Polizisten mit Kontakten zu rechtsextremem Polizistenmörder

Die heterogene "Reichsbürger"-Bewegung wird nun bundesweit durch die Verfassungsschutzämter beobachtet

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Die Polizei hat in Bayern zwei Polizisten vom Dienst suspendiert, die Kontakte zur "Reichsbürger"-Szene und dem 49-jährigen Wolfgang P. unterhielten, der bei einer Razzia im Oktober auf Polizisten geschossen und einen Beamten tödlich verletzt hat. Gestern teilte Bundesinnenminister Thomas de Maizière mit, dass die heterogene "Reichsbürger"-Bewegung nun bundesweit durch die Verfassungsschutzämter beobachtet wird. Bisher hatten nur einige Bundesländer die "Reichsbürger" nachrichtendienstlich beobachtet.

"Reichsbürger" erkennen die Bundesrepublik nicht an. Stattdessen behaupten sie, das Deutsche Reich bestehe bis heute fort. Sie sprechen dem Grundgesetz, Behörden und Gerichten die Legitimität ab und akzeptieren keine amtlichen Bescheide. Etliche Akteure sind nach Einschätzung von Verfassungsschützern auch in der rechtsextremen Szene aktiv.

Zuletzt waren die "Reichsbürger" in die Schlagzeilen geraten, weil der 49-jährigen Wolfgang P. im mittelfränkischen Georgensgmünd auf Polizisten geschossen hatte, wobei er mehrere Beamte verletzte. Ein SEK-Beamter war kurz darauf gestorben (vgl. Polizist erliegt Schussverletzungen).

Verschiedene Verfassungsschutzämter der Länder haben bisher die "Reichsbürger" schon beobachtet. Bekannt geworden waren zuletzt auch mehrere Fälle von Ordnungshütern, die zwar im Polizeidienst waren, zugleich aber den "Reichsbürgern" zugerechnet wurden oder sich öffentlich als solche präsentierten.

Einsatz an den Verdächtigen "durchgestochen"?

Nun hat die Polizei in Franken zwei Beamte vom Dienst suspendiert und bei beiden Durchsuchungen durchgeführt. Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth und das Polizeipräsidium Mittelfranken teilten zudem mit, beide Beamten hätten Kontakt zu dem Polizistenmörder P. unterhalten.

Die Ermittler hegen zudem laut eines Medienberichtes den Verdacht, dass entweder beide oder mindestens einer der nun suspendierten Beamten zuvor den Einsatz gegen P. durchgestochen haben könnte.

Der 49-jährige Rechtsextremist und Verschwörungsideologe hatte offenbar die Razzia erwartet und schwer bewaffnet sowie mit einer Schutzweste bekleidet das Feuer auf die Polizisten eröffnet. Die Auswertung von Datenabfragen auf Polizeicomputern soll auf die Spur der nun suspendierten Beamten geführt haben. Über Einzelheiten wollten Polizei und Staatsanwaltschaft am Nachmittag die Öffentlichkeit informieren.

Bundesinnenminister de Maizière bezeichnete die "Reichsbürger" gestern als Gefahr für Deutschland:

Wir haben in dieser Woche Einigkeit erzielt, dass ab sofort auch die Reichsbürger in ganz Deutschland Sammelbeobachtungsobjekt des Bundesamtes für Verfassungsschutzes und der Länder werden.

de Maizière, bei der Haushaltsdebatte im Bundestag

Wer diesen Staat ablehne, "der kann auch keinen Pfennig Staatsbürgergeld erhalten und glauben, er könne Polizist oder sonst wo im öffentlichen Dienst sein", hatte der Bundesinnenminister ausgeführt und ergänzt, dies sei "vollständig unvereinbar".