Wahlen in Moldau: Zwischen Europa und Russland

Flagge von Moldau. Bild: Nameneko and others/public domain

Seit dem Zerfall der UdSSR ist die winzige Republik Moldau ein gefährlicher Brandherd verschiedener Kräfte

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

In der ersten Runde der Präsidentschaftswahl am Sonntag hat kein Kandidat die absolute Mehrheit erreicht. Der Russland-Sympathisant Igor Dodon liegt in Führung, hinter ihm folgt die pro-europäische Ex-Ministerin Maia Sandu. Die zweite Runde findet in zwei Wochen statt.

Seit dem Zerfall der UdSSR ist die winzige Republik Moldau ein gefährlicher Brandherd verschiedener Kräfte. Eingekesselt zwischen West und Ost ist Moldau eine Pufferzone im ständigen geopolitischen Kampf: Soll sich das Land in die EU integrieren oder die Nähe zu Russland suchen?

Diese Frage stellen sich die Einwohner der einst prosperierendsten Sowjetrepublik immer öfter. Nichts wird hier so heiß diskutiert wie die politische Zukunft, Arbeitslosigkeit und Armut. Moldau gilt seit Jahren als das ärmste Land Europas und rangiert ganz oben in der Arbeitsmigrationsstatistik. Fast jeder dritte Moldauer ist im Ausland tätig - die meisten in Russland, gefolgt von Italien und Spanien. Die schwierige wirtschaftliche Lage, Perspektivlosigkeit und Korruption zwangen fast 1,4 Millionen Moldauer, die Koffer zu packen.

Dem westlichen Leser ist Moldau für den eingefrorenen Konflikt im Osten des Landes bekannt. Transnistrien, das sich vor 25 Jahren für unabhängig erklärte, wird bis heute von keinem Staat der Welt anerkannt. Seit über zwei Jahren macht Moldau jedoch für etwas anderes Schlagzeilen. Der berüchtigte Oligarch Vlad Plahotniuk erregte internationales Aufsehen, als eine Milliarde US-Dollar aus dem moldauischen Staatsbudget durch drei Banken ins Ausland überwiesen wurden (Wird der nächste Maidan in Moldau sein?).

Vlad Plahotniuc . Bild: Vlad Plahotniuc/CC-BY-SA-2.0

Plahotniuk ist auch derjenige, der bereits sowohl pro-europäische als auch pro-russische Präsidentschaftskandidaten unterstützt. Jonglierend mit zwei Rivalen, spielt er gerne mit den politischen Ansichten seiner Landsleute, die er gekonnt manipuliert. Über 90 Prozent aller Medienhäuser in der Republik gehören dem Oligarchen. Seine Sachverwalter finden sich sowohl in den kleinsten Dorfämtern, als auch im moldauischen Parlament. Auch die Sonntagswahlen seien von ihm inszeniert worden, so sagen viele Kritiker im Oppositionslager in der Hauptstadt Chisinau.

In der Vergangenheit wurde der Präsident durch das Parlament gewählt. Nun aber dürfen die Moldauer zum ersten Mal seit fast 20 Jahren den Präsidenten direkt wählen. Es gingen allerdings nur 49 Prozent der Stimmberechtigten an die Abstimmungsurnen.

Wer sind die Kandidaten?

Insgesamt wurden acht Kandidaten von der Zentralen Wahlkommission zugelassen. Einige positionierten sich als "unabhängig" und belegten die letzten Plätze mit weniger als einem Prozent der Stimmen. 1,8 Prozent bekam Mihai Ghimpu, ein bekannter Befürworter der Wiedervereinigung mit Rumänien. Nur durch die Wiedervereinigung mit Rumänien könne Moldau wieder erstarken, da die rumänische DNA anti-korrupt sei - ein Beispiel seiner etlichen Wahlslogans. Dumitru Ciubaschenko, ehemaliger Journalist und "Unsere Partei"-Kandidat, erreichte 6 Prozent. Noch weniger stimmten für den Ex-Premier Iurie Leanca, der im Milliardendollar-Raub involviert war.

Der größte Kampf zeigte sich zwischen der pro-europäischen Oppositionspolitikerin Maia Sandu und dem Sozialisten Igor Dodon. Frau Sandu erzürnte die Öffentlichkeit mit unpopulären Reformen während ihrer Amtszeit als Bildungsministerin. Neulich traf sich Maia Sandu mit Angela Merkel und anderen europäischen Staatsleadern. Laut mehreren Medienberichten versicherte sie der deutschen Kanzlerin ihre Bereitschaft, circa 30.000 Flüchtlinge in Moldau aufzunehmen. Maia Sandu wies solche Medienzitate zurück und sagte, sie habe mit der Kanzlerin andere Themenbesprochen.

Igor Dodon, ehemals Mitglied der kommunistischen Partei und Ex-Arbeitsminister, fand große Unterstützung innerhalb der russischsprachigen Bevölkerung, bei älteren Altersgruppen sowie bei den Vertretern der Landwirtschaft. Der Agrikultursektor hoffe auf den russischen Markt, der noch vor einigen Jahren der größte Absatzmarkt für moldauischen Wein und Obstkonserven war. In der EU, so viele Landwirte, gäbe es für moldauische Waren kaum Chancen.

Mitte November wird der zweite Wahlgang stattfinden und die beiden führenden Kandidaten fordern ihre Wähler auf, sich aktiver zu beteiligen und nicht " auf dem Sofa sitzen zu bleiben". Dodon plädiert für die Assoziation mit der von Russland initiierten Zollunion und gegen die europäische Integration. Bei einem Sieg Dodons, fürchten viele, könnte das visumfreie Regime mit der EU in Gefahr sein.