Cumhuriyet: Razzien und Festnahmen

Polizei auf dem Gelände von Cumhuriyet. Bild: Cumhuriyet

Der türkische Staat geht gegen die letzte freie Tageszeitung vor

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Nachdem am vergangenen Wochenende fünfzehn kurdische Medien, darunter Zeitungen, Sender und Agenturen, verboten wurden, geht der türkische Staat am Montagmorgen gegen die letzte noch freie oppositionelle Tageszeitung des Landes vor. Auf ihrer Website berichtet die Cumhuriyet von der Festnahme ihres Chefredakteurs Murat Sabuncu.

Die Polizei drang mit dreizehn Haftbefehlen in die Redaktionsräume ein und durchsuchte demnach auch Privatwohnungen von Mitarbeitern. Im Laufe des Vormittags wurden weitere Menschen festgenommen, darunter auch der Karikaturist Musa Kart und der Kolumnist Hikmet Çetinkaya. Allen wird die Unterstützung der PKK sowie der Organisation von Fethullah Gülen vorgeworfen, den die Regierungspartei AKP für den Putschversuch am 15. Juli verantwortlich macht.

Die Cumhuriyet stand bereits seit Längerem unter Druck. Ihr ehemaliger Chefredakteur Can Dündar wurde aufgrund seiner Veröffentlichungen von Waffenlieferungen der Türkei an Extremisten in Syrien zu fünf Jahren Haft verurteilt. Dündar lebt inzwischen im Exil in Deutschland und plant, hier ein neues Medienhaus zu eröffnen. Seine Frau Dilek Dündar befindet sich in der Türkei und darf nicht ausreisen - die Behörden haben ihren Reisepass für ungültig erklärt. Am Montagmorgen durchsuchte die Polizei auch Dündars Haus in Istanbul, berichtet die Hürriyet.

Dündar hatte mehrfach auch darüber berichtet, wie Anklagen gegen Journalisten konstruiert werden. Berichterstattung über unliebsame Themen wie die PKK oder Gülen werden den Journalisten als Unterstützung dieser Organisationen ausgelegt - die Beweisführung der Staatsanwälte stützt sich nicht selten auf deren Arbeit. In seinem Buch "Lebenslang für die Wahrheit" beschreibt Dündar die Anklage gegen ihn als unautorisierte Anthologie seiner Artikel in der Cumhuriyet.

Die Festgenommenen dürfen fünf Tage lang ihre Anwälte nicht kontaktieren - außerdem verfügte Präsident Erdogan am Wochenende, dass künftig alle Gespräche zwischen Anwalt und Mandant aufgezeichnet werden müssen, was eine weitere Aushebelung des Rechtsstaates bedeutet. Eine faires Verfahren ist so kaum mehr möglich.