Atlantic Council über die "Trojanischen Pferde des Kreml"

Ausschnitt aus dem Cover des Berichts des Atlantic Council

Ein Blick in die Propaganda-Küche der Transatlantiker, nach denen Europa schon von Russland untergraben und das Ende nahe ist

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In transatlantischen Kreisen geht nach der Wahl von Donald Trump weiterhin die Furcht um, dass der neue Präsident mit seinem angekündigten Isolationismus und seiner Wertschätzung von Putin die seit Jahren gepflogene und mit dem Ukraine-Konflikt hochgefahrene Anti-Russland-Politik aufgeben könnte. Umso verbissener wird die "russische Gefahr" beschworen. Allerdings ist noch keineswegs ausgemacht, ob Trump nicht gut konservativ doch wieder an die Demonstration militärischer Macht unter George W. Bush anschließt.

Seine Tendenz, nach pensionierten Generälen zu suchen, wie James N. Mattis, der Verteidigungsminister werden könnte, oder John Kelly, der möglicherweise zum Außenminister ernannt wird, lässt erahnen, dass sein Isolationismus mit militärischer Drohpolitik einhergehen könnte. Einen Haudegen als Sicherheitsberater hat er eh schon mit Michael T. Flynn erwählt. Als Verteidigungsminister ist auch Ex-General Stanley A. McChrystal im Gespräch. Viele der Militärs sind in der Obama-Zeit mit dem Weißen Haus angeeckt. Durchaus denkbar, dass sich ein außenpolitischer Stil der Interventionen durchsetzt wie Trumps im Wahlkampf gegen Obamas zögerliche Haltung geäußerte Vorstellung, mal schnell zusammen mit Putin den IS in Syrien auszulöschen. So in der Art dachte man bekanntlich zu Beginn in der Bush-Administration. Man greift schnell mit überwältigender Gewalt ein und zieht sich schnell wieder zurück. Bush, der sich zunächst über Nation-Building lustig machte, landete bekanntlich in langen Kriegen, die sich auch unter Trump noch fortsetzen.

Der den Bericht "The Kremlin's Trojan Horses" bewerbende Beitrag "Der russische Plot gegen Europa" von Alina Polyakova für den Atlantic Council, bei dem sie auch arbeitet und ebenso beim Council on Foreign Relations engagiert ist, ist ein gutes Beispiel dafür, wie die öffentliche Meinung beeinflusst werden soll, um die militärische Drohgebärde und die Rüstungsetats aufrechtzuerhalten. Kurioserweise wird Polyakova auch als Expertin für Desinformation bezeichnet, was sie tatsächlich in dem Beitrag und als Mitautorin des Berichts des Atlantic Council demonstriert, der mit einem Grußwort von Radosław Sikorski daherkommt, dem früheren polnischen Außenminister und jetzigem Mitarbeiter des Center for Strategic and International Studies, das auch zum transatlantischen Netzwerk gehört.

Auf dem düster-bedrohlich designten Cover des Berichts werden Marine LePen, Nigel Farage und Gehard Schröder als Trojanische Pferde des Kreml herausgestellt. Als prorussische Parteien gelten neben den rechten wie der Front National, die Morgenröte, Ukip, Jobbik, AfD, die Schwedendemokraten oder die Lega Nord auch die Partito Democratico, die deutsche Linkspartei, Labour, Syriza und die französischen Republikaner. Die unübersehbaren Unterschiede werden mit einer angeblich geschickten Strategie Russlands weggebügelt: "The influence strategy is tailored to each country’s cultural and historical context."

Schon gleich im Auftakt wird ein schwarzes Bild gemalt und der russische Einfluss grotesk erhöht. Der russische Einfluss reiche weit nach Westeuropa hinein, schreibt sie, um dann anzufügen, als wäre dies ein Ergebnis des russischen Einflusses: "Frankreich hat eine große rechtsextreme, euroskeptische und offen pro-russische Partei, die finanziell vom Kreml unterstützt wird. In London schafft der Brexit für Moskau eine Gelegenheit, in die britische Politik einzugreifen. Deutschlands früherer Kanzler Gerhard Schröder ist Vorsitzender der russisch-deutschen Pipeline Nord Stream. Aber diese Beispiele kratzen kaum die Oberfläche der aktiven russischen Verwicklung in Europas drei großen Mächten."

Dass die USA und der Westen mit viel Geld, Medien und Organisationen versucht haben – und oft mit Erfolg -, in Russland und die Länder des ehemaligen Ostblocks einzugreifen und beispielsweise die bunten Revolutionen zu fördern, um diese an den Westen und die Nato anzuschließen, bleibt selbstverständlich in diesem Diskurs unerwähnt (siehe z. B. die Telepolis-Serie: Was US-Stiftungen in Russland fördern). Was die Autorin über die angeblichen Aktivitäten von Russland schreibt, ließe sich ebenso von den USA oder dem Westen sagen, man muss nur Russland durch USA ersetzen. Verwunderlich ist eher, wieso gut mit Geldern ausstaffierte Organisationen wie das Atlantic Council auf eine derart plumpe Agitation setzen:

Es gibt keine einzelne Formel, wie Russland seine Macht in Europa ausbreitet, aber das Ziel seiner Strategie des Trojanischen Pferdes ist immer dieselbe: die Bildung eines Netzes an politischen Führern, Parteien und NGOs, die Russlands Ziele legitimieren, um die europäische Einheit zu destabilisieren und die europäischen Werte zu unterminieren.

>"Der russische Plot gegen Europa"

Ausgegeben wird dies als Ergebnis des Berichts "Die Trojanischen Pferde des Kreml". Es ist nicht nur so, dass die Nato-Staaten mit exakt denselben Mitteln Einfluss auf die russische Bevölkerung ausüben und westlich affine Eliten schaffen wollen, tatsächlich war es etwa unter der Präsidentschaft von George W. Bush auch das Ziel der USA, die europäische Einheit in eigenem Interesse durch die Förderung des "Neuen Europa" sowie durch Umgehung der Vereinten Nationen und der Hintansetzung europäischer Normen mit Folter, Verschleppungen, völkerrechtswidrigen Kriegen, extralegalen Tötungen zu untergraben. Das Trojanische Pferd aus dem Kreml war da gar nicht notwendig.

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