SPD und CSU zur Zuwanderung: Kompetenz und Herkunft

Bilderbuch-Bayern: St. Marinus und Anian, Wilparting (Irschenberg). Foto: Martin Falbisoner/CC BY-SA 4.0

Die SPD legt einen Entwurf für ein Einwanderungsgesetz vor. Die CSU propagiert ein Grundsatzprogramm, bei dem Identität, kulturelle Nähe und Grenzen wichtig sind

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Aktuell veröffentlichen die Regierungsparteien SPD und CSU zwei Papiere, die sich auf ganz unterschiedliche Weise mit dem „Polarisierungsthema“ Zuwanderung beschäftigen. Die CSU präsentierte auf ihrem Parteitag am Wochenende ihr Grundsatzprogramm, die SPD-Bundestagsfraktion stellte am heutigen Montag einen Vorschlag für ein neues Einwanderungsgesetz vor.

Bei allen Unterschieden zwischen einem Gesetzesentwurf und einem Parteiprogramm - beide Papiere vermitteln ein Bild davon, mit welcher Ausrichtung zum Thema Zuwanderung die Sozialdemokraten und die Christsozialen in den Wahlkampf gehen wollen. Einen augenfälligen Unterschied der beiden Ansätze könnte man anhand einer knappen Formel aufreißen: Die SPD fragt bei ihrem Einwanderungsgesetz vornehmlich danach, was der Zuwanderer, bzw. die Zuwanderin kann, der CSU ist es in ihrem Grundsatzprogramm vor allem wichtig, aus welchem „Kulturkreis“ sie oder er kommt.

CSU: Die neue Ordnung

Worauf es der CSU ankommt, hatte ihr Generalsekretär Andreas Scheuer im Oktober erklärt, er forderte ein "Einwanderungs-Begrenzungsgesetz", passend zum CSU-Mantra von der Obergrenze. Auch das Grundsatzprogramm ist schon in seinem Titel dem „Kontrollverlust“ entgegengerichtet, der auch in bürgerlichen Kreisen mit Merkel und ihrer „Politik der offenen Grenzen“ assoziiert wurde. Der Titel heißt „Die Ordnung“.

Es ist typischerweise ein Postkartenmotiv mit herrlicher Voralpenlandschaft, Wildbach, grünen Wiesen, Dorf mit Kirchturm und einer Familie etwas üppiger von drei statt den zwei kleinen Kindern begleitet: ein Idyll ohne Smartphone oder Tablett oder andere elektronische Geräte, in dem der Hubschrauber im Himmel auffällt. Im Himmelblau neben ihm kann sich der Leser informieren über „Die neue Ordnung/Was wir wollen. Staats-und Rechtsordnung stark und verlässlich“. Die Figur des gütigen, aber strengen Landesvaters kommt einem in den Sinn.

Die CSU baut auf christliche und patriotische Traditionen, auch die bayerischen Stämme werden ausdrücklich erwähnt. Von oben soll Sicherheit gewährt werden, lautet die Botschaft, die das Grundsatzprogramm als Leitmotiv durchzieht. Die Partei grenzt sich ab von der AfD, die nicht namentlich erwähnt wird, aber die immer wieder gesetzte Distanzierung von Hass und Ressentiments ist als Anspielung deutlich genug. Dem setzt man geerdete Offenheit gegenüber: Die CSU ist die konservative Zukunftspartei, „die auf dem Boden unveränderter Leitwerte offen für Neues ist“.

“Multi-Kulti wird abgelehnt“

Für die Integration lauten die Stichpunkte „Steuerung und Begrenzung“. Zu diesem Punkt gibt es dann die konkretere Ansage: „Unser Land muss für die Einwanderung qualifizierter und gefragter Fachkräfte zugänglich sein“ - mit folgender Einschränkung:

Neben der beruflichen Qualifikation und dem Bedarf unserer Wirtschaft soll künftig die Nähe des Kulturkreises stärker bei der Auswahl der Einwanderer beachtet werden. Wir wollen keine Einwanderung, die uns überfordert oder unsere Sozialsysteme belastet.

CSU-Grundsatzprogramm

„Keine Gemeinschaft kann Menschen anderer kultureller Prägung in beliebiger Zahl integrieren“, heißt es in dem Abschnitt des Grundsatzprogramms, der mit „Zusammenhalt durch Integration: Mit Richtung, ohne Überforderung!“ überschrieben ist. Dort hat auch die Forderung nach Obergrenzen ihr Zuhause. Erklärt wird, dass Zuwanderer nach „unseren Regeln“ zu leben haben, dass die Zuwanderer sich an „unserer Leitkultur“ zu orientieren haben, dass Multi-Kulti abgelehnt wird:

Ein multikulturelles Neben- und Gegeneinander führt zu Intoleranz, Ghettobildung und Gewalt.

CSU-Grundsatzprogramm

Das ist eindeutig Richtung Muslime gezielt. Multi-Kulti ist in Bayern lebenspraktisch schon längst „Beim Italiener“ oder „Beim Griechen“ zu sehen. Da werden italienische Schlager mitgesummt, Sirtaki getanzt und Teller zerschmettert, bei bester Laune, ohne Identitätsbedrohungen. Es geht dem Grundsatzpapier darum, dem anderen Kulturkreis, den Zuwanderern aus muslimischen Ländern, eine Grenze aufzuzeigen. Dem Handschlag zur Begrüßung kommt große Bedeutung bei.

Mit dem SPD-Gesetzesentwurf gibt es Gemeinsamkeiten. Auch die CSU, der wirtschaftliche Interessen immer wichtig waren, betont in ihrem Grundsatzprogramm die Notwendigkeit, dass Fachkräfte von außen ins Land kommen. Dabei werden die Grenzen zwischen zwei Phänomen nicht immer deutlich gezogen: Zuwanderung und Asylsuchende. Teilweise wird gesondert auf Schutzsuchende eingegangen, mit der Betonung, dass das Asylrecht wichtig ist und befolgt werden soll. Dann wird aber wieder über Zuwanderung gesprochen, die Flüchtlinge mit einschließt.