US-Präsidentschaftswahl: Polizeistaat oder Krieg?

Donald Trump und Hillary Clinton. Bild: Krassotkin/Gage Skidmore (Donald Trump)/CC-BY-3.0, Gage Skidmore (Hillary Clinton)/CC-BY-SA-2.0

Am 8. November dürfen die US-Bürger zwischen Pest und Cholera wählen

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Die Geschichte der Demokratie in den Vereinigten Staaten sei von etlichen "knappen Fluchten" geprägt, warnte schon 2008 der US-Journalist Bill Moyers. Immer wieder hätten autoritäre Tendenzen die Fundamente des bürgerlich-parlamentarischen Systems in den USA unterminiert, doch sei es in historischen Umbruchsituationen auch immer wieder gelungen, den Ansturm antidemokratischer Kräfte abzuwehren. Angesichts der zunehmenden Macht des "Geldes" und einer Politik von "Angst" und "Ablenkung" scheine die Demokratie in Amerika aber langsam das "Glück zu verlassen", so Moyers.

Keine acht Jahre später scheint sich Moyers Warnung vollauf zu bewahrheiten. Die langfristige, schleichende Aushöhlung der bürgerlich-demokratischen Institutionen, in deren Verlauf die USA längst in das Stadium einer bloßen Postdemokratie eingetreten sind, droht in einem manifesten autoritär-faschistischen Bruch umzuschlagen. Der amerikanische Staat ist nicht mehr in der Lage, seine Funktion als "ideeller Gesamtkapitalist" wahrzunehmen, um im Interesse der Stabilisierung des Gesamtsystems auch mächtige Partikularinteressen einzudämmen.

Der Staatsapparat ist offensichtlich zur Beute konkurrierender Machtfraktionen degeneriert. Die Institutionen der bürgerlichen Demokratie sind zur hohlen Fassade verkommen, hinter der verfeindete Oligarchenclans um die Macht kämpfen. Ukrainische Verhältnisse haben sich in der abgetakelten Hegemonialmacht des spätkapitalistischen Weltsystems etabliert – dies ist anhand des gegenwärtigen Wahlkampfes offensichtlich geworden.

Denn selbstverständlich haben die Wähler in den USA keine Wahl. Die beiden Kandidaten, die in der sozial zerrütteten Führungsnation des Westens zur Wahl stehen, sind Teil einer obszön reichen oligarchischen Herrschaftsschicht, deren bornierte ökonomische Interessen vermittels der Eroberung von staatlichen Machtpositionen durchgesetzt werden sollen – was gerade zur Erosion des Staatsapparates beiträgt.

Man kennt sich in der abgeschirmten Welt der Superreichen. Hillary Clinton und Donald Trump verbindet eine lange Bekanntschaft, die erst im Laufe des Wahlkampfes in erbitterte Konkurrenz umschlug. Man tanzt auf denselben Hochzeiten, geht gemeinsam Golf spielen in exklusiven Clubs - und man hilft sich mit Spenden aus, um sich für alle Fälle abzusichern.

Für Donald Trump würde der Wahlsieg somit einem unerwarteten Jackpot gleichkommen. Ein politisch unbedarftes Mitglied der US-Oligarchie - bei dem sich charakterliche Labilität mit rechtsextremen Ansichten mischt - könnte allen negativen Prognosen zum Trotz ins US-Präsidentenamt gewählt werden. Der scheidende US-Präsident warnte folglich in eindringlichen Worten vor eine Wahl Trumps. Die Welt befinde sich "am Abgrund", so Obama wörtlich.

Clinton steht für Kontinuität – also für fortgesetzte Verelendung

Dabei hat sich niemand größere Verdienste um den kometenhaften Aufstieg des Halbfaschisten Trump erworben als dessen Konkurrentin, Hillary Clinton. Clinton konnte sich nur durch massiven Betrug überhaupt gegen ihren linken Mitbewerber um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten, gegen Bernie Sanders, durchsetzen (Die gelenkte Vorwahl). Sie ist die schlechtere Kandidatin. Sie ist nichts weniger als ein Symbol der abgehalfterten, bankrotten und korrupten politischen Elite der USA. Ohne massiven, historisch beispiellosen Wahlbetrug, ohne die gnadenlose Instrumentalisierung des Apparates der Demokratischen Partei zu ihren Gunsten wäre die landesweit verhasste Establishment-Kandidatin Clinton niemals zur Präsidentschaftskandidatur vorgedrungen. Allein schon diese Nominierung einer im Machtsystem Washingtons rettungslos versumpften Kandidatin durch den demokratischen Machtapparat stellte eine politische Katastrophe dar.

Die Kandidatin Clinton ist offensichtlich eine Katastrophe, weil die Prekarisierung und Verelendung breiter Bevölkerungsschichten in den USA - die von der amerikanischen Oligarchie schlicht nicht wahrgenommen wird - ein politisches Ventil finden muss. Clinton steht für Kontinuität – also für fortgesetzte Verelendung. Nachdem der brave Sozialdemokrat Bernie Sanders vom neoliberalen Clinton-Lager mittels blanken Wahlbetrugs aus dem Rennen gemobbt wurde, findet dieser wachsende soziale Unmut nun im Präfaschisten Donald Trump sein Sprachrohr, der die sozialen Abstiegserfahrungen und Abstiegsängste der Unter- und Mittelklasse mit Rassismus und Xenophobie anreichert.

Mit den evidenten Manipulationen der Vorwahl zugunsten Clintons hat die Demokratische Partei den US-Bürgern einen gangbaren Weg genommen, ihren Wunsch nach Veränderung in progressiven Politikformen auszudrücken. Nun folgt der reaktionäre Gegenschlag. Die US-Wahlen sind somit nicht mal mehr formell als Mittel des Politikwechsels gangbar, sodass die Illusion einer demokratischen Wahlfreiheit verschwunden ist. Der kommende Urnengang wird auch ein Rennen um die effektivsten Formen der Wahlmanipulation sein. Die ohnehin – vor allem von den Republikanern – gegen Minderheiten praktizierten Formen der Exklusion bei Wahlen dürften nun von beiden Lagern forciert werden.