Außen Ku-Klux-Klan - innen Verfassungsschutz

Rechtsextreme Gruppierungen im Umfeld des NSU - Immer dabei: V-Leute. Telepolis-Serie zum "Nationalsozialistischen Untergrund" - Teil 5

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Ku Klux Klan - dieser seltsame Name steht für Rassisten, die ihr Gesicht unter weißen Vollkapuzen verstecken, um Menschen zu erschrecken, deren Hautfarbe ihnen nicht passt. Oder um sie sogar unerkannt umbringen zu können. In den Südstaaten der USA war der Ku Klux Klan (KKK) lange eine weitverbreitete Bewegung, um dunkelhäutige Afroamerikaner zu terrorisieren. Äußere Zeichen sind Kapuzen, Kutten und Kreuzverbrennungen. In den 1980er und 90er Jahren entstanden neue rechtsextreme KKK- und Skinheadgruppen.

KKK in Deutschland

Überraschend ist, dass es auch in Deutschland KKK-Gruppen oder Kreuzverbrennungen in KKK-Manier gibt, unter anderem in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Jena, Bayern, Nordrhein Westfalen, Stuttgart, Mosbach oder Schwäbisch Hall. In Jena entzündete etwa ein Dutzend Neonazis Kreuze - unter ihnen das Trio Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe, der Angeklagte Ralf Wohlleben und André Kapke. Die KKK-Gruppe von Schwäbisch-Hall war eine der größten und die vielleicht wichtigste.

In ihrer Antwort auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag teilte die Bundesregierung im Oktober 2016 mit, seit 1990 seien ihr sechs KKK-Gruppierungen bekannt geworden. "Derzeit" existierten in Deutschland vier.

Die deutschen Ku Klux Klan-Gruppen sind in gesellschaftlicher Verwurzelung und Wirkung nicht vergleichbar mit dem historischen Ku Klux Klan us-amerikanischer Herkunft und seinem Masseneinfluss. Zu den jüngeren Gruppen in den USA bestehen aber Verbindungen aus Deutschland. Aber vom KKK-Konstrukt hierzulande führen Querverbindungen ins Umfeld der NSU-Terrorgruppe. Zum Beispiel über Personen wie Carsten Szczepanski, der in Berlin und Brandenburg aktiv war, oder über die Schwäbisch Haller Klan-Gruppe um Achim Schmid und Thomas Richter. Alle drei Quellen waren V-Männer des Verfassungsschutzes. Manches ist inzwischen bekannt, ein Großteil der Aktivitäten und Verbindungen liegt aber nach wie vor im Unklaren. Das hängt nicht zufällig mit der Mitwirkung des Verfassungsschutzes im deutschen Ku Klux Klan zusammen. In verschiedenen Untersuchungsausschüssen konnte beobachtet werden, wie Verantwortliche des Inlandsgeheimdienstes die Aufklärung dieser Sphäre systematisch behindern. - Eine unvollkommene Fallstudie.

KKK und der Kiesewetter-Mord

Ausgangsereignis ist der Mord an der Polizeibeamtin Michèle Kiesewetter in Heilbronn im April 2007 (NSU-Ausschuss: Aktenzeichen Polizistenmord Heilbronn ungelöst). Die Verbindungskette vom Opfer zum mutmaßlichen Täter oder Mittäter Uwe Mundlos führt über den KKK von Schwäbisch Hall. Kiesewetter gehörte zu einer Sondereinheit der baden-württembergischen Polizei namens BFE - Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit.

Am Tattag war in Heilbronn unter anderem ihr BFE-Kollege Timo H. im Einsatz, gleichzeitig Kiesewetters direkter Vorgesetzter. Dieser Timo H. war Jahre zuvor Mitglied des KKK in Hall gewesen, zusammen mit einem weiteren Polizeibeamten aus der BFE, Jörg W. Geführt wurde der Geheimbund dort unter anderem von Achim Schmid und Thomas Richter, beides V-Leute in der rechten Szene. Richters Name findet sich auf einer Telefonliste von Uwe Mundlos, die 1998 in die Hände der Polizei fiel.

Damit haben wir folgende Kette: Kiesewetter - BFE - Timo H. - KKK - Thomas Richter - Uwe Mundlos. Mit dem KKK ist auch der Verfassungsschutz Teil dieser Kette. Nimmt man diese Kette ernst, steht die Hypothese in Frage, Kiesewetter und ihr Kollege Arnold seien zufällige Opfer des NSU gewesen. Umgekehrt betrachtet wird deutlich, dass die These von den Zufallsopfern vor allem dem Verfassungsschutz nützt, dessen Rolle dann nicht näher betrachtet werden muss.

Richter arbeitete unter dem Decknamen "Corelli" etwa 20 Jahre lang für das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), Schmid unter dem Decknamen "Radler" etwa sechs Jahre für das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) von Baden-Württemberg. Von beiden sind unter anderem folgende Personenverbindungen bekannt: Achim Schmid stand mit dem Neonazi und V-Mann Ralf Marschner aus Zwickau in Kontakt. In einer Baufirma Marschners soll einmal Mundlos gearbeitet haben. Auch Thomas Richter kannte Marschner, außerdem den Anführer der sächsischen Hammerskins, Mirko Hesse, der unter dem Decknamen "Strontium" ebenfalls für das BfV tätig war. Hesse wiederum war mit Marschner bekannt, und von dem gibt es eine Verbindung zu Thomas Starke, der zum unmittelbaren Umfeld des Trios gehörte und außerdem V-Person des Staatsschutzes von Berlin war.