Bundeswehr: Minderjährige an die Waffen

Bild: Ajepbah/CC BY-SA-3.0 DE

Doppelt so viele Unter-18-Jährige bei "der Truppe" wie noch im Jahr 2011

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Die Bundeswehr beschäftigt derzeit 1576 Unter-18-Jährige. Das geht aus einer Anfrage der Linkspartei an das Bundesverteidigungsministerium hervor. Damit dienen zum Stichtag 1. November 2016 doppelt so viele Jugendliche in "der Truppe" als noch im Jahr 2011. Wie aus der Antwort des Verteidigungsministeriums ersichtlich, waren es vor 5 Jahren noch 689 Minderjährige.

Für den Linkenpolitiker Norber Müller, der die Fragen gestellt hat, ist es "ein Skandal, dass bereits im November mehr 17-Jährige als im gesamten Jahr 2015 ihren militärischen Dienst bei der Bundeswehr angetreten haben". Müller sagte, "militärische Interessen dürfen nicht länger Vorrang vor den Schutzrechten von Kinder und Jugendlichen haben. Mit der Rekrutierung Minderjähriger für die Bundeswehr muss endlich Schluss sein."

Die Linkspartei fordert, "die Rekrutierung von Minderjährigen für die Bundeswehr sofort zu beenden und keine Jugendlichen an Waffen auszubilden", wie es in einer Pressemitteilung der Partei heißt. Demnach solle Deutschland sich zum "so genannten Straight-18-Ziel der Vereinten Nationen bekennen".

Damit ist gemeint, dass alle Streitkräfte weltweit das Mindesteintrittsalter auf 18 Jahre festlegen sollten. Zwar bekenne sich die Bundesregierung zu dem UN-Protokoll, "das das Mindestalter für die Einziehung zum Militärdienst und zur Teilnahme an bewaffneten Konflikten auf 18 Jahre festlegt", allerdings nutze die Regierung eine Ausnahmemöglichkeit, die es erlaube, Jugendliche schon ab dem vollendeten 17. Lebensjahr zur Bundeswehr zu lassen.

Durch das Verhalten sieht die Linkspartei die Glaubwürdigkeit der Bundesregierung gefährdet, auf "internationaler Ebene den Einsatz und die Rekrutierung von Minderjährigen für bewaffnete Konflikte konsequent zu ächten". Dietmar Bartsch, der Vorsitzende der Linksfraktion, mahnte an: "Keine Kindersoldaten weltweit."

Dass die Zahlen der Minderjährigen in der Bundeswehr so stark angestiegen sind, dürfte einen Grund haben. Seit geraumer Zeit versucht die Bundeswehr den Nachwuchs schon in einem möglichst jungen Alter aufmerksam zu machen und das Interesse am Militärdienst zu wecken.

2009 etwa berichtete Telepolis von diversen "Freizeitangeboten" der Bundeswehr für Jugendliche, wie zum Beispiel beim "Bw beachen 09", wo "Spass und Action" garantiert waren, aber auch beim so genannten Mädchen-Zukunftstag "Girls’Day". Eigentlich sollten hier nur weibliche Jugendliche der 9. und 10. Klasse angesprochen werden. Wie sich dann aber herausstellte, stimmte das nicht. Telepolis berichtete damals:

Die Armee beschränkte das Alter der Teilnehmerinnen bei den über 150 Bundeswehr-Veranstaltungen an diesem Tag im Vorfeld zwar auf Mädchen der Jahrgangsstufen 9 und 10, die also zwischen 14 und 16 Jahren alt sind. Nun kam durch einen Bericht der Militärzeitschrift aktuell - Zeitung für die Bundeswehr heraus, dass selbst 11-Jährige beim "Girls’Day" von der Armee umworben wurden: "Die elf Jahre alten Mädchen Katrin Janzen und Fenja Albrecht aus Hude setzten sich in die Pilotensitze eines Marinehubschraubers vom Typ ‚Sea Lynx’ und kamen aus dem Staunen nicht heraus", heißt es in dem "aktuell"-Bericht, mit der Überschrift "Überwältigende Eindrücke". Der Untertitel des Berichts - "Mädchen der Klassen 9 und 10 erhalten einen Einblick in mehrere Verbände und Dienststellen" - ist schlicht falsch. Beim Alter von elf Jahren sollten die beiden Mädchen in der 5. oder 6. Jahrgangsstufe sein.

Armee umwirbt Kinder

Auch eine aktuelle Werbekampagne der Bundeswehr mit dem Titel "Die Rekruten", die als YouTube-Format aufgezogen wird, setzt auf junge Menschen (Soldaten wie Du und Ich).

Die Bundeswehr sieht jedoch bei der Rekrutierung von Minderjährigen in der Form, wie es derzeit der Fall ist, kein Problem. Laut Welt Online beruft sich die Bundeswehr darauf, "dass Jugendliche zu Ausbildungszwecken bereits mit dem vollendeten 17. Lebensjahr eingestellt werden dürfen, wenn die Eltern zustimmen". Die Bundeswehr in Köln ist außerdem der Auffassung, dass die völkerrechtlichen Verpflichtungen zum Schutz minderjähriger Soldaten in Deutschland streng eingehalten würden. "Der Gebrauch der Waffe ist allein auf die Ausbildung beschränkt und dort unter strenge Aufsicht gestellt. Eine Teilnahme an Auslandseinsätzen und an Wachdiensten ist ausgeschlossen."