wegen, oder der vorhersehbaren und standardisierten Erzählstruktur insbesondere der Großproduktionen der Filmindustrie, die eigentlich jeder Kinobesucher schon im Voraus kennt (man geht eher der Effekte und Gags wegen noch ins Blockbuster-Kino).

Die Auseinandersetzung mit den Mainstream-Produkten der Medienindustrie lohnt deswegen, weil diese unbewusst, im Subtext auf das "kollektive Unterbewusste" der Gesellschaft verweisen, in der sie hergestellt werden. Sie verweisen auf das, was in der Gesellschaft vor sich geht, aber aufgrund der dominanten Ideologie, des gegebenen Sachzwangsregimes nicht öffentlich artikuliert und debattiert wird. Kulturindustrie hat schon immer eine Art umgekehrter Psychoanalyse praktiziert, bei der öffentlich tabuisierte Widersprüche, Prozesse oder Ereignisse ins Unbewusst-Symbolische verdrängt und zumeist personifiziert wurden.

Es gilt also, diesen unbewusst in die Produkte der Kulturindustrie eingewobenen Subtext freizulegen, zu dechiffrieren, um Einsichten in all die irrationalen Verheerungen des Massenbewusstseins zu erhalten, die von der herrschenden neoliberalen Ideologie mit dem Bannfluch belegt sind. Das, was die spätkapitalistische Gesellschaft von sich selbst nicht wissen will, kommt so zu Vorschein.

Und in dieser Hinsicht gewinnt einer der "besten" und bekanntesten Filme der Kulturbetriebs eine brennende Aktualität: Christopher Nolans 2008 fertiggestelltes Batman-Epos The Dark Knight, das vor allem durch die brillante Performance von Heath Ledger in der Rolle des Jokers berühmt wurde. Für seine schauspielerische Leistung erhielt der 2008 verstorbene Autor 2009 posthum den Oskar als bester Nebendarsteller des populärsten Batman-Films, der rund eine Milliarde US-Dollar an den Kinokassen einspielte.

Der Film ist sicherlich nicht des dümmlichen Plots wegen dermaßen populär, bei dem ein psychisch derangierter Fledermausmann einen wahnsinnigen Clown in einer vom sozialen Zerfall zerfressenen Stadt jagt. Die merkwürdige Faszination, die von The Dark Knight ausgeht, ist gerade der Figur des Joker geschuldet, die voll in der düsteren und gnadenlosen Welt von Gotham City aufgeht. Der von Hollywood kreierte Horror-Clown des Jahres 2008 wird von nackter Zerstörungswut angetrieben, von dem Wunsch der Weltvernichtung, der in der Selbstvernichtung kulminiert. Da ist kein Streben nach dem eigenen Vorteil, nach dem Profit mehr gegeben, wie die Szene der Geldverbrennung durch den Joker illustriert. Alles soll verbrennen.

Und selbstverständlich - es ist 2008 und die Immobilienblasen in der USA und Europa platzen gerade - kündigt sich in der Szene der Geldverbrennung die bevorstehende große Geldverbrennung in der Weltfinanzkrise an. Die im öffentlichen Diskurs tabuisierte Irrationalität des Kapitalismus, der mit rationellen Mitteln den irrationalen Selbstzweck uferloser Kapitalakkumulation verfolgt, wird in der Figur des Joker verkörpert. Und das ist es, was die "Spitzenprodukte" der Kulturindustrie leisten: Die ins Unbewusste verdrängten Tabus des Kapitalismus werden in Symbolismen, Analogien und Personifikationen dargestellt, sodass im Idealfall die Antizipation gesellschaftlicher Vorgänge möglich wird.

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